1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Enttäuscht von der Polizei: Weißenfels: Autohändler schnappt Einbrecher selbst

Enttäuscht von der Polizei Weißenfels: Autohändler schnappt Einbrecher selbst

Von Andreas Richter 05.10.2017, 08:13
Ahmet Aksoy zeigt die Glassplitter einer Fensterscheibe, durch die sich der Einbrecher gestiegen ist.
Ahmet Aksoy zeigt die Glassplitter einer Fensterscheibe, durch die sich der Einbrecher gestiegen ist. Peter Lisker

Weißenfels - Die Enttäuschung sitzt bei Ahmet Aksoy noch immer tief. „Ich fühle mich von der Polizei ziemlich allein gelassen“, sagt der Inhaber eines Autohandels in der Zeitzer Straße in Weißenfels.

Einbruch in Weißenfels: Autohändler ist enttäuscht von der Polizei

Hinter dem 38-jährigen Türken liegen aufregende Tage. Am vergangenen Sonnabend erhält er einen Anruf: In seinen Autohandel ist eingebrochen worden. Der Täter hat sich durchs Fenster Zutritt verschafft. Aksoy ruft die Polizei. Wenig später sind zwei Beamte da, schauen sich um, machen ein paar Fotos.

Aksoy will ihnen die Aufnahmen einer Videokamera präsentieren. Doch der Autohändler wird das Gefühl nicht los, dass sie sich nicht wirklich dafür interessieren. Und er versteht die Welt nicht mehr: „Die haben sich das Video nicht mal richtig angeguckt, nicht gesichert, keine Kriminalpolizei ist gekommen, keine Fingerabdrücke, keine Spurensicherung.“

Autohändler verbringt nach Einbruch zwei schlaflose Nächte - und sichert Videoaufnahmen selbst

Während der Eindruck zurückbleibt, dass der Einbruch für die Polizei eher eine Lappalie ist, verbringt der Weißenfelser Unternehmer zwei schlaflose Nächte. Denn neben rund zwanzig Euro, Kamera, Taschenlampe, Starterkabel und anderem hat der Täter aus dem Büro ein Schlüsselbund mitgenommen. „Ich hab’ zwei Nächte im Büro gewacht. Ich musste ja befürchten, dass der Täter vielleicht sogar mit Verstärkung wiederkommt“, erzählt der Unternehmer, der seit dem Jahr 2000 in Deutschland lebt.

Am Montag, dem Brückentag vor dem Tag der Deutschen Einheit, fährt Aksoy zum Polizeirevier an der Langendorfer Straße. Dort will er die von ihm nunmehr gesicherten Videoaufnahmen präsentieren. Am Empfang im Polizeirevier kommt es jedoch offenbar zu einem Wortgefecht. Aksoy will der Beamtin klarmachen, dass es in seinem Fall um weit mehr als zwanzig Euro geht.

Wie der Autohändler aus Weißenfels den Täter durch Zufall fand

Nach Darstellung der Polizei fordert der Unternehmer, den anhand der Videoaufnahmen zu identifizierenden Täter festzunehmen. „Die Polizistin versuchte ihm klarzumachen, dass das nicht so ohne Weiteres geht“, erklärt zu dem Fall am Mittwoch Dirk Seyfarth, Sprecher des Polizeireviers Burgenlandkreis. Aksoy verlässt am Montag schließlich tief enttäuscht das Revier. „Ich bin richtig traurig. Ich zahle regelmäßig meine Steuern. Und wenn man den Staat mal braucht, dann tut der nichts. Aber wehe ich vergesse im Auto mal den Gurt anzulegen“, meint er.

Wenig später erfährt die Geschichte eine überraschende Wendung. Wie Ahmet Aksoy berichtet, sieht er auf der Langendorfer Straße zufällig den vermeintlichen Täter. Er stellt ihn zur Rede. Und der während der Tat offenbar betrunkene Mann sieht seinen Fehler tatsächlich ein. Wenig später bringt er einen großen Teil des Diebesgutes einschließlich des Schlüssels wieder zurück. Einige wenige kleinere Gegenstände hatte er zuvor einfach in den Straßengraben geworfen.

Einbruch in Weißenfels aufgeklärt: Enttäuschung über die Polizei bleibt trotzdem

Trotz des unverhofften Fortgangs der Geschichte bleibt bei Ahmet Aksoy die Enttäuschung über die Polizei. „Wenn nicht der Zufall so mitgespielt hätte, dann wäre die ganze Sache wohl im Sande verlaufen“, glaubt der Autohändler.

Dem widerspricht Seyfarth vehement. „Am Tatort wurde alles Notwendige getan“, sagt er am Mittwoch. Die Polizisten hätten Fotos gemacht und die Videoaufnahmen angesehen. Der Geschädigte sei allerdings gebeten worden, das Videomaterial selbst zu sichern und nachzureichen, räumt er ein. „Ein solches Vorgehen ist nicht unüblich. Wir können nicht feststellen, dass die Kollegen vor Ort etwas falsch gemacht haben“, so Seyfarth.

Und vielleicht schließt ja sogar Ahmet Aksoy seinen Frieden mit der Polizei. Denn laut Pressesprecher war am Mittwochvormittag trotz der jüngsten Entwicklung der Geschichte noch einmal ein Kriminalbeamter vor Ort. „Die Ermittlungen laufen. Wir sind nicht untätig“, so Seyfarth. (mz)