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Kammermusik-Flügel fährt Schlitten auf steiler Treppe

Von BÄRBEL SCHMUCK 21.10.2009, 17:32

WEISSENFELS/MZ. - Es ist 7 Uhr, im Weißenfelser Heinrich-Schütz-Haus warten Kisten und Schränke darauf, abgeholt zu werden.

Zusammen mit einem halben Dutzend Mitstreitern des Transportunternehmens aus dem Burgenlandkreis steht der 39-Jährige Gewehr bei Fuß. Der große Koffertransporter ist startklar für den Umzug von der Musikergedenkstätte in der Nikolaistraße 13 zum Fürstenpalais, Leipziger Straße 9. Es ist nur ein Katzensprung bis zum Interimsdomizil, das den Mitarbeitern des Heinrich-Schütz-Hauses und ihrem Inventar für viele Monate Heimstatt sein wird, weil sich das Schützhaus in eine Baustelle verwandelt. Umfangreiche Sanierungsarbeiten stehen für die Wiederinstandsetzung der Komponierstube an (die MZ berichtete).

Zuerst verstauen die Männer um Jens Fahnert die kleinen Kisten mit Büromaterialien im Möbelkoffer auf Rädern. "Etwa 150 Kartons haben wir im voraus gepackt und diese beschriftet, damit wir im neuen Domizil wissen, was sich in welchen Kartons befindet", nennt Musikwissenschaftlerin Henrike Rucker nur ein Beispiel der unzähligen Vorbereitungen des Musikvereins. Ob Margit und Peter Schmidt, Marion Mendrock, Wolfgang Deuser oder Barbara Lohse: Sie und andere haben sie mit zugefasst und etliche Utensilien vom historischen Musikinstrument über die Kaffeetasse bis zum Kugelschreiber zu Fuß ins Fürstenhaus geschafft, bevor die Möbelpacker von der Spedition anrückten. Auch das Heinrich-Schütz-Gemälde erhielt im Vorfeld persönliche Begleitung ins barocke Palais.

Alles geht per Dirigat Schlag auf Schlag und Hand in Hand. Fahrer Steffen Handrick hat nicht nur die Verantwortung am Steuer. Der 45-Jährige ist auch fürs Laden und Verstauen der Fracht zuständig. "Es kann nicht jeder hochgehen und irgendwo was hinstellen", erklärt der Naumburger im Stauraum des rollenden Riesen. Neben Muskelkraft und Geschick kommt es auf Kopfarbeit an, schildert Jens Fahnert. Deshalb bilden er und Handrick mit Frank Schumann (48) und Matthias Thielemann (39) ein eingespieltes Team.

Das ist besonders wichtig für den Transport des Flügels, dem schwersten Stück. Das gut 250-Kilo-Teil die schmale Treppe hinunter zum Laster zu bugsieren, ist aber für die Spediteure kein Kunststück. Denn das Quartett fährt mit dem Kammermusik-Flügel Schlitten. "Wir müssen nur noch ein bisschen Schnee bestellen", ulkt Thielemann. "Die Treppe ist ein bisschen bösartig, aber wir kriegen das schon hin", sagt er.

Bevor es losgeht, nimmt Frank Schumann dem Instrument behutsam die Verdeckung ab. Vorsichtig legen die Transportarbeiter den Koloss auf die Seite und schrauben ihm die Füße ab. Dann wird ein Aluminiumschlitten passend auf die Breite des Flügels eingestellt, dieser auf den Spezialschlitten gehievt und befestigt. Mit Tragegurten geht es die steile Treppe hinab. Zur Sicherheit sind die Lehrlinge Marc Rückert, Steve Hüneburg und Alexander Neidel als Verstärkung zur Stelle.