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Rechtsstreit um eingeebnetes Grab

Von ANDREAS BEHLING 11.10.2009, 15:33

DESSAU/ROTTA/MZ. - Auf der saßen Rottas Bürgermeister Günter Adamczyk (parteilos) und der Anwalt der Gemeinde, die einerseits zwar Zerknirschung artikulierten ("Wir sagen nicht, dass alles wunderbar lief."), andererseits aber auch nicht einsehen wollten, wegen einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung 1 458,26 Euro zu zahlen.

Diese Summe beansprucht die inzwischen 80 Jahre alte Klägerin, weil die Kommune nach ihrer Auffassung die Grabstätte ihres Mannes auf dem Friedhof von Rotta rechtswidrig einebnete. Bis 1997 lebte die betagte Dame, deren Gatte zu dem Zeitpunkt auf dem Gottesacker bereits seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, selbst im Ort. Dann zog sie nach Wolfen zur Tochter um, ohne es zu versäumen, die Grabstätte, deren Ablauf auf 2021 datiert ist, mindestens zwei Mal im Jahr zu besuchen.

Nur 2005 hätten umfassendere Umbauarbeiten am Wolfener Domizil der Familie die sonst übliche Visite verhindert. Erst im Februar 2006 sei wieder die Gelegenheit gewesen, nach Rotta zu fahren. Doch dort erwartete die Besucher eine böse Überraschung: Das Grab des Mannes existierte nicht mehr. Seine Urne befand sich mittlerweile auf einer anonymen Wiese. Die Rechtsanwältin der Klägerin sprach von dem Vertrauen, das ihre Mandantin offenbar vergeblich in die Verantwortlichen setzte. Ihr zufolge wäre der Schock vermeidbar gewesen, wenn man einen Brief an die Frau mit der Bitte gerichtet hätte, die Grabstätte wieder ordentlich herzurichten.

Zumal eine solche Vorgehensweise in der für Rotta geltenden Friedhofssatzung sogar vorgesehen sei. "Ich weiß nicht, weshalb es keine schriftliche Aufforderung gab", sagte Bürgermeister Adamczyk in der mündlichen Verhandlung. Allerdings habe die Friedhofsverwaltung der Verwaltungsgemeinschaft Kemberg angesichts des verwilderten Grabes Schilder angebracht, die zur Verbesserung des Zustands aufforderten. Eines wurde direkt am Grab an einem Stab festgemacht, ein zweites hing im Schaukasten des Friedhofs. Weil die Verwilderung trotz des öffentlichen Hinweises weiter um sich griff, sei letztlich der Entschluss gefasst worden, die Stelle einzuebnen.

"Meine Genehmigung dazu lag vor. Durchgeführt hat die Arbeiten der Bauhof", sagte Adamczyk. Richterin Förger hielt dennoch einen Vergleich für nicht abwegig. "Es lief wirklich nicht optimal", gab sie zu bedenken. Und sie schob die Frage nach, ob sich die beklagte Partei nicht doch einen Betrag vorstellen könne, der "als Schmerzensgeld für den Moment des Schrecks" zu verstehen wäre. Die ins Spiel gebrachte Zwei-Drittel-Regelung (962,45 Euro) fand indes keinen Widerhall. "Wir verspüren keine Neigung, den Vergleich in der Form abzuschließen", formulierte der Anwalt der Kommune. Damit muss nach der gescheiterten gütlichen Einigung eine Entscheidung gefällt werden. Diese will das Gericht am 27. Oktober verkünden.