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Diebstahl auf A 9 Diebstahl auf A 9: Gas setzt Fahrer außer Gefecht

Von klaus-dieter kunick 05.12.2013, 09:36
Dicht an dicht stehen die Lastwagen nachts auf den Parkplätzen an den Autobahnen und sind lukratives Ziel von Dieben.
Dicht an dicht stehen die Lastwagen nachts auf den Parkplätzen an den Autobahnen und sind lukratives Ziel von Dieben. Peter Lisker Lizenz

weissenfels/MZ - Wut, Angst und auch Resignation geht unter den Kraftfahrern um. Immer wieder werden an Lastwagen Planen aufgeschlitzt, Waren gestohlen, Diesel abgezapft. In Windeseile hatte sich am Mittwoch daher auf dem Parkplatz in Osterfeld an der Autobahn 9 der Diebstahl von 148 Fernsehgeräten während der Nacht zum Mittwoch herumgesprochen. „Ich habe es im Radio gehört“, sagt Stefan Huhn. „Es wird leider immer schlimmer“, klagt der 46-Jährige, der seit 24 Jahren den Beruf ausübt. Mittlerweile reiche es nicht mehr aus, nur die Tür der Fahrerkabine abzuschließen. Er nehme Gurte und spanne die innen von Tür zu Tür. Ein Kollege habe ihm erzählt, dass die Täter Gas in die Kabine sprühen, um unbemerkt „arbeiten“ zu können.

Ende Juli wurden bei Kontrollen auf den Autobahnen in der Region 65 Lkw und Busse kontrolliert. Dabei stellte die Autobahnpolizei 85 Verstöße fest. In fünf Fällen wurde die Weiterfahrt untersagt, das betraf allesamt die Lkw. An 29 kontrollierten Lkw gab es 24 Beanstandungen. Der Zuständigkeitsbereich der Autobahnpolizei Weißenfels erstreckt sich auf rund 200 Kilometer auf den Autobahnen 9, 14, 38 und 143  (kdk)

Einen wirksamen Schutz vor den Dieben gebe es nicht. Er lasse manchmal an seinem Lkw die hinteren Türen offen, damit die Diebe gleich sehen, hier sei nichts zu holen. Im Moment fahre er Stahl, den könne niemand so einfach anheben und klauen. Er sei auch schon von der Autobahn heruntergefahren und habe sich in ein hell erleuchtetes Industriegebiet gestellt.

„Selbst wenn ich hören würde, dass sich Diebe an meiner Ladung zu schaffen machen, würde ich nicht aussteigen“, berichtet ein anderer Fahrer. „Ich weiß doch gar nicht, wie viele Leute sich an meinem Lkw zu schaffen machen.“ Er habe Angst, wenn er sich am Sonntagabend von seiner Frau zu Hause verabschiede, dass er nicht wieder gesund ankommt. Die Brutalität habe stark zugenommen. „Die Täter werden immer dreister, das steht fest“, ist sich auch Hartmut Künzl aus Staßfurt sicher. 1 000 Liter Diesel seien ihm vom Lkw nachts abgezapft worden. „Angst darf man aber nicht haben“, meint Dietmar Weber (44). Denn wenn Angst im Spiel sei, brauche er gar nicht mehr auf den Lkw zu steigen. Ihm sei schon Diesel gestohlen worden, auch Rampen, die zum Auffahren von Fahrzeugen auf den Sattelschlepper benötigt werden. „Zuerst denkst du, ob du die vielleicht verloren hast, bis du merkst, dass sie gestohlen wurden“, so der Mann aus Nordfriesland. Nach dem Diebstahl habe er seine Firma angerufen, damit die neue Rampen besorgt. Das kostet Zeit und Geld.

Frust macht sich unter vielen Fahrern breit. „Das ist erst so schlimm geworden, seit die Grenzen nach Osteuropa auf sind“, macht sich ein 59-Jähriger aus Bayern Luft. „Mir haben sie auch schon die Plane aufgeschlitzt. Beim zweiten Mal habe ich so viel Druck von meinem Chef gekriegt, dass ich Angst habe, meine Arbeit zu verlieren. Was soll ich machen? Ich muss noch ein paar Jahre durchhalten, einen anderen Job kriege ich nicht.“ Seinen Namen der Zeitung preisgeben? „Um Gottes Willen.“

Dass gerade hier in der Gegend viele Diebe nachts unterwegs sind, hat auch Holger Noffke mitbekommen, der in der Nähe von Staßfurt wohnt. „Den Tankdeckel schließe ich nicht mehr ab. Wenn du das machst, wüten die Diebe um so mehr und der Schaden ist noch viel größer als der Verlust des Diesels“, so der 53-Jährige. Auch er habe schon gehört, dass die Täter das sogenannte K. o.-Gas in die Fahrerkabine einströmen lassen. Einem Kollegen sei das nachts passiert als er schlief. Er habe am anderen Tag so einen merkwürdigen Geschmack im Mund gehabt - und seine Fahrerkabine war total leer geräumt.

Dietmar Weber zeigt die Rampen, die ihm gestohlen wurden.
Dietmar Weber zeigt die Rampen, die ihm gestohlen wurden.
K.-d. kunick Lizenz