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Bilder erzählen Geschichte

Von UTE OTTO 17.02.2010, 18:15

PATZSCHWIG/MZ. - Die verteilt dennoch in dieser Woche die Einladungen an die Patzschwiger zum Kirchweihjubiläum am kommenden Sonntag, und die will sie in jedem Haushalt persönlich abgeben. Der 150. Jahrestag der Neuweihe der Dorfkirche nach dem Wiederaufbau am 7. Februar 1860 "ist zuallererst ein Fest für die Patzschwiger", so Frau Fritzsche.

Zwar finden auf Bänken und Empore 250 Personen Platz, aber die wollen sich ja auch noch bewegen, wenn im Anschluss an den Festgottesdienst (14 Uhr) zu Kaffee, Kuchen und Gesprächen eingeladen wird. Und um die Ausstellung anzuschauen, die Elfriede Jentzsch vorbereitet hat.

Die erste der acht Tafeln erzählt von den Anfängen der Glaubensgemeinschaften in Patzschwig, Kleinkorgau, Zoog und Lausig. Die beiden letztgenannten Orte sind seit dem Feldzug der Hussiten 1429 von der Landkarte verschwunden. Anhand alter Unterlagen hat die Chronistin aber auf einem Luftbild den Ort markieren können, wo die Lausiger Kirche gestanden hat.

Auch die Patzschwiger Schule ist in dieser kleine Schau mit berücksichtigt, seien doch Mönche die ersten Lehrer gewesen, "und bis in das 20. Jahrhundert hinein haben die Lehrer auch den Katechismus gelehrt." Auf den weiteren Tafeln findet der Betrachter Fotos und Urkunden von Taufen - letzter Täufling war am 2. September 2001 die Tochter der Küsterin; Konfirmationen - dabei auch Elfriede Jentzschs Mutter Hedwig Hermann - und Hochzeiten. Dass Johann Gottlieb Krieger die "Jungfrau Emilie Richter" geehelicht hat, verrät ein Trauschein aus dem Jahr 1888. Und dass die 24-jährige Emilie zu diesem Zeitpunkt noch Jungfrau war, "darauf können sie Gift nehmen", sagt die Chronistin. "Das war ja damals ganz streng." Enkel des Paares leben übrigens heute noch in Bad Schmiedeberg. Insgesamt hat es von 1500 bis 1927 in der Patzschwiger Kirche 1 864 Taufen und 366 Trauungen gegeben, das hat Frau Jentzsch aus den Einträgen im Pretzscher Kirchenbuch errechnet. Seit 1927 wird das in Schmiedeberger Kirchenbüchern registriert.

Die jüngere Baugeschichte des Gotteshauses, die ebenfalls beleuchtet wird, ist eng verbunden mit dem Namen Helga Paul. Hätte sich die Pfarrerin, die in Bad Schmiedeberg Vorgängerin von Christoph Krause war, nach der Wende nicht so für die Sanierung stark gemacht, "würden wir wahrscheinlich jetzt nicht Kirchweihjubiläum feiern", meint Elfriede Jentzsch. Was sie selbst betreffe: "Ich bin Atheistin", sagt die 77-Jährige. Aber nicht nur aus reinem Interesse für die Heimatgeschichte hat sie die Ausstellung gemacht, sondern weil auch sie sich dazugehörig fühlt zur Patzschwiger Gemeinschaft.

Dieser widmet Elfriede Jentzsch die achte Tafel. Die Bilder zeigen die Dorfbewohner bei verschiedenen Festen von Fastnacht bis Kirchweih. Und so wie die Dorfgemeinschaft gemeinsam feiert, stehen die Patzschwiger auch in schweren Stunden einander bei: Eine besondere Grußkarte mit Foto erinnert an die Mutter von Katrin Fritzsche, die vor ihr Küsterin war und vor zwei Jahren verstorben ist: "Danke, dass ich bei Euch sein durfte", steht darauf. "Es wäre wünschenswert, dass Patzschwig weiter so zusammen hält", sagt Katrin Fritzsche. Sie hat sich für das Fest am Sonntag etwas Besonderes ausgedacht: Mit den Kindern wird sie eine historische Schulstunde aufführen. Als gestrenger Schulmeister Oertel - den es im Ort wirklich gab - wird sie das Wissen um die Kirchengeschichte abfragen.