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Bestattungskultur erlebt einen Wandel

Von Heike Riedel 09.06.2005, 17:03

Weißenfels/MZ. - Die Bestattungskultur hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt. Hans-Peter Heid erfährt das als Bereichsleiter Friedhof im Amt für städtische Dienste der Weißenfelser Stadtverwaltung direkt. So habe sich die Einäscherung längst gegenüber den Sargbestattungen durchgesetzt. Immer häufiger werde der Wunsch nach anonymen Grabstätten geäußert. Gemeinschaftsgrabanlagen haben das Bild des Weißenfelser Friedhofes verändert. Nach der Wende bestimmten oft finanzielle Beweggründe die Entscheidungen der Nachkommen, schätzt der lebenserfahrene Mann ein, der möchte, dass diese Entwicklung von der Politik gebremst und nicht noch forciert wird.

Einerseits müsse Sterben bezahlbar bleiben, andererseits dürften die kulturellen Werte darum nicht einfach aufgegeben werden. Für ihn ist die Frage der Freigabe der Totenasche eine von Menschenwürde und Pietät. Auch sieht er den grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nicht mehr von jedermann die sterblichen Überreste auf dem Friedhof verbleiben müssen. Und letztlich hat er auch wirtschaftlicher Einwände gegen den Gesetzesvorschlag. Denn der Wandel in der Bestattungskultur hat Friedhofswesen, Gartenbaubetriebe und Steinmetze schon sehr getroffen.

Wie eine Umfrage in Lützen und Weißenfels unter den Bürgern zeigt, sieht die Generation der über 50-Jährigen vor allem finanzielle Gründe, etwas am Bestattungsgesetz zu ändern. "Ein Toter und was nach der Verbrennung von ihm bleibt, gehört auf den Friedhof", sagt Ernst Brusberg (55). "Die grüne Wiese wäre da eine preiswerte Alternative", setzt eine 56-jährige Gesprächspartnerin hinzu. "Ich würde auch zu Hause einen ehrenvollen Platz finden", zeigt sich Beate Recke (54) aufgeschlossen. Wenngleich sie den Friedhof vorzieht, ist sie bereit preiswertere Alternativen zuzulassen.

"Ich habe schöne Zeiten mit meinem Mann in unserem Garten verbracht, dort würde ich jetzt auch gern für seine Urne eine Grabstätte einrichten." So wie es eine 71-jährige Lützenerin ausspricht, sind Anfragen an Helfried Leschke, den Lützener Friedhofsverantwortlichen, herangetragen worden. "Vielleicht nach Ablauf der Liegezeit", zieht er in Erwägung.

"Wohin mit der Asche, das sollte jeder selbst entscheiden können", so der 74-jährige Werner Altstedt. Er schließt sich damit der unter jungen Leuten weit verbreiteten Meinung an. "Heute ist man längst nicht mehr so ortsansässig wie früher", nennt Horst Freytag (39) ein Argument gegen eine Grabstätte auf immer und ewig. Trauern könnte mancher zu Hause viel besser als in der Öffentlichkeit und an einem bis zum Tod doch fremden Ort wie dem Friedhof, gibt Franziska Wittwer (28) zu bedenken. Unvorstellbar ist es für Renate Otto (62), die Urne zu Hause zu haben. Wer das wünscht, dem sollte es aber nicht verwehrt bleiben, meint Paul Scheidler (68). Kommentar S. 9