Angst vor Öko-Autos Angst vor Öko-Autos: Kfz-Branche im Burgenlandkreis fürchtet massive Jobverluste

Zeitz - Geht es nach dem Willen der Bundesländer, sollen ab 2030 keine Fahrzeuge mehr mit Benzin- und Dieselantrieb zugelassen werden dürfen. Auch wenn das noch in weiter Ferne liegt. Schon jetzt ist klar: Ein solcher Mobilitätswandel hätte enorme wirtschaftliche Folgen für die Kfz-Branche der Region. Das sagte Rudolf Rübner, Innungsobermeister des Kfz-Gewerbes in Sachsen-Anhalt Süd, auf MZ-Nachfrage. „Sollten sich Elektroantriebe wirklich durchsetzen, dann sinkt der Servicebedarf um etwa die Hälfte“, schätzt der Experte. Der Grund ist einfach: Ein Elektroantrieb ist technisch deutlich weniger aufwendig. Etliche bei Verbrennungsmotoren üblichen Wartungsarbeiten – wie etwa der Ölwechsel – entfallen. „Das Berufsbild des Mechanikers wird sich völlig ändern. Und es ist fraglich, ob dann noch so viele Werkstätten wie heute gebraucht werden“, so Rübner. Innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Jahre könnten etliche Jobs überflüssig werden, befürchtet der Experte. Die Branche stehe vor einem Strukturwandel.
Elektroautos zu teuer
Und auch Ronald Engbarth fürchtet um seinen Beruf. Der Mitarbeiter eines Getriebeherstellers im bayrischen Füssen betankt seinen brandneuen Diesel-Pkw auf der Durchreise bei der Shell-Tankstelle an der Naumburger Straße. Auf Kupplung und Getriebe verzichten moderne Elektroautos. Für das Rückwartsfahren ändert der Elektromotor einfach seine Drehrichtung. Für Ronald Engbarth ist trotzdem klar: Die heutigen E-Autos lohnen sich nicht. Der Grund: Sie sind zu teuer – auch mit 4.000 Euro Förderprämie. Die Reichweite ist obendrein zu gering. „Ich wohne im ländlichen Raum und habe einen langen Arbeitsweg. Wo soll ich das Auto zwischenladen?“
Zwar steigt die Zahl der Ladestationen – die Zeitzer Stadtwerke betreiben insgesamt drei – doch nach wie vor sind im gesamten Burgenlandkreis nur 19 Elektroautos zugelassen. Und auch für Renate Apitz, die Besitzerin der Shell-Tankstelle, lohnt sich der Betrieb einer Ladestation bis auf Weiteres nicht. Das Interesse der Kundschaft sei auf Nachfrage eher gering. Anders sei das bei Erdgas und Autogas, das an der Tankstelle der 66-Jährigen seit vielen Jahren verfügbar ist. Jeder zehnte Autofahrer tanke Gas, so schätzt Renate Apitz.
Jeder vierte Bus der PVG mit Erdgasantrieb unterwegs
Einer von ihnen ist Erhard Schumann. Der 72-Jährige fährt bereits den zweiten Pkw mit Gasantrieb. Rund 1.800 Euro kostete den Nonnewitzer die Umrüstung. Autogas tanken könne man inzwischen fast überall. Und wenn nicht, verbrennt der Motor nach wie vor auch Benzin. Der geringere Schadstoffausstoß sei für ihn eher zweitrangig. Mit einem Liter Autogas fährt Erhard Schumann in etwa genauso weit wie mit einem Liter Benzin. Der Unterschied: Der Liter Gas kostet derzeit rund 50 Cent.
Knapp jeder vierte Bus der Personenverkehrsgesellschaft Burgenlandkreis (PVG) ist mit Erdgasantrieb unterwegs – und das seit vielen Jahren. Grund dafür sei vor allem eine mittlerweile abgelaufene Förderung über 75 Prozent der Anschaffungskosten gewesen, berichtet Geschäftsführer Lutz Däumler. Neukäufe gebe es heute keine mehr. Der Antrieb habe sich nicht durchgesetzt. Der Anschaffungspreis liege rund 45 000 Euro über dem konventioneller Dieselbusse. Und auch die Wartungskosten seien höher. Überzeugende Konzepte für Elektrobusse gebe es bisher, wenn überhaupt, höchstens für Großstädte, so Däumler. Die PVG hofft auf die Teilnahme an einem landesweiten Erprobungsprojekt.
Allein mit Bus und Bahn kommt Simone Thiele nicht aus. Den Weg zur Arbeit etwa bestreitet die vierfache Mutter aus Grana per Auto mit Benzinantrieb. Einen Umstieg auf alternative Antriebe müsse sie sich vor allem leisten können, findet sie. Doch davon seien derzeitige Elektroautos weit entfernt. (mz)