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Faschingsbeginn Faschingsbeginn: Häuptling gibt Etat den weisen Narren

Von Sandra Littmann 11.11.2001, 14:33

Weißenfels/MZ. - Dass Manfred Rauner als Oberbürgermeister vorm Rathaus klatscht und schunkelt, ist nicht unbedingt ungewöhnlich. Dass das Oberhaupt der Stadt sich dazu aber mit einem Kranz voller Häuptlingsfedern schmückt, der ihm gar nicht schlecht steht, das dürfte bis dato nur in den Träumen ausgewählter Menschen vorgekommen sein. Doch Träume werden wahr, zumindest dann, wenn ein Stamm närrischer Menschen die Macht ergriffen hat, wie es seit Sonntag 11.11 Uhr in der Saalestadt der Fall ist.

"Noch 30 Sekunden haben wir Zeit, um den Schlüssel zu holen", kommentierte Frank Ruck vom 1. Wei-

ßenfelser Karnevalsclub die Situation kurz nach elf. Vor den Augen von zirka 250 amüsierten Zuschauern gelang der Hattrick. Der gewaltige goldene Schlüssel, der definitiv nicht ins Rathausschloss passt, geriet unter dem Getöse von Böllern in die Hände des blau-gelben Narrenstamms. Rauner hatte allerdings zur Bedingung gemacht, eine Ansprache halten zu dürfen und ergriff das Wort. "Da die Politiker nur die Wahrheit sagen und ich mich dabei nicht ausschließen möchte, habe ich mich nun auf eine einstündige Rede über die Finanzlage der Stadt vorbereitet", meinte er trocken und blickte in die vor klirrender Kälte erstarrten Gesichter, die dann doch lachten. Die Ausführungen kürzte Rauner dann ab und brachte sie auf das Fazit, dass der Stadt acht Millionen Mark fehlen und er den Schlüssel nur inklusive eines Haushaltsplanes übergebe, in der Hoffnung, den Narren würde bis Februar etwas dazu einfallen. "Das Buch - also der Haushaltsplan - ist auch eher etwas für Narren", witzelte der Oberbürgermeister freudig.

Die Karnevalisten hatten ein gewichtiges Gegengeschenk dabei, nämlich eine Urkunde, die die Stadt weltberühmt gemacht hat, wie Ruck erläuterte. Die Bescheinigung über den Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde, das die Weißenfelser Vivian und Paul als jüngstes Prinzenpaar der Welt ausweist, soll nun einen Ehrenplatz im Büro des Oberbürgermeisters bekommen. Nicht nur darauf gab es ein dreifach geschmettertes Weißenfels Ju-hau, sondern auch für das Prinzenpaar, das den Club durch die 48. Session bringen wird, nämlich die 19-jährige Yvonne Fina und der 24-jährige Norman Krämer. "Das ist meine Tochter", hörte man einen Mann in den Zuschauerreihen, der die Videokamera auf die junge Frau gerichtet hatte, die trotz Kälte eine schulterfreies Kleid trug. "Ich bin zwar nicht im Karnevalsverein", so der Vater, "aber den 11.11., den darf man in Weißenfels nicht verpassen. Der wird auch von Jahr zu Jahr besser." Das fanden vermutlich auch die anderen Schaulustigen, die dem vergnüglichen Programm aus Tanz und Schabernack trotz Kälte klatschend und fröhlich folgten. Die Prinzengarde und die Tanzgruppe des Jugendhilfevereins hatten zahlreiche Tänze vorbereitet und trotzten sehr leicht bekleidet den winterlichen Temperaturen. Als Indianer hatte sich eine der Närrinnen des Vereins verwandelt und erzählte den Gästen die Geschichte über den Weißenfelser Stamm, die eben darin gipfelte, den Oberbürgermeister zum Häuptling zu küren mit dem Namen und Taufspruch: Blau-gelber Wolf vom weißen Stein regiere weise und schlau und darauf ein dreifach Ju-hau.