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Kleingärten in Wittenberg Kleingärten in Wittenberg: Gäste in den Gartenanlagen erwünscht

Von marcel duclaud 05.08.2015, 06:20
In der Gartenanlage „Am Stadtgraben“ im Zentrum von Wittenberg lässt es sich trefflich promenieren.
In der Gartenanlage „Am Stadtgraben“ im Zentrum von Wittenberg lässt es sich trefflich promenieren. Klitzsch Lizenz

wittenberg - Ein Blumenmeer, eine grüne Idylle. Wer Natur liebt, aber nicht mit einem Garten gesegnet ist, der kann sich bei einem Spaziergang „satt sehen“ - zum Beispiel an fremden Gärten. Im Wittenberger Zentrum bietet sich die Kleingartenanlage „Am Stadtgraben“ dazu regelrecht an. Ausgesperrt werden dort jene, die nicht zur Anlage gehören, mitnichten. Die Gärten gehören auch faktisch in die attraktiven Wallanlagen.

Das ist nicht überall so, meist müssen Tore passiert werden, um in Kleingartenanlagen zu gelangen, manchmal sind die nur „Befugten“ zugänglich, Mitgliedern also. Sollten sich die Anlagen mehr öffnen? Das Thema wird seit Jahren diskutiert. Der Landesverband der Gartenfreunde etwa rät, sich Gäste reinzuholen. Das könne nur Vorteile haben - zum Beispiel bei der Suche nach Interessenten für leere Parzellen. Der Bundesverband orientiert sogar in Richtung von „Kleingartenparks“. Aktuell hat in Halle die Kommune eine „Verbesserung der öffentlichen Zugänglichkeit“ ins Kleingartenkonzept geschrieben.

Keine festen Regeln

In Wittenberg stehen Kleingärtner dem Öffnen überwiegend zustimmend gegenüber. Georg Else zum Beispiel, der sich im Kreisverband um die Finanzen kümmert, findet die Zugänglichkeit „selbstverständlich“. Eine feste Regelung gibt es freilich nicht, ob und wann geschlossen ist, werde im Einzelfall festgelegt. „Bei uns ,Am Volkspark’ stehen die Türen offen und ich weiß auch, dass ,Am Trajuhnschen Bach’ sogar ein Wanderweg durch die Anlage führt.“ Else jedenfalls hält mehr Gäste für wünschenswert: „Viele kämpfen mit Leerstand und wenn ich mir den Altersdurchschnitt so ansehe...“ Wer sich abschotte, der finde schwerer Nachwuchs, glaubt Else, der zudem damit hadert, dass der Zusammenhalt in den Anlagen verloren gehe: „Früher stand man sich mit Rat und Tat zur Seite.“

Dass schon das Bundeskleingartengesetz festlegt, dass sämtliche Anlagen öffentlich zugänglich sein müssen, darauf verweist die Vorsitzende des Kreisverbandes der Gartenfreunde, Sabine Szczegula. Sie räumt allerdings ein, dass das unterschiedlich gehandhabt werde.

Die überwiegende Zahl der Anlagen im Kreis Wittenberg habe tagsüber offen. „Ich kenne nur eine, wo das anders ist.“ Territorial sehr verschieden stellt sich nach den Worten von Sabine Szczegula die Auslastung der 71 Kleingartenanlagen im Kreis dar. Während in Jessen in sämtlichen acht Anlagen kein Garten zu haben sei und auch die Stadt Wittenberg wenig Leerstand kenne, sehe das in Pratau oder Eutzsch sowie im Raum Gräfenhainichen, Zschornewitz, Vockerode ganz anders aus: „Da wird sich die Spreu vom Weizen trennen.“ Soll heißen, am Schließen einzelner Anlagen führe wohl kein Weg vorbei. Szczegula: „In Zschornewitz gibt es eine Anlage mit 80 Prozent Leerstand.“

Prinzipiell offen steht die Vorsitzende der Gartenfreunde der Idee gegenüber, in Richtung Kleingartenparks zu gehen, wo es sich anbietet. „Ich kann mir das gut vorstellen.“ Sie wünscht sich auch Kleingartenkonzepte mit den Kommunen ähnlich dem Beispiel Halle: „Unser Problem ist, dass wir es hier nicht nur mit einem, sondern vielen Bürgermeistern zu tun haben.“

Nicht sonderlich begeistert von einer generellen Öffnung ist unterdessen Rainer Volkmann vom „Frohen Schaffen“ in Bad Schmiedeberg. „Ich sehe das nicht so positiv.“ Volkmann fürchtet, was auch von anderer Seite zu hören ist, dass nämlich „Leute reingehen und schauen, was da zu holen ist“. Wenn jemand Interesse habe an einer Parzelle, dann kümmere der sich auch und frage nach - das seien übrigens vermehrt junge Leute. Abends jedenfalls werden in der Anlage „Frohes Schaffen“ die Tore geschlossen.

Nase voll Kleingartenluft

„Bei uns kann jeder Bürger durch die Anlage marschieren und sich eine Nase voll Kleingartenluft holen“, sagt hingegen Gerhard Fuß von der Wittenberger Kleingartenanlage „Frohsinn“. Ein Tor sei stets verschlossen, die anderen beiden immer offen. „Bei uns spazieren oft Leute herum, schauen und manche entschließen sich dann auch zu einer Parzelle.“ Bei „Frohsinn“ stehen laut Gerhard Fuß aktuell nur fünf von 168 Gärten leer: „Ich glaube schon, dass das auch mit der Offenheit zusammenhängt.“ Angst vor Kriminalität leugnet er nicht, ob die aber durch Abschließen einzudämmen ist, sei zweifelhaft. Das sagt auch Georg Else: „Wer rein will, der kommt rein. So stabil sind die Türen nicht.“ Von einer durch Gäste rege genutzten Kleingartenanlage berichtet Bernd Schettler. Er ist Vorsitzender „An der Wendel“ und sagt, dass Publikum vom gegenüberliegenden Finanzamt die blühenden Gärten zu schätzen weiß: „Die erfreuen sich an den Parzellen, und es sieht ja auch freundlich bei uns aus.“ Von früh bis abends steht die Anlage offen, nachts wird abgeschlossen. Schettler freut sich, dass kein Garten bei ihm leer steht: „Das hat bestimmt damit zu tun, dass Gäste willkommen sind.“ (mz)