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Erster Treppenlauf in Wittenberg Erster Treppenlauf in Wittenberg: In 34 Sekunden den Bibelturm hoch

Von Karina Blüthgen 14.08.2017, 09:04
Für die Feuerwehrleute, im Bild Andreas Vogel von der Feuerwehr Reuden, war der Treppenlauf eine spezielle Art des Fitness-Trainings.
Für die Feuerwehrleute, im Bild Andreas Vogel von der Feuerwehr Reuden, war der Treppenlauf eine spezielle Art des Fitness-Trainings. Klitzsch

Wittenberg - „Nach 15 Metern ist es vorbei mit dem Schwung. Man sieht dann auf jeder Etage die Meterzahl und denkt: Noch so weit...“ Als Daniel von Rauchhaupt von der Kemberger Feuerwehr die Pressluftflasche ablegt und sich die Jacke auszieht, muss er erst einmal durchschnaufen.

In einer Minuten und sechs Sekunden hat sich der 27-Jährige die 162 Treppenstufen im Bibelturm der Weltausstellung Reformation nach oben geschraubt. „So etwas habe ich das erste Mal gemacht“, sagt er. Das schlage die Endlos-Leiter im Feuerwehr-Technik-Zentrum bei weitem, so sein Eindruck.

Sonst eher Flachstrecke

Geduldig warten am frühen Samstagabend die Laufenthusiasten am Wittenberger Hauptbahnhof auf ihren Start zum Treppenlauf. So mancher wie Karl-Heinz Kotzur ist eher auf der Flachstrecke zu Hause. Der Mann vom Sportverein Grün-Weiß Pretzsch macht seit Jahren die MZ-Laufgruppe für den Nachtlauf fit, diesmal stellt er sich selbst einer neuen Herausforderung. „Ich weiß nicht, was mich erwartet. Mal sehen, wie ich die Treppe hochkomme“, sagt er. Dass die Einnahmen einem guten Zweck dienen, ist ihm offenbar Ansporn genug.

Gut im Training ist Robin Giersch, Fußballer beim SV Reinsdorf. „Ich wohne im dritten Obergeschoss“, fühlt sich der 25-Jährige fit durch das tägliche Auf und Ab. In der Woche zuvor hat er die Treppe schon getestet und ist optimistisch. „Es läuft sich sehr gut, man muss nur den Schwung um die Ecken am Geländer mitnehmen“, weiß er. In der Tat schafft Giersch am Sonnabend 34,6 Sekunden und muss sich nur Son Shinkyoo geschlagen geben. Der Volunteer vom Verein r2017 bleibt als Bester in der Wertung „Männer ab 22 Jahre“ sieben Zehntel darunter.

Auch Stephan von Kolson hat die Laufschuhe an, „extra gekauft“, sagt der Mann von r2017. Der Verein sei Mitorganisator, die Idee finde er gut, meint der 43-Jährige. „Ein gewisser Ehrgeiz ist da, aber ich will es auch nicht übertreiben.“

Das Thermometer zeigt nicht mal 20 Grad Lufttemperatur, doch am meisten schwitzt wohl die Robbe Nobby beim Aufstieg. In dem blau-weißen Plüschkostüm steckt Marcus Riediger von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft. Der junge Mann muss beim Start den Kopf einziehen, will er nicht gleich an der Plane des Startzeltes hängen bleiben. Zweimal sei er überholt worden und habe nur wenig von den Stufen gesehen, schildert er später den Aufstieg auf 27 Meter Höhe. Mit über zwei Minuten war er der Langsamste. Den zweiten Start, dann ohne Kostüm, hat Riediger in 47 Sekunden bewältigt. Das nötigt Respekt ab.

Grundschüler, Botenläufer, Mitglieder der Wasserwacht und des Roten Kreuzes stellen sich zu Erinnerungsfotos vor der Bibel auf. Wittenbergs Bürgermeister Jochen Kirchner sieht sich das Spektakel eine Weile an und beschließt, doch seine Laufschuhe zu holen. Oberbürgermeister Torsten Zugehör tut es ihm gleich. Während Wolfgang Böhmer, Sachsen-Anhalts früherer Ministerpräsident, aus Altersgründen den Aufzug bevorzugt, nimmt sein Enkel Raoul, 14 Jahre alt, mit Schwung die Treppe.

Für den guten Zweck

Obwohl die Teilnehmer der Feuerwehren und Rettungsdienste von der Startgebühr befreit sind, zahlen trotzdem die meisten. „Natürlich für den guten Zweck“, sammelt Steven Hildebrandt, stellvertretender Wehrleiter von Teuchel, von 13 Teilnehmern, darunter mit Andrea Ehrhardt auch eine Frau, den Obolus ein. Die Teucheler haben Erfahrung mit Treppen, „wir fahren jedes Jahr nach Berlin zum Fire Fighters Stair Run“, erzählt Hildebrandt.

Organisator Marco Glaß, Chef des Vereins „Projektschmiede“, ist letztlich mit 180 Teilnehmern, darunter 30 Kindern, sehr zufrieden. Dank einer Einzelspende sind es 600 Euro, die in Anschaffungen für die Kinderstation des Paul Gerhardt Stiftes fließen werden. Glaß verhehlt nicht, dass Aufwand und Nutzen für so ein einmaliges Angebot in keinem Verhältnis stehen. „Ich danke deshalb allen, die an den Verein spenden oder zum Beispiel den Weihnachtsspendenkalender erwerben. Das ermöglicht es uns, solche Events zu machen.“ Das nächste, der Handicap-Day, ist nur knapp fünf Wochen entfernt.

Die Ergebnislisten vom Treppenlauf gibt es auf der Website der Projektschmiede Wittenberg. (mz)

Die Robbe Nobby, Maskottchen der DLRG, steht am Start.
Die Robbe Nobby, Maskottchen der DLRG, steht am Start.
Klitzsch