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Personalnotstand Asklepios-Klinik Weißenfels: Hebammen kündigen in Krankenhaus zum Jahresende

23.09.2017, 09:43
Haben ihre Verträge  mit  der Klinik gekündigt:  die Hebammen  Angela Köhler, Elisabeth Gandyra, Cornelia Köhler und Sybille Körner (v.li.).
Haben ihre Verträge  mit  der Klinik gekündigt:  die Hebammen  Angela Köhler, Elisabeth Gandyra, Cornelia Köhler und Sybille Körner (v.li.). Peter Lisker

Weißenfels - Aderlass im Weißenfelser Krankenhaus: Alle sieben freiberuflichen Hebammen werden das Haus in den nächsten Monaten verlassen. Sechs Beleghebammen haben ihre Verträge mit der Asklepios-Klinik gekündigt.

„Uns reicht’s. Seit anderthalb Jahren machen wir die Klinikleitung immer wieder auf die Personalnot bei der Geburtshilfe aufmerksam. Doch bis jetzt hat sich nichts getan“, sagt Angela Köhler, eine der Hebammen, die ihren Vertrag mit Asklepios jetzt gekündigt hat.

„Wir sind schon jetzt überlastet“, bestätigt ihre Kollegin Sybille Körner, die seit 2001 einen Vertrag mit dem Weißenfelser Krankenhaus hat. Als in den vergangenen Tagen klar wurde, dass zu Jahresbeginn 2018 nur noch vier freiberufliche Geburtshelferinnen an der Klinik übrig bleiben, zogen auch die letzten die Reißleine und kündigten ihren Vertrag.

Hebammen am Krankenhaus Weißenfels: Verschärft neue Regelung die Situation?

„Arbeit als freiberufliche Hebamme - das ist ein Rundumpaket, an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden am Tag“, sagt Corina Köhler. Dienste bis zu zwölf Stunden im Krankenhaus seien da nur ein Teil. Hinzu kämen Vor- und Nachsorge der Frauen, Hausbesuche und anderes mehr.

Nun befürchten die Hebammen, dass eine neue Regelung die ohnehin angespannte personelle Situation ab kommendem Jahr weiter verschärfen wird.

Nach einer Einigung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands darf eine Hebamme dann nur noch zwei schwangere Frauen gleichzeitig bei der Geburt betreuen. „Das könnten wir personell überhaupt nicht mehr stemmen“, sagt Corina Köhler.

Krankenhaus Weißenfels: „Gibt einfach zu wenig Hebammen“

Die Hebammen fürchten sogar, in Gewissenskonflikte zu geraten. Würde beispielsweise eine Schwangere in Notlage eingeliefert, während die diensthabende Hebamme bereits zwei andere Frauen betreut, so müsste die Dritte an ein anderes Krankenhaus verwiesen werden.

„Es gibt einfach zu wenig Hebammen“, fasst Corina Köhler das Dilemma aus ihrer Sicht zusammen und versichert im Namen aller Kolleginnen: „Uns geht es nicht in erster Linie ums Geld.“

Die Beleghebamme ist eine freiberuflich arbeitende Hebamme, die mit einer oder mehreren Geburtskliniken einen Belegvertrag abgeschlossen hat oder in einem Krankenhaus mit sogenanntem Belegsystem arbeitet. Die Beleghebamme arbeitet im Schichtdienst im Kreißsaal oder der Wochenstation einer Klinik.

Immer häufiger schließen sich Hebammen zu Praxisgemeinschaften zusammen. Diese bieten bereits vor der Geburt eine umfassende Schwangerschaftsvorsorge und Geburtsvorbereitung an. In Deutschland haben Frauen ab Feststellung der Schwangerschaft einen Anspruch auf eine Hebamme. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für alle Leistungen, