1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Entdeckungen in Weißenfels: Entdeckungen in Weißenfels: Bachs Schrift auf der Spur

EIL

Entdeckungen in Weißenfels Entdeckungen in Weißenfels: Bachs Schrift auf der Spur

Von andreas richter 17.01.2014, 17:48
Bach-Forscher Peter Wollny im Gespräch mit Henrike Rucker vom Schütz-Musikverein.
Bach-Forscher Peter Wollny im Gespräch mit Henrike Rucker vom Schütz-Musikverein. Peter Lisker Lizenz

weissenfels/MZ - Um es vorwegzunehmen: Ein Ohrenschmaus im engeren Sinne war er nicht, der erste Abend dieses Jahres einer Veranstaltungsreihe des Musikvereins „Heinrich Schütz“ mit eben jenem wohlklingenden Namen. Ein Ohrenschmaus konnte es auch gar nicht werden, weil jene von Johann Sebastian Bach aufgeschriebenen Noten, die Bach-Forscher Dr. Peter Wollny im vergangenen Jahr in Weißenfels entdeckt hatte, seit dem 18. Jahrhundert noch nicht gespielt worden sind.

Doch auch ohne Klangerlebnis wurde der jüngste Vortragsabend im Heinrich-Schütz-Haus zu einer hochinteressanten Veranstaltung. „Ich bin überrascht von der großen Resonanz“, so Henrike Rucker, Geschäftsführerin des Schütz-Musikvereins, kurz vor Beginn der Veranstaltung. Und in der Tat war in dem kleinen Vortrags- und Konzertraum in der ersten Etage kaum noch ein freier Stuhl zu bekommen, als Wollny über seine Forschungen anhand der Bach-Handschriften zu berichten begann.

Wollny konnte sich noch genau an jenen 5. März vergangenen Jahres erinnern, als er bei Recherchen im Weißenfelser Heinrich-Schütz-Haus eine sehr gut erhaltene Handschrift des Barockkomponisten fand. Die Entdeckung besteht aus 13 Stimmheften - vier davon hat Bach selbst geschrieben, der Rest wurde von so genannten Kopisten, vermutlich Schülern Bachs, notiert. Beeindruckend für den Laien, wie es dem profunden Kenner der Bachschen Handschrift gelungen ist, anhand kleinster Details der Notenschreibung herauszufinden, aus welchem Jahr die Abschrift einer Messe des italienischen Komponisten Francesco Gasparini (1661-1727) stammt. Da hilft es eben weiter, wenn man weiß, dass sich Bachs Handschrift wie die eines jeden Menschen im Laufe seines Lebens verändert und er zwischen 1739 und 1742 halbe Noten anders geschrieben hat als davor und danach.

„Es gibt noch viel zu entdecken“

„Jede Handschrift hat Geschichten zu erzählen“, so Wollny, der seit Anfang dieses Jahres das Bach-Archiv in Leipzig leitet. Und so sind die im Weißenfelser Schütz-Haus entdeckten Abschriften laut Wollny eine wichtige Bereicherung für die Bach-Forschung geworden. Erlauben sie doch Einblicke in die Musikpflege der damaligen Zeit in Leipziger Kirchen. Auf Grundlage der Handschriften habe er seine Forschungen zu Personen, die in Verbindung zu Bach standen, vertiefen können. So berichtete Wollny den Musikfreunden im Schütz-Haus über ein Projekt am Leipziger Bach-Archiv, in dem man die Lebensgeschichten der Thomaner, also jener Schüler der Thomasschule, die durch Bach und seine Nachfolger ausgebildet wurden, erforscht. Gleich zwei ehemalige Thomaner seien in Weißenfels als Kantoren tätig gewesen.

Eines machte der kurzweilige Vortrag schließlich deutlich: Am Ende ist Wollny mit seinen Forschungen noch lange nicht. „Es gibt noch viel zu entdecken“, sagte er. Und letztlich habe ihn der Notenfund von Weißenfels in seiner Auffassung bestärkt: Es lohne sich, jedes Blatt Papier zu bewahren, das Aufschluss geben kann über die reiche Musiktradition jener Zeit.