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Von Weißenfels nach Kornwestheim Von Weißenfels nach Kornwestheim: Herz schlägt für zwei Städte

Von Birger Zentner 04.10.2015, 18:17
Ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit war für Ines und Ralf Albrecht der Abstecher zum Weißenfelser Hirsemannplatz. Das ist Erinnerung an die eigene Kindheit in Weißenfels, aber auf dem Platz haben vor mehr als 25 Jahren auch die Kinder der Albrechts gespielt, ehe die Familie in die Partnerstadt Kornwestheim zog.
Ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit war für Ines und Ralf Albrecht der Abstecher zum Weißenfelser Hirsemannplatz. Das ist Erinnerung an die eigene Kindheit in Weißenfels, aber auf dem Platz haben vor mehr als 25 Jahren auch die Kinder der Albrechts gespielt, ehe die Familie in die Partnerstadt Kornwestheim zog. Birger Zentner Lizenz

Weißenfels - Wo, wenn nicht in Weißenfels den 25. Jahrestag der deutschen Einheit feiern? „Als wir vor zwei Wochen auf dem Rückflug von Mallorca waren, hatten wir schon mal kurz darüber gesprochen, wieder nach Weißenfels zu fahren“, erzählt Ralf Albrecht. Doch das Thema geriet erst einmal für ein paar Tage in Vergessenheit. Dann lasen er und seine Frau Ines in der Kornwestheimer Zeitung, dass sich eine Radlergruppe auf den Weg in die Partnerstadt Weißenfels macht. „Ich habe dann im Internet gesucht und schließlich erfahren, was alles so los ist zu diesem Feiertag in Weißenfels“, erzählt Ralf Albrecht. „Und dann haben wir uns eben am Freitag ins Auto gesetzt und sind nach Weißenfels gefahren“, bringt Ines Albrecht den Gedanken zu Ende.

Keine seltenen Gäste

Die beiden ehemaligen Weißenfelser sind beileibe keine seltenen Gäste in ihrer früheren Heimatstadt. Aber hier den 25. Jahrestag der deutschen Einheit mitzufeiern, dass sei schon etwas Besonderes, sind sich die beiden einig. Trotz der Entfernung kommen sie öfter mal. Schließlich haben sie Verwandtschaft an der Saale, er einen Bruder, sie einen Cousin.

Ines und Ralf Albrecht ging es wie so vielen nach den ereignisreichen Jahren 1989 und 1990, die ihr Glück im Westen suchten. Auch wenn das im konkreten Fall ein wenig zufällig passierte. „Ich war Kraftfahrzeugmechaniker in der PGH Kraftfahrzeuge in Weißenfels und keiner wusste so recht, wie es mit der PGH weitergehen würde“, erinnert sich Ralf Albrecht an das Jahr 1990, als so viele Betriebe am Ende waren oder darauf zusteuerten.

Neue Heimat in Kornwestheim

Damals wurde er nach Kornwestheim zu einem Autohaus geschickt, um Fahrzeuge für eine Ausstellung nach Weißenfels zu holen. „Plötzlich sagte der Chef des Autohauses, er suche noch Mechaniker, ob denn nicht jemand Lust hätte, bei ihm anzufangen“, erzählt Ralf Albrecht. Weil er eben nicht wusste wie es daheim mit der PGH weitergeht, sagte er zu und fing an. „Ich war erst einmal allein dort, aber ein Jahr später haben wir uns dann entschlossen, als ganze Familie nach Kornwestheim zu ziehen.“

Und da es auch für Ines Albrecht letztlich kein großes Problem war, wieder einen Job zu finden, war die Sache entschieden. Zuerst fand die gelernte Sozialversicherungskauffrau, die an der Weißenfelser Berufsschule als Sekretärin tätig war, eine Arbeit in der Stadtverwaltung der Partnerstadt, später kehrte sie in ihren eigentlichen Beruf zurück und arbeitet heute bei der Rentenversicherung.

