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Naturschutz in Weißenfels Naturschutz in Weißenfels: Aus Totholz wachsen Bäume

Von HEIKE RIEDEL 17.01.2014, 16:58
Hans Köhler (links) und Frank Böttger erklären die Benjeshecke am Bundeswehrübungsgelände in Weißenfels. Dort, wo einst tote Äste aufgeschichtet wurden, haben sich Sträucher und Bäume angesiedelt.
Hans Köhler (links) und Frank Böttger erklären die Benjeshecke am Bundeswehrübungsgelände in Weißenfels. Dort, wo einst tote Äste aufgeschichtet wurden, haben sich Sträucher und Bäume angesiedelt. PETER LISKER /ARCHIV (LISKER) Lizenz

WEISSENFELS/MZ - Sie scheint in Vergessenheit geraten, die Benjeshecke. Etwa zehn Jahre ist es schon her, dass die Naturschutzjugend im Weißenfelser Gebiet das letzte Mal zu ihrem Bau aufgerufen hat. Die Entsorgung der Weihnachtsbäume war bis dahin alljährlich für bis zu 50 Menschen immer wieder neuer Anlass. Denn die Bäume wurden eingebaut in die aus vielen anderen Ästen entstehenden „Gestrüppwände“ an Wegesrändern.

Sowohl das Material als auch die Bauleute sind uns ausgegangen“, sagt Frank Böttger. Auf die Weihnachtsbäume erhob zum Beispiel der Abfallentsorger Anspruch. Zudem ist Holz begehrter Brennstoff geworden. Es gibt kaum noch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die sich dem Thema Benjeshecken widmen könnten, und von der Naturschutzjugend ist ein harter Kern Naturschützer übriggeblieben, der sich neben dem Broterwerb auch noch anderen Aufgaben im Naturschutzbund (Nabu) widmet.

"Apfelbäume weisen auf die Frühstückspakete hin"

Frank Böttger baut heute noch jene Hecken, die sich erst mit der Zeit ihren Namen verdienen. Und zwar auf Wunsch der Kunden, die seine Grünpflegefirma hat. Totholz wird dazu fachgerecht bis auf eine Höhe von 1,50 Metern gestapelt. Hans Köhler und Frank Böttger laden an den Rand des Übungsplatzes der Bundeswehr zwischen Weißenfels und Lösau ein, um dort den Erfolg ihrer und der Arbeit ihrer Helfer in den 90er und 2000er Jahren zu demonstrieren.

Die Holzstapel sind verschwunden, zwischen ein paar angepflanzten Bäumen haben sich Holunder, Weißdorn, Liguster, Hartriegel, Pfaffenhütchen, Eberesche und selbst Apfelbäume entwickelt. Die Samen dafür haben die Vögel hinterlassen, die sich im Totholz niedergelassen haben, erklären die beiden Naturschützer den Erfolg. „Die Apfelbäume weisen aber auf die Frühstückspakete der Erbauer hin“, setzt Böttger lachend hinzu.

Die Männer machen auf die Spuren von Tieren aufmerksam, darauf, dass das Gestrüpp die einst jungen Bäume vor Verbiss durch Wild geschützt hat, erklären das Werk von Würmern, Asseln, Käfern, Pilzen und Bakterien. „Die Natur selbst hat das Entstehen der Hecke übernommen“, sagt Hans Köhler. Eine preiswerte Angelegenheit, um ohne aufwendige Anpflanzungen mit typischen einheimischen Gehölzen Biotope zu schaffen, in denen sich zum Beispiel Vögel gern niederlassen. Die Hecken lockern die Landschaft auf, markieren Grenzen, schützen Felder und Wege vor Wind.

An der Sängerwiese bei Gröbitz ist ebenfalls so eine Hecke geschaffen worden. So wie sie in den Wald übergeht, fällt bereits nicht mehr auf, dass sie künstlich angelegt wurde. In Tagewerben gibt es solche Hecken in der Marderhohle, andere in Hohenmölsen am Bahnhof. Es sei manchmal gar nicht so leicht gewesen, Standorte dafür zu bekommen, nennt Böttger an einen weiteren Grund, warum die Initiativen eingeschlafen sind. Dass sie nicht mehr notwendig seien, davon könne keine Rede sein.

Michael Krawetzke von der Unteren Naturschutzbehörde im Burgenlandkreis erinnert sich auch noch an die hohe Zeit der Benjeshecken und an vereinzelte Objekte im südwestlichen Teil des heutigen Burgenlandkreises und sieht keinen Grund, nicht weiter welche anzulegen, wenn dies fachmännisch erfolge. Doch Weihnachtsbäume sind ihm nicht das geeignete Material. So eine Hecke gehöre in die freie Landschaft und nicht in Wälder, wo Gestrüpphaufen als solche ausgegeben werden. Dort seien sie eher eine bequeme Art der Grünabfallentsorgung und brächten die Idee in Verruf. Zudem warnt Revierförster Reinhard Naumann, dass sie im Sommer Waldbrände beschleunigen könnten.

Ein Bild vom Bau der Benjeshecke 1999 in der Marderhohle in Tagewerben.
Ein Bild vom Bau der Benjeshecke 1999 in der Marderhohle in Tagewerben.
PETER LISKER /ARCHIV (LISKER Lizenz