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Direktkandidat im Wahlkreis 27 Direktkandidat im Wahlkreis 27: Ines Oehme tritt für die Grünen an

Von Heidi Thiemann 03.03.2016, 07:44
Ines Oehme - hier an der Jagdbrücke am Dessauer Landhaus - kandidiert im Wahlkreis 27 für die Grünen.
Ines Oehme - hier an der Jagdbrücke am Dessauer Landhaus - kandidiert im Wahlkreis 27 für die Grünen. L. Sebastian

Dessau-Rosslau - Vor zehn Jahren ist Ines Oehme nach Dessau gekommen. Ihr Weg führte sie von Sachsen über die Steiermark nach Anhalt. Von der Umgebung in ihrer neuen, mittlerweile mehr als vertrauten Heimat schwärmt sie. „Dadurch habe ich mich schnell zu Hause gefühlt.“ Mehr noch: „Die touristischen und die Kulturhighlights, die sind doch hier!“ Bauhaus, Gartenreich, Elbe, Biosphärenreservat... Viel Potenzial - vieles noch zu wenig gehoben. Dass dies besser geschieht, will die 48-Jährige mitwirken und bewirbt sich für die Grünen im Wahlkreis 27 um den Einzug ins Landesparlament.

Ines Oehme ist 1967 in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, geboren, lebt seit 2006 in Dessau und ist verheiratet. Nach der Schule machte sie eine Berufsausbildung mit Abitur und wurde Facharbeiter für Rinder- und Schweineproduktion. Anschließend studierte sie an der Bergakademie Freiberg Chemie. 1992 ging Oehme nach Graz (Österreich), wo sie ihre Promotion über die „Optische Analyse von Schwermetallen“ schrieb. Zehn Jahre lang war Oehme an einem Forschungsinstitut in Graz beschäftigt, bevor sie 2006 am Umweltbundesamt (Uba) in Dessau eine Anstellung bekam.

In Dessau trat Oehme den Grünen bei, arbeitete bald im Vorstand mit und wurde Kreissprecherin. Sie gehört zu den Mitbegründern des Bio- und Regionalmarktes auf dem Lidiceplatz, ist Mitglied im Schwabeverein und im Kiez. Außerdem engagiert sie sich für Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen. In ihrer Freizeit fährt sie gerne Rad, unternimmt Paddeltouren und geht regelmäßig ins Anhaltische Theater. (mz)

Dass Oehmes Weg einmal in die Politik führen würde, überrascht nicht unbedingt. Umwelt- und Sozialthemen, erzählt die promovierte Chemikerin, seien ihr schon immer wichtig gewesen. „Mir geht es dabei auch immer um den globalen Blick auf die Welt.“ An ihrem Studienort Freiberg hat sie den Weltladen mitbegründet. Als sie 2006 nach Dessau kam, gehörte sie zu den Initiatoren des Bio- und Regionalmarktes auf dem Dessauer Lidiceplatz. Vorher in Graz habe es vor ihrem Institut einen Bauernmarkt gegeben, erzählt sie, dass sie in der neuen Heimat einen kleinen Impuls setzen wollte.

Welche Maßnahmen würden Sie treffen, um die hohe Zahl von Flüchtlingen gut zu integrieren?

Zentrale Pfeiler für Integration sind Sprache, Arbeit und das Wohnumfeld. Wir brauchen ausreichenden Zugang zu Deutschkursen. Bildungsabschlüsse müssen leichter anerkannt und mit Hilfe von Fortbildungen deutschen Abschlüssen vergleichbar gemacht werden. Und ganz wichtig dezentrale Unterbringung.

Es fehlt  im Land vor allem an hoch qualifizierten und gut bezahlten Jobs. Wie soll das geändert werden?

Durch Förderpolitik und Umfeldgestaltung müssen wir die Entwicklung von Start-ups sowie technologie- und wissenschaftsorientierten Unternehmen unterstützen. Gerade auch die Chemieindustrie hat das Potential sich in eine grüne und stärker wissenschaftsbasierte Branche weiter zu entwickeln.

Wofür wollen Sie sich - im Falle Ihrer Wahl - als Landtagsabgeordneter ganz besonders einsetzen?

Die Energiewende ist eine große politische Herausforderung. Ich will mich dafür einsetzen, dass wir die Ziele so erreichen, dass sie Arbeitsplätze im Land bringen und bürgernahe Beteiligungs- und Investitionsformen bieten. Zielkonflikte mit dem Naturschutz brauchen sensible Lösungen.

Was werden Sie  im Landtag  dafür tun, dass Dessau-Roßlau von „Luther 2017“ und „Bauhaus 2019“ profitiert?

Die beiden Jubiläen sind für unsere Stadt eine große Chance, unsere Kultur- und Naturschätze bekannter zu machen und nachhaltig den Tourismus zu stärken. Ich will mich dafür einsetzen, ein modernes Marketing für die Tourismusregion zu stärken, das über die Landesgrenzen hinaus wirkt.

Welchen Wert hat für Sie Dessau-Roßlau als  kreisfreies Oberzentrum und wie kann dieses erhalten werden?

Dessau-Roßlau braucht starke Stimmen im Landtag, um eine angemessene Beachtung in der Landespolitik zu sichern. Was die jüngsten Weichensetzungen im Bereich Stadtentwicklung und -marketing betrifft, sind wir als Stadt aber auf dem richtigen Weg, den müssen wir jetzt konsequent weitergehen.

Durch das Umweltbundesamt ist sie nach Dessau gekommen, wobei die Stadt ein Jahr später mit Roßlau fusionierte. „In einer kleineren Stadt stellt sich die Frage des Engagements stärker“, erzählt sie, warum sie den Grünen beitrat. Zuvor in der Steiermark hatte sie in ihrem Freundeskreis eine Landtagsabgeordnete der Grünen. „Wir haben häufig über politische Themen, Ziele, Strategien diskutiert.“ Dass sie selbst nun auch in den Landtag einzieht, kann sich die 48-Jährige gut vorstellen, „obwohl es als Opposition immer schwieriger ist. Dennoch kann man versuchen mitzugestalten und zu bewegen.“

Rund 1,9 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Bei der Landtagswahl 2011 lag die Wahlbeteiligung bei 51,2 Prozent. Es treten landesweit 15 Parteien zur Wahl an. Insgesamt 423 Kandidaten wollen ins Parlament einziehen. Sachsen-Anhalts Landtag hat künftig nach einer Parlamentsreform mindestens 87 Abgeordnete.

Jeder Wähler hat zwei Stimmen. In den 43 Wahlkreisen wird per Erststimme je ein Abgeordneter direkt gewählt. Die übrigen Mandate werden entsprechend der Zweitstimmen über die Landeslisten verteilt.

Bislang sind vier Parteien im Landtag. Zuletzt gehörten 68 Abgeordnete der Regierungskoalition (CDU 42, SPD 26) an. Die Linke stellte 28 und die Grünen 9 Abgeordnete. Zu Beginn der Wahlperiode war die Sitzverteilung noch leicht anders, weil eine Linke-Abgeordnete zwischenzeitlich zur CDU wechselte.

Spitzenkandidat der CDU ist Ministerpräsident Reiner Haseloff (61). Die Linkspartei stellte ihren Fraktionsvorsitzenden Wulf Gallert (52) auf Platz eins. Die SPD zieht mit Fraktions- und Parteichefin Katrin Budde (50) in den Wahlkampf. Bei den Grünen ist Fraktionschefin Claudia Dalbert (61) das Aushängeschild. Die Alternative für Deutschland (AfD) tritt mit Landeschef André Poggenburg (40) an, die FDP mit Frank Sitta (37).

Das Flüchtlingsthema dominiert zahlreiche Debatten. Aber auch die Wirtschaftslage, die Personalausstattung bei der Polizei oder Kosten für die Kinderbetreuung sind wichtige Themen.

Das letzte ZDF-„Politbarometer“ sah die CDU bei 33 Prozent, Linke und SPD jeweils bei 19 Prozent. Die AfD käme auf 15 Prozent, die Grünen müssten mit 5 Prozent um den Wiedereinzug in den Landtag bangen, die FDP würde scheitern.

Keine Partei will mit der rechtspopulistischen AfD zusammengehen. Daher wäre eigentlich nur die Fortsetzung der schwarz-roten Koalition möglich. Linke, SPD und Grüne zusammen hätten keine Mehrheit im Landtag.

Sich der Erosion des dritten Oberzentrums in Sachsen-Anhalt entgegenzustemmen, sich verstärkt für den Hochschulstandort Dessau einzusetzen, ist dabei ihr Anliegen. Und natürlich liegen ihr die Themen Natur-, Klima- und Tierschutz am Herzen. Naturschutz heißt, keinen Ausbau der Elbe. Der Fluss spiele eine wichtige Rolle für den Erhalt der Arten, auch als Erholungsraum für den Menschen und nicht zuletzt für den Tourismus.

Dass das Elbe-Thema zum großen Teil in Roßlau anders gesehen wird, Oehme ist das bewusst. Dort gibt es den Hafen, der trimodal ausgebaut wird. Trotzdem ist es für sie eine Frage, wie Ziele insgesamt natur- und umweltschonender erreicht werden können. Der letzte freifließende Fluss Mitteleuropas sollte vor allem touristisch genutzt werden, plädiert sie.

Wichtige Themen sind für sie auch die Ortsumgehungen Roßlau und Coswig. Oder das Thema Bürgerbeteiligung. „Wir müssen für mehr Akzeptanz werben, Politik muss den Menschen das Gefühl vermitteln, dass man sich gegenseitig ernst nimmt“, weiß Oehme, dass derzeit viele eine Bürgerferne der Politik beklagen. Doch sie regt auch an, sich ehrlich zu erinnern, wie die politischen Verhältnisse in der DDR waren und früher im Westen. Ohne Defizite kleinreden zu wollen, sagt sie: „Man muss anerkennen, wo wir insgesamt mit unserer Demokratie stehen.“ (mz)