1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Jugend kehrt Heimat Rücken

Jugend kehrt Heimat Rücken

Von Bärbel Schmuck 02.02.2007, 21:35

Weißenfels/MZ. - "Die Jugend muss dorthin gehen, wo die Arbeit ist", sagt Werner Zierfuß aus Weißenfels. Während Tochter Maren (35), die als Lehrerin arbeitet, mit Mann und achtjähriger Tochter in Leipzig lebt, hat es den Sohn Bert nach Dänemark verschlagen. 1999 machte der heute 26-Jährige sein Abitur. In Halle lernte der stets sehr kunstbegabte Weißenfelser Bert Zierfuß seine jetzige Freundin - eine Dänin - kennen und folgte ihr als gelernter Trickfilm-Animateur nach Skandinavien.

Über die Feiertage besuchte der Saalestädter seine Eltern. "Jetzt werden wir unseren Sohn ein halbes Jahr lang nicht sehen", erklärt Werner Zierfuß. Das schmerze zwar, aber wichtig sei, dass der Junior Arbeit habe, die ihm Spaß mache. Viele junge Leute aus Berts Abiturzeit haben Weißenfels den Rücken gekehrt,um nicht perspektivlos zu bleiben. Björn Dreyhaupt ist hier geblieben. Er weiß, dass sich ehemalige Klassenkameraden in Österreich, München, Landshut, Stuttgart, Mainz, Hamburg und Stralsund niedergelassen haben. Der Weißenfelser hat nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in seiner Stadt Arbeit gefunden. "Ich habe das große Glück, mich hier engagieren zu dürfen", erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Maik Reichel im SPD-Büro in der Burgstraße.

Sein Arbeitstag sei lang und der Dienst abwechslungsreich. Die Sehnsucht nach einer eigenen Familie ist herauszuhören. Seine jüngere Schwester Franziska, die als Angestellte im kaufmännischen Bereich mit ihrem Mann und der sechs Monate alten Tochter Julia in Leipzig zu Hause ist, beneidet er da schon ein bisschen. "Meine Bekannten sind entweder viel jünger oder viel älter als ich, weil meine Jahrgänge größtenteils ausgeflogen sind", bedauert der 26-jährige Diplomkaufmann. Die Ausnahme bilde Kumpel René Wandschneider, der an der Merseburger Fachhochschule beschäftigt sei und mit dem er sich regelmäßig treffe.

"Ich bin in der Welt zu Hause, aber in Langendorf, vor den Toren von Weißenfels, daheim", sagt Ulrike Deutschmann. Nur zwei Mal im Jahr kommt die 29-jährige Lektorin nach Hause, um ihre Eltern zu besuchen und die drei Jahre jüngere Schwester Eva zu treffen. Während Ulrike Deutschmann in Moskau an zwei Universitäten Deutsch als Fremdsprache unterrichtet, vorher in Vietnam und Malaysia als Ethnologin Berufserfahrungen sammelte, ist ihre Schwester dabei, in Hamburg Fuß zu fassen. Für ein englisches Unternehmen erarbeitet die Computervisualistin Programme. "Überstunden sind selbstverständlich", sagt die 26-Jährige. Für eine eigene Familie habe sie jetzt gar keine Zeit. Sie müsse sich reinknien, um beruflich bestehen zu können. "Denn mein Arbeitsvertrag gilt zunächst für ein Jahr", erklärt Eva Deutschmann.