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Prozessauftakt Vergewaltigt in Wittenberg: 30-jähriger Wittenberger wegen sexuellen Gewalttaten angeklagt

Von Anne Nicolay-Guckland 01.03.2017, 09:00

Dessau/Wittenberg - Wieso nötigt ein junger Familienvater eine 17-Jährige und vergewaltigt eine 26-Jährige? War vielleicht zu viel Alkohol im Spiel? Vor dem Landgericht Dessau hat am Dienstag der Berufungsprozess gegen einen inzwischen 30-Jährigen begonnen. Der Wittenberger steht wegen zweier sexueller Gewalttaten vor Gericht, es handelt sich um zwei Berufungsverfahren, die in einem Prozess verhandelt werden.

DNA überführt angeklagten Vergewaltiger aus Wittenberg

Die erste Tat ereignet sich Anfang Februar 2016. Der Angeklagte kann später als Tatverdächtiger ermittelt werden, weil er zu Pfingsten 2016 eine 26-jährige Wittenbergerin vergewaltigt, er als Täter überführt wird und seine DNA in der Datenbank der Polizei abgeglichen wird.

Wegen der Vergewaltigung wird der 30-Jährige bereits im August 2016 vom Amtsgericht Wittenberg zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Dezember wird der Wittenberger wegen des Vorfalls im Februar 2016 zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt, weswegen das gesamte Geschehen vor Gericht noch einmal rekonstruiert wird.

Es passiert in einer Sonntagnacht im Februar 2016. Gegen 2 Uhr verabschiedet sich Luisa R. (Name geändert) von ihren Freunden aus einer Bar in der Collegienstraße. Die damals 17-Jährige wohnt in Leipzig, ist regelmäßig zu Besuch in ihrer Heimatstadt, wo auch ihre Eltern leben.

Die Innenstadt ist menschenleer, Luisa geht in der Schlossstraße zum Amtsgericht. An den Parkanlagen kurz vor der Amtsgerichtskreuzung bemerkt sie einen Mann, der an der roten Ampel schließlich neben ihr stehen bleibt. Sie beschleicht ein ungutes Gefühl, kein Mensch und kein Auto ist in Sichtweite.

Als die Ampel auf grün schaltet zögert die junge Frau kurz, sie will hinter dem Mann laufen. Dieser zögert ebenfalls, sie konzentriert sich auf das Überqueren der Straße, über ihrer Schulter hängt eine Reisetasche, in der sich für sie wertvolle Gegenstände befinden.

Angriff in der Nähe vom Amtsgericht Wittenberg kommt plötzlich

Als sie schneller geht, werden auch die Schritte des Mannes schneller. Noch auf der Fahrbahn fällt sie plötzlich hin, merkt wie ihr der Unbekannte die Tasche wegnimmt und davonläuft. Sie beschimpft ihn, rappelt sich auf, er kommt zurück und stößt sie erneut. Luisa sagt vor Gericht aus, dass sie auf dem Rücken gelandet sei.

Der Unbekannte habe dann ihren Rock, die Strumpfhose und ihren Slip von der Hüfte gezogen, sie am Oberschenkel gepackt und eine halbe Körperlänge über den Boden gezogen, sie habe geschrien und gestrampelt. Dann ließ der Mann von ihr ab und flüchtete.

Wenig später hilft ihr ein anderer junger Mann, begleitet sie nach Hause, am nächsten Tag fährt sie mit ihrer älteren Schwester zur Polizei, wo ihre Kleidung auf DNA-Spuren untersucht wird. Diese bringen schließlich die Ermittler auf die Spur des 30-Jährigen, der daraufhin Mitte September in Wittenberg verhaftet wird.

Vor Gericht ist er geständig, bestätigt etwa, dass er Luisa die „Kleidung runtergezogen hat“. Wieso er sie angriff, darauf hat der mutmaßliche Täter keine Antwort. Auf mehrfache Nachfrage erklärt er: „Ich bin mir selber nicht sicher, warum ich das gemacht habe.“

Sein Alkoholkonsum spielt bei der Gerichtsverhandlung eine wichtige Rolle. Ein extra hinzugezogener medizinischer Gutachter rechnet vor, dass der 30-Jährige maximal 1,5 Promille im Blut gehabt haben könnte.

Ob dies Konsequenzen für das Urteil haben wird, ließ Richter Johannes Becker am ersten Verhandlungstag nicht erkennen. Momentan sind noch zwei weitere Verhandlungstage geplant, am letzten soll in drei Wochen das Urteil gesprochen werden. (mz)