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Luftschiff über der Stadt Als ein Zeppelin über Zeitz schwebte

Am 30. Mai 1909 war das Luftschiff über der Stadt zu sehen. Doch das war nicht das einzige Mal. Was das mit Flugtagen und Lack-Lenssen zu tun hat.

Von Angelika Andräs Aktualisiert: 31.05.2021, 16:01
as ist die wohl bekannteste Aufnahme von Richard Helms mit dem Zeppelin über der Zeitzer Kalkstraße am 30. Mai 1909.
as ist die wohl bekannteste Aufnahme von Richard Helms mit dem Zeppelin über der Zeitzer Kalkstraße am 30. Mai 1909. (Repro: Angelika Andräs)

Zeitz - Vor 112 Jahren waren vermutlich viele Zeitzer noch immer begeistert und hatten jede Menge Gesprächsstoff. Denn am Sonntag, 30. Mai 1909, war der Zeppelin II über Zeitz unterwegs und wurde sogar mehrfach im Bild festgehalten. Die wohl bekannteste Postkarte von dieser Überfahrt stammt von Fotograf Richard Helms (oben). Im Zeppelin-Museum Friedrichshafen am Bodensee ist zu dieser legendären Fahrt einiges dokumentiert, und deshalb ist auch bekannt, dass die Standortmeldung von Zeitz an jenem 30. Mai um 3.50 (15.50) erfolgte.

LZ 5, auch als Zeppelin II bezeichnet, war am 29. Mai (das war der Pfingstsamstag) in Friedrichshafen am Bodensee aufgebrochen, um eine mindestens 24-stündige Dauerfahrt anzutreten. Dabei ging es darum, ob das Heer zwei Luftschiffe ankauft. Die Fahrtroute war geheim, aber die Fahrt wurde von der Bevölkerung mit riesigem Interesse verfolgt und die Presse berichtete minuziös. Kein Geringerer als Graf Zeppelin, der die Fahrt leitete, schickte von unterwegs immer wieder Telegramme zu Standortmeldungen und Verlauf der Fahrt. Kleines Bonmot am Rande: Die Telegramme wurden aus dem Luftschiff abgeworfen, und der Finder trug sie zum nächsten Telegrafenamt.

Luftschiff wurde repariert und „hinkte“ heimwärts

Man ging davon aus, dass Graf Zeppelin bis Berlin fahren und der Hauptstadt seine Aufwartung machen wollte. Doch bei Bitterfeld drehte Z II auf einmal ab, weil schon zu viel Treibstoff und Gas verbraucht worden waren. Immerhin war das Luftschiff da bereits 21 Stunden unterwegs. Am Morgen des 31. Mai wurde der Zeppelin in Friedrichshafen zurückerwartet. Allein er kam nicht. Schuld daran war ein einzelner Birnbaum auf einer Anhöhe bei Göppingen: Der Zeppelin fuhr zu tief und geradewegs gegen den Birnbaum. Offensichtlich waren alle an Bord nach weit über 30 Stunden Fahrt völlig übermüdet. „Niemand war bei der Kollision verletzt worden ... Glücklicherweise hatte sich das Schiff nicht entzündet. Man besah sich den Schaden: Die Bugspitze war stark beschädigt, drei Gaszellen zerfetzt, mehrere Geripperinge abgebrochen“, erfährt man im Zeppelin-Museum. Das Luftschiff wurde repariert und „hinkte“ heimwärts. Und diesen Zeppelin, der mit der „Birnbaum-Fahrt“ in die Geschichte einging, hatte Richard Helms in Zeitz fotografiert.

Hier ist die Landung der Sachsen 1912 in Zeitz festgehalten.
Hier ist die Landung der Sachsen 1912 in Zeitz festgehalten.
(Foto: Archiv Braunert)

Doch Anfang des vorigen Jahrhunderts waren Luftschiffe keine Seltenheit in Zeitz. Im Jahr 1906 begann auf dem Gelände Gleinaer Straße 27 in Zeitz die Produktion von Lacken. Erzeugnisse von Hugo Lenssen fanden unter anderem als Anstrich für deutsche Luftschiffe Verwendung. Aus diesem Grunde gab es mehrfach Zwischenlandungen eines Graf-Zeppelin-Luftschiffes auf dem Feld an der Wilhelmshöhe, im Jahr 1913 konnten die Zeitzer das sogar zweimal erleben.

Berichtet wird auch immer wieder von den Flugtagen an der Wilhelmshöhe (Sophienhöhe), bei denen Luftschiffe landeten. Der damaligen Besitzer der Sophienhöhe Johannes Strohschneider hatte in seinem direkt an der Gaststätte (heute Wohnpark und Tennisplatz zwischen Gleinaer Straße und Käthe-Niederkirchner-Straße) gelegenen Sportpark Belvedere bereits Tennisplätze, aber auch eine Rodelbahn angelegt. Zwischen 1908 und 1913 sollen auf sein Bestreben hin auch verschiedene Flugtage stattgefunden haben. Der Zeppelin Sachsen landete demnach hier zweimal. Vom Graf-Zeppelin-Luftschiff gibt es mehrere Fotos in unmittelbarer Nähe der Wilhelmshöhe. Zwei der Aufnahmen stammen aus dem Archiv, aus dem Günter Braunert der MZ Material überließ, die Postkarten aus einem Privatarchiv/privater Sammlung und zwei Aufnahmen stellte Herbert Garn der MZ aus seiner Sammlung zur Geschichte der Graf-Zeppelin-Luftschiffe für diese Veröffentlichung zum „Jahrestag“ der Zeppelin-Überfahrt über Zeitz zur Verfügung. (mz)