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Prozess nach Kaffeefahrt Prozess nach Kaffeefahrt: Rentner über den Tisch gezogen

Von Silvia Zöller 10.11.2014, 23:03
Wegen des Verkaufs angeblicher „Gesundheitsprodukte“ zu überhöhten Preisen stehen seit Montag zwei Männer vor dem Amtsgericht Halle.
Wegen des Verkaufs angeblicher „Gesundheitsprodukte“ zu überhöhten Preisen stehen seit Montag zwei Männer vor dem Amtsgericht Halle. DPA/Symbol Lizenz

Halle (Saale) - Gelee Royal, der Futtersaft der Bienen, soll angeblich auch für den Menschen gesund sein - aber auch das ist unter Wissenschaftlern umstritten. Wegen des Verkaufs dieses und weiterer angeblicher „Gesundheitsprodukte“ zu überhöhten Preisen stehen seit Montag ein 48-Jähriger und ein 50-Jähriger aus Cloppenburg (Niedersachsen) vor dem Amtsgericht Halle: Bei einer Kaffeefahrt im Februar 2012, die mit einer Verkaufsveranstaltung in einer Hohenmölsener Gaststätte ihr Ziel hatte, sollen sie Gelee Royal und eine „Vitalkur“ für knapp 1?000 Euro an mindestens fünf Rentner verkauft haben. Tatsächlich sollen die Waren nur einen Wert von etwa 50 Euro gehabt haben. Wegen unlauteren Wettbewerbs und Betrugs ist das Duo angeklagt. Ordnungsamt und Polizei hatten damals die Gaststätte gestürmt und die Waren beschlagnahmt.

Das Wirtschaftsamt des Lahn-Dill-Kreises hat auf seinen Internetseiten eine Warnliste „Unseriöse Kaffeefahrten“ veröffentlicht. Dort ist auch jener Anbieter aus Hastedt zu finden, von dem jetzt in Zeitz Einladungen in Briefkästen landeten.

Es kann auch seriöse „Kaffeefahrten“ geben, Indizien dafür können sein, dass der Absender einwandfrei mit vollständiger Adresse, Vor- und Nachnamen oder Firma sowie Straße und Hausnummer angegeben ist, dass keine Geschenke oder Gewinne versprochen werden und dass vorab deutlich auf Produkte, die angeboten werden sollen, hingewiesen wird.

Überteuerte Bio-Produkte

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, das zielgerichtet hochbetagte Menschen per Anschreiben zu der Kaffeefahrt mit „Bioprodukt-Präsentation“ nach Hohenmölsen eingeladen worden sind. Vor allem, weil sie sich möglicherweise nicht mit dem Markt und aktuellen Preisen auskennen. Mit viel technischem Brimborium in Form eines Computers, der angeblich die Energiebahnen des Körpers misst, sollten die Senioren von der Wirkungsweise der „Wundermittel “ überzeugt werden.

Die beiden Angeklagten sind sich jedoch keiner Schuld bewusst: Mit der Organisation, Planung und auch mit der Preisgestaltung habe er absolut nichts zu tun gehabt, betonte der 48-Jährige. Er habe die Waren zwar als Verkäufer auf Provisionsbasis angepriesen - aber im Auftrag einer Firma, die für alles verantwortlich sei. „Mir war nicht bekannt, dass hier möglicherweise ein überhöhter Preis vorlag. Ich dachte, es sei ein fairer Preis“, sagte er dem Richter. An welchen Haltestellen der Bus, den der Mitangeklagte gelenkt haben soll, Kaufinteressierte eingeladen hat, wisse er nicht: „Mir war nur wichtig, dass die Kunden ausgeruht und gut gelaunt ankommen“, sagte er.

Verteidiger will Freispruch

Obwohl an mehreren Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen gehört werden sollen, schob der Verteidiger des 50-Jährigen sein Plädoyer schon einmal vorweg: Er werde einen Freispruch fordern. Denn wo sich sein Mandant schuldig gemacht haben soll, gehe überhaupt nicht aus der Anklageschrift hervor. „Wir verhandeln hier nicht über den moralischen Aspekt“, so der Jurist. Der Prozess wird fortgesetzt. (mz)