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Bundestagswahlkampf Bundestagswahlkampf: Kandidiert Ulrich Petzold nochmal?

Von Michael Hübner 15.10.2016, 06:00
Ulrich Petzold (CDU)
Ulrich Petzold (CDU) Imago

Wittenberg - Ulrich Petzold (CDU) kann sich das Lachen nicht verkneifen. „Da haben die Dessauer aber mal wieder was rausgehauen!“ Die Kritik richtet sich an die eigenen Parteifreunde in der Muldestadt, und zwar an jene, die bereits über den Nachfolger des Selbitzers in Berlin fleißig spekulieren.

Das Bundestagsmitglied sagt: „Erstens bin ich 65 und nicht 64. Und zweitens ist die Entscheidung, ob ich aufhöre, auch noch gar nicht gefallen.“ Auf das Wort „offiziell“ verzichtet der Politiker. Die berühmte Katze aus dem Sack will der Abgeordnete erst am 12. 

November lassen. Dann wählen die CDU-Mitglieder ihren Direktkandidaten des Wahlkreises Dessau-Wittenberg für den neuen Bundestag - und zwar in Selbitz! „Das ist für mich kein Heimspiel. Ich will ja nicht kandidieren“, sagt der Abgeordnete, der dem Bundestag - mit einer einzigen Unterbrechung - seit der Wende angehört.

Die SPD stellt gleich nach der CDU am 18. November in Wörlitz den Direktkandidaten auf. Offiziell gibt es noch mehrere Bewerber - allerdings nicht aus Wittenberg - und möglicherweise auch nicht aus Dessau. Hinter vorgehaltener Hand wird der Name Alexander Vogt (Halle) als Favorit genannt.

Die Linken planen die Nominierung für den 10. Dezember in Dessau. Der Wittenberger Anwalt Jörg Schindler hofft dabei auf das Vertrauen seiner Partei.

Die Freien Wähler haben sich beim Sommerfest auf einen Kandidaten verständigt. Die Frau erhielt viel Beifall. Der Name - es handelt sich um Angela Schwarz - soll aber vorerst geheim bleiben. Der Termin der Wahl ist noch offen.

Die FDP hat sich über einen Termin auch noch nicht verständigt, der Griesener Detlef Herrig denkt aber über eine Kandidatur nach.

Bei der Alternative für Deutschland ziehen die Landtagsabgeordneten Matthias Lieschke (Wittenberg) und Andreas Mrosek (Dessau) zumindest einen Wechsel nach Berlin in Erwägung. Wittenbergs Kreischef Dirk Hoffmann denkt auch über eine Kandidatur nach. Eine Entscheidung fällt wahrscheinlich erst im Frühjahr. 

Scheinheilige Fragen der Presse

Und ja - „Da muss nicht scheinheilig gefragt werden“ - er habe einen Kronprinzen für seine Nachfolge. „Es ist doch normal, dass ich Leute, die mich jahrelang unterstützten, jetzt helfe“, so Petzold, der seinen Platz für die Jugend frei machen möchte. Er sei jetzt noch in einem Alter, wo er einem Abgeordneten beim Start in Berlin mit Rat und Tat und einem gut funktionierenden Netzwerk zur Seite stehen könnte. Im Blick hat er dabei den Gräfenhainichener Sepp Müller. „Er arbeitet seit Jahren auf das Mandat hin, hat bei mir mehrfach hospitiert und bei Jugend und Parlament eine hervorragende Rolle gespielt“, so der Volksvertreter.

„Das Lob adelt mich“, sagt Müller. „Wir müssen“, sagt der 27-Jährige gleich mehrfach zur Presse, „das Direktmandat unbedingt verteidigen.“ Im Klartext: Die CDU rechnet vor allem - auch wenn das so deutlich nicht formuliert wird - mit einem Angriff der Alternative für Deutschland. Ob nun Müller in den nächsten Monaten den politischen Konkurrenten in Schach halten soll, lässt der Heidestädter selbst völlig offen. Er gibt sich ungewöhnlich wortkarg. Dabei fällt er schon als Schülersprecher des Paul-Gerhardt-Gymnasiums mit pointierten Reden auf und sorgt landesweit beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ für Furore. Der diplomierte Bankwirtschaftler ist inzwischen schon ein Polit-Profi. Er ist Mitglied im Stadtrat und im Kreistag. Da wird man möglicherweise auch in der Wortwahl vorsichtiger. „In einer Ur-Wahl wird der Direktkandidat gewählt. Das heißt, jedes Mitglied darf sich bewerben“, so Müller, der offensichtlich Überraschungen immer noch für möglich hält.

Tatsächlich gibt es bereits den ersten Paukenschlag. Er kommt aus Dessau. Eiko Adamek hat auf einem Kreisparteitag im September öffentlich angekündigt, dass er als Dessauer Bewerber für das Bundestagsdirektmandat aufgestellt werden will. Im Gespräch mit der MZ hat er jetzt die Ambitionen ohne Umschweife auf Anhieb erneuert. „Es gibt Kommunalpolitiker, die reden zwei Stunden und sagen nichts“, so der Fraktionschef im Stadtrat, der sich zu dieser Spezies nicht zählt.

Vorstände planen ein Glattziehen

„Es gibt aber keinen Wahlkampf vor dem Wahlkampf und es gibt zwischen uns keinen Sieger oder Verlierer“, sagt der 43-Jährige, der die Großküche im Städtischen Klinik leitet und zuvor für die „Komplett-Gastronomie“ im „Steigenberger“ verantwortlich war. Für den Sprung in die Hauptstadt, davon ist er überzeugt, ist die „Qualität des Kandidaten“ entscheidend. Eine Kampfabstimmung beschädige nur den Bewerber. Gefragt sei eine „einvernehmliche Lösung“. Er spricht vom „Glattziehen“.

Das soll bereits am 27. Oktober passieren. Die Kreisvorstände von Dessau und Wittenberg wollen sich hinter verschlossenen Türen auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen. Eingeladen sind dazu nach MZ-Informationen Adamek und Müller. Gestärkt geht der Dessauer in das Rennen aber nicht. Er ist bei der Wahl zum Dessauer Vize-Parteichef an Daniel Freier-Gottschalk (48 Stimmen) und Rita Bahn-Kunze (41) erst im September gescheitert. Nur 30 votierten für den Fraktionschef. Doch egal, für wen sich die Vorstände jetzt entscheiden: Beide Männer dürfen sich unabhängig von diesem Votum am 12. November zur Wahl stellen. Doch auch hier hätte der Dessauer ein großes Handicap zu meistern. Wittenberg hat fast doppelt so viele stimmberechtigte CDU-Mitglieder wie die Dessauer. Das Rennen um die begehrten Plätze im Parlament ist noch völlig offen. Aber fest steht jetzt schon eines: Petzold hinterlässt in Berlin - der neue Bundestag wird im September 2017 gewählt - große Fußstapfen. (mz)