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Hilferufe aus den Flammen

Von Heike Riedel 15.06.2005, 17:09

Göthewitz/MZ. - Die 41 Mann, die mit sechs Fahrzeugen aus Göthewitz, Tornau, Hohenmölsen, Kreischau / Pobles und Taucha anrückten, konnten aber nicht fehlgeleitet werden. Rauch und Flammen zeigten ihnen das Haus an, in dem der Kreisleitstelle 19.16 Uhr ein Brand gemeldet worden war und zwei Menschen gerettet werden sollten.

Kurz nach 19 Uhr drangen Hilfeschreie über den Dorfplatz. Rauchwolken stiegen aus dem Obergeschoss der Friedensstraße 29 auf. Von vielen Seiten ging sofort der Notruf an die Kreisleitstelle ab. Helmut und Karin Dose eilten aus dem Garten die Straße hinauf, Horst Scharf lief weiter zum Ortswehrleiter Matthias Dimmer. Die Nachbarn wollten helfen, konnten aber nicht, denn nicht nur das Hoftor, auch die Haustür war von innen verschlossen. "Komm runter!" "Ich kann nicht mehr", das war der letzte Wortwechsel, bevor die alte Frau zusammenbrach. Der Fernseher sei implodiert, hatte sie zuvor noch mitteilen können. So erzählen es sich die Göthewitzer tief betroffen. Die Ermittlungen der Polizei gehen auch in diese Richtung.

Als die Wehrleute des Ortes sowie die aus Tornau eintrafen, schlugen die Flammen bereits aus den Fenstern. Erst als die Hohenmölsener mit Atemschutzgeräten eintrafen, konnte die Feuerwehr direkt ins Gebäude vordringen. Mit vereinten Kräften war der Brand schnell gelöscht und die Gefahr für das Nachbarhaus gebannt. Schon 21.26 Uhr wurde der Einsatz als beendet gemeldet. Nur die Brandwache dauerte noch bis Mittwoch an.

Doch für die beiden alten Menschen, die mit ihrem Hund und etlichen Vögeln allein in dem Haus wohnten, kam die Hilfe zu spät. Zwar zeigte die Frau noch Lebenszeichen, als sie geborgen wurde, doch auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb sie. Ihr Lebenspartner, der bereits seit Jahren auf den Rollstuhl angewiesen war, hatte seinen Sessel neben dem Fernseher nicht verlassen können und war dort bereits erstickt.

"Sie hat ihn nicht allein lassen wollen", meinte Herta Müller, eine 81-jährige Freundin zu den möglichen Ereignissen in der Wohnung. Fast dreißig Jahre gemeinsames Leben habe die beiden verbunden. Herta Müller hatte kurz vor dem Brand noch Petersilie und Erdbeeren zu Waltraud Hebestreit und Werner Waldenburger gebracht. Es sollte am Mittwoch Petersilienbrühe und Klöße geben, hatte ihr die Hausfrau gesagt, die nach dem Tod ihres Ehemannes in der Kohlegrube noch einmal einen Lebenspartner gefunden hatte. Der Sohn sei schon gestorben, zwei Enkel lebten noch in Lützen, weiß die Freundin. Vom Enkel erhielt Werner Brauer dann die Gewissheit, dass es seine Schwester war, deren Schicksal er über Funk miterlebt hatte. Als Bobby, der treue Hund, noch am Abend des Feuers eingeschläfert wurde, war ihm schon diese Ahnung gekommen.