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Altes Handwerk Altes Handwerk: Schwalben schwirren überm Amboss

Von Anka Stolper-Heinike 12.08.2004, 15:17

Gröbitz/MZ. - Obwohl immer mit rauer Arbeit beschäftigt, hat Schmiedemeister Gabler ein Faible für die Natur und die Tiere. "Schwalben haben wir hier in der Werkstatt solange ich denken kann", erzählt der Mann, der Ende 2002 aus Altersgründen seinen Betrieb aufgab. Draußen unterm Dach des großen Wohnhauses ducken sich noch vier weitere Nester. Hier fühlen sich die kleineren Mehlschwalben heimisch. Zumal Harald Gabler sogar Schutzbleche unter den Nestern angebracht hat, damit sie nicht abstürzen. "Ja, ja, der Harald hatte schon immer ein Herz für Tiere. Andere schlagen ja leider die Nester runter und die Vögel wissen nicht, wohin", erzählt Leopoldine Kammel. Die Rentnerin holt eine neu befüllte Gasflasche vom Hof der Gablers. Den Flüssiggasservice betreiben sie schon seit geraumer Zeit.

In der alten Werkstatt fühlt sich der Meister sichtlich wohl. Dass die Lehmwände vom Ruß der Jahrzehnte geschwärzt sind, stört ihn nicht. Wenn ich das neu verputzen ließe, müsste ich ja vorher alles abmontieren", meint der 71-Jährige kopfschüttelnd und mit Blick auf die vielen Werkzeuge und Gerätschaften, die vom Schmiedehandwerk erzählen und die Werkstatt ein wenig wie ein Museum wirken lassen.

Nach der Meisterprüfung im Juli 1958 übernahm Harald Gabler ein Jahr später den Betrieb seines Vaters Alfred in fünfter Generation und in derselben Werkstatt, die Christian Gotthilf Gabler 1844 gekauft hat. "Bis 1960 habe ich vorwiegend für die selbstständigen Bauern gearbeitet, später für die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der Umgebung", erinnert sich der Vater zweier erwachsener Kinder. Ehefrau Jutta führte nicht nur den Haushalt, sondern griff auch in der Werkstatt mit zu.

Der kleine Familienbetrieb erledigte Aufträge für die Ketten- und Nagelwerke Weißenfels, für den Tagebau in Zwenkau, die PGH Elektro Merseburg und andere DDR-Unternehmen. Pferde habe er nur bis 1964 beschlagen und auch nie wieder damit angefangen. "Diese Knochenarbeit, mich unterm Pferd herumzutreiben, wollte ich mir im Alter nicht mehr antun", meint Gabler ehrlich. Natürlich habe er auch Pflugscharen und Meißel geschärft und Eisenteile geschmiedet, fügt er hinzu. Nach der Wende verlegte sich der Schmiedemeister auf die Anfertigung von Gartenzäunen und Toren und erledigte so manchen Auftrag für die Gemeinde Gröbitz.

Wehmut nach dem Berufsleben? Für Harald Gabler ist sie kein Thema. Zwar zünde er das Schmiedfeuer ab und zu auch noch an, um einem Nachbarn die Hacke zu schärfen oder für den eigenen Hof etwas zu richten. Doch im Garten und am Haus gebe es genug zu tun, erzählt er mit Blick auf das runderneuerte Gehöft. Trotzdem - so ganz kann Harald Gabler die Liebe zu seinem Handwerk nicht verleugnen. Fast liebevoll streicht er mit der Hand über den stählernen Amboss. "Sehen sie mal, der ist von den vielen Schlägen schon richtig ausgearbeitet und nicht mehr glatt", meint der Handwerksmeister und erklärt dann, wie man Stahl in der Glut bearbeitet und dann mit Wasser, Luft oder auch Öl härten kann.

Die alten Maschinen in der Werkstatt funktionieren alle noch. Selbst der riesige Blasebalg, der zurzeit als Ablage für diversen Kleinkram dient. Blitzblanke Griffe verraten, dass die Drehbank aus den 30er Jahren viel genutzt wurde. Ein elektrischer Federhammer, Schleifscheiben, Bohrer, mehrere Schraubstöcke und ein moderner Schweißapparat komplettieren die Einrichtung. So ganz still stehen die Maschinen trotz des Gablerschen Ruhestandes nicht. "Mein Sohn ist Schlosser und hat hier für Reparaturen alles was er braucht". Und als stimmten sie ihm zu, rufen die kleinen Rauchschwälbchen im Nest.