Bereut haben die beiden 53-Jährigen den Schritt nie, aber es zieht sie eben auch immer wieder zurück in die alte Heimat, wie eben jetzt. Die Radlergruppe, von der sie in der Zeitung gelesen hatten, haben sie natürlich bei ihrer Ankunft in Weißenfels mit begrüßt. „Ich kenne ja einige, denn da waren auch Mädchen aus unserer Sportgemeinschaft dabei“, sagt Ralf Albrecht. Er hat lange Jahre für Fortschritt Weißenfels gekickt, bis vor knapp zehn Jahren für den SV Salamander Kornwestheim, hat Frauen und Mädchen trainiert und ist heute Abteilungsleiter Frauenfußball in dem Verein. Dort hat er sich auch das Schwäbeln angewöhnt, „mit meinem Sächsisch hätten die mich doch gar nicht verstanden“, kommt es lachend.

Spezialist für Ostdeutsche Wagen

Der Chef des Autohauses in Kornwestheim muss damals mit dem Mechaniker aus Weißenfels einen kleinen Glücksgriff gemacht haben. Nicht nur, dass Ralf Albrecht 25 Jahre später noch immer dort arbeitet. In den ersten Jahren war er der Experte für eine ganz bestimmte Sorte von Autos. „Da kamen immer mal wieder Kunden zu uns, die ein Auto noch aus dem Osten hatten. Die brachten dann gleich die Ersatzteile mit und ich habe die Fahrzeuge reparieren können“, berichtet Ralf Albrecht lachend. An einen Barkas B 1000 erinnert er sich noch, aber auch an diverse Trabis. Gerade den Ost-Klassiker lieben die Albrechts bis heute. Schließlich besitzen sie auch einen.

„Wir hatten immer mal davon gesprochen, uns einen Trabant anzuschaffen“, sagt Ralf Albrecht. Dann haben die Kinder den Gedanken aufgegriffen und dem Ehepaar zur Silberhochzeit einen Trabant geschenkt. Mit dem reisen sie mittlerweile regelmäßig zum Trabi-Treffen nach Zwickau und fahren auch mal durch Kornwestheim und die Umgebung. „Da gucken alle hin“, sagt Ines Albrecht. Denn das ist eine Rarität. „Porsche fahren bei uns jede Menge, nach denen dreht sich niemand um“, setzt Ralf Albrecht hinzu. Der Trabant stammt übrigens aus Merseburg, dort habe ihn die Kinder nach dem Kauf im Internet abgeholt.

Staunen über viele Veränderungen

Kurz hatten sie überlegt, zum Festwochenende mit dem Trabi nach Weißenfels zu kommen, „aber wegen der längeren Fahrzeit, die wir gebraucht hätten, haben wir uns anders entschieden“, sagt Ralf Albrecht.

Neben dem Besuch von Rummel und Festzelt auf den Badanlagen, Teilnahme am Festakt im Kulturhaus, Besuch beim Basketballspiel am Samstagabend in der Stadthalle und erneutem Abstecher zum Festzelt mit der Disco Orion stand wie immer auch eine Stadtrundfahrt auf dem Programm. „Das machen wir jedes Mal, wenn wir in Weißenfels sind und staunen oft über die vielen Veränderungen.“ Dieses Mal gab es zudem einen Kurzbesuch auf den Hirsemannplatz, der zu den Kindheitserinnerungen der beiden gehört. Dort haben auch noch die Kinder des Ehepaars gespielt. Gewohnt haben sie um die Ecke in der Rudolf-Breitscheid-Straße 21 (heute Friedrichsstraße). „Dort war unsere erste gemeinsame Wohnung“, erinnert sich Ines Albrecht. Schade sei, dass die leer steht, keine Fenster hat, man von vorn nach hinten durchgucken kann. „Aber vielleicht ändert sich das ja auch einmal, wie so vieles in Weißenfels“, sagt Ines Albrecht. (mz)