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Das Leben einer Fürstentochter

Von Theresa Pfeifer 12.02.2006, 18:14

Oranienbaum/MZ. - "Anna Wilhelmine war immer sehr sparsam, um nicht zu sagen geizig", erklärte Kristina Schlansky ihrem Publikum am Donnerstagabend in Oranienbaum. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz hielt einen Vortrag über die zweitälteste Tochter des Alten Dessauers, Fürst Leopold von Anhalt-Dessau.

Seit Jahren, eigentlich schon seit Jahrzehnten beschäftigt sich Frau Schlansky mit dem Leben der Prinzessin, hat es erforscht und ist immer noch auf der Suche nach neuen Erkenntnissen. In der Barockstadt ließ sie auf Einladung des Kulturbundes Dessau-Wörlitz die zahlreiche Hörerschaft daran teilhaben. Sie sprach also von der Sparsamkeit der Anna Wilhelmine, wohl wissend, dass diese einen Zweck hatte. Die Prinzessin wollte sich einen Wunsch erfüllen - nicht mehr im Laufe ihres Lebens, sondern erst nach ihrem Tod: Ein großer Teil ihres Vermögens floss in die Gründung des Hochadligen Frauenstifts Mosigkau, das im dortigen Schloss noch bis 1945 existierte.

Hochadlige unverheiratete Frauen - so wie sie selbst - fanden dort ein Zuhause. Das war der Wille der sozial engagierten Anna Wilhelmine, die einen weiteren Großteil ihres Geldes ihren knapp 40 Bediensteten vermachte. Ein großes Herz hatte sie, gönnte sich selbst nur das - für eine Fürstentochter - Notwendigste. Sicher musste es auch das Meißner Porzellan sein. Allerdings zweite Wahl.

Geboren wurde Anna Wilhelmine, Tochter des Fürsten Leopold und der Fürstin Anna Luise, am 12. Juni 1715. Mit neun Geschwistern wuchs sie auf, verbrachte ihre Kindheit vor allem im Residenzschloss in Dessau, aber auch im Schloss Oranienbaum.

"Zu ihren fünf Brüdern und vier Schwestern hatte sie ein sehr herzliches Verhältnis", berichtete Kristina Schlansky. "Anna Wilhelmine war das bindende Familienmitglied." Später war sie eine Frau, die sich für Literatur und Malerei interessierte, sie reiste gern und hegte eine Vorliebe für die Jagd. Ihr ökonomisches Denken setzte sie vor allem darin um, dass sie in Mosigkau außergewöhnliche Gewächse und Früchte anpflanzte.

Das Grundstück hatte ihr der Vater vermacht, 27 Jahre war sie da alt. 1752 begann der Bau des Schlosses. Es sollte ein repräsentativer Bau werden, ein Lustschloss. 1758 war es fertig gestellt. Nun verbrachte Anna Wilhelmine viel Zeit auf ihrem Anwesen, frönte hier ihren Hobbys und hatte immer eine Rückzugsmöglichkeit.

Denn im Grunde ihres Herzens war sie allein. Ihr Leben lang - sie starb 1780 - blieb sie unverheiratet. Warum? Selbst Kristina Schlansky kann darüber nur Spekulationen abgeben. Was die wissenschaftliche Mitarbeiterin sich indes lebhaft ausmalen kann, ist der Alltag damals am Hofe. Ihre Vorstellungen, wie Koch und Kammerjungfern sich um das Wohl der Prinzessin sorgten, hat Frau Schlansky aufgeschrieben und zeichnet entzückende Bilder vom Geschehen.

Die Liebe für die Geschichte merkt man ihr ohne Zweifel an. Auch nimmt ihr jeder ihren Traum ab: "Ich würde mir sehnlichst wünschen, einmal zurück in diese Zeit zu gehen."

Spätestens nach dem Vortrag in Oranienbaum und der Präsentation ihrer eigenen Geschichten fragt sich der Zuhörer, ob sie nicht vielleicht doch bereits einen kurzen Abstecher ins 18. Jahrhundert gemacht hat.