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Dienstleistung  Dienstleistung : Eine bittere Pille

Von Petra Wozny 13.08.2013, 20:22
Nach 50-jähriger Geschichte ist die Stadt-Apotheke von Hohenmölsen geschlossen worden.
Nach 50-jähriger Geschichte ist die Stadt-Apotheke von Hohenmölsen geschlossen worden. Petra Wozny Lizenz

Hohenmölsen/MZ - Ein Metallgitter verschließt die Eingangstür. Die Schaufenster sind trübe, dahinter herrscht gähnende Leere. An einer Scheibe der Stadt-Apotheke von Hohenmölsen steht: „Wegen Umbaus vorrübergehend geschlossen“. Die seit einem halben Jahrhundert bestehende Einrichtung gibt es nicht mehr. Zurück sind irritierte Patienten geblieben. Gerade solche, die Pflegehilfsmittel oder Inkontinenzprodukte beziehen, sind an eine Apotheke gebunden. Mit einem Mehraufwand an Arbeit, jedoch für die Patienten nahtlos, geht in Hohenmölsen die Versorgung mit Medikamenten aber durch die Apotheken im Kirschberg-Center und die Neue Apotheke weiter. Die MZ hat sich in beiden Einrichtungen gestern umgesehen.

„Der ehemalige Inhaber hat mir seine Apotheke angeboten“, schildert Ina Leischner, die seit 20 Jahren die Neue Apotheke in der Stadt leitet. Die 46-Jährige habe dankend abgelehnt. „Mit meiner Apotheke und vier Kindern habe ich genug zu tun“, ist ihr Argument.

Auch Stephan Flössel, der seit 1995 im Kirschberg-Center eine Apotheke betreibt, griff bei diesem Angebot nicht zu. „Der Inhaber meinte, er schließe aus persönlichen Gründen. Für mich war der Kauf einer weiteren Einrichtung mit zu großen wirtschaftlichen Risiken behaftet“, sagt der 44-Jährige geradezu.

Beide Einrichtungen haben in den letzten Tagen gespürt, dass sie plötzlich einen erhöhten Mehraufwand zu erledigen hatten. Leischner schätzt ein, dass etwa ein Fünftel mehr Kunden in ihrer Apotheke zu betreuen seien. „Natürlich hatten die Patienten aus der ehemaligen Stadt-Apotheke Berührungsängste gehabt. Eine Apotheke ist ja doch immer damit verknüpft, dass man sich vertrauensvoll an die dort beschäftigten Fachleute wendet“, weiß Leischner.

Umso günstiger habe es sich ausgewirkt, dass sie seit anderthalb Jahren Jaqueline Stehr in ihrem Team von acht Mitarbeitern weiß. „Ich habe in der Stadt-Apotheke gelernt und bin dort fast zwei Jahrzehnte geblieben. 2011 habe ich mich umgesehen, wollte einfach woanders hin. Das hat jetzt mit der Schließung nichts zu tun gehabt“, beteuert die Tauchaerin. Sie fühle sich in der Neuen Apotheke wohl und freue sich nun über bekannte Gesichter. „Traurig bin ich, dass meine ehemaligen Kolleginnen nun alle arbeitslos sind. Es hat sie wirklich Hals über Kopf getroffen. Das ist bitter“, sagt sie. Die Mitarbeiterinnen seien erst vier Wochen vor dem Aus von der Situation unterrichtet worden. Die Patienten hätten einen Zettel in die Hand gedrückt bekommen, worauf sie informiert worden seien, sich nach einer anderen Apotheke umzusehen. Ina Leischner bemüht sich, aus dem Team der ehemaligen Stadt-Apotheke noch weitere Kräfte bei sich zu beschäftigen.

„Ich denke, zwei Apotheken in Hohenmölsen sind vollkommen ausreichend“, schätzt Leischner ein, was auch Flössel bekräftigt. Beide erinnern daran, dass die Region schrumpft. Das Potenzial an Mitarbeitern in den Apotheken sei gut, die Zeit für Beratungen vorhanden. Der Lieferservice werde gut angenommen. Die Einrichtungen werden alle zwei Stunden mit Arzneimitteln beliefert, so dass die Wartezeiten für die Kunden außerordentlich kurz sind. Keiner der Patienten solle sich Sorgen machen, beteuert Ina Leischner und Stephan Flössel stimmt zu.

Stephan Flössel in seiner Apotheke im Kirschberg-Center.
Stephan Flössel in seiner Apotheke im Kirschberg-Center.
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Chefin Ina Leischner (li.) im Gespräch mit Jacqueline Stehr. Stephan Flössel in seiner Apotheke im Kirschberg-Center.
Chefin Ina Leischner (li.) im Gespräch mit Jacqueline Stehr. Stephan Flössel in seiner Apotheke im Kirschberg-Center.
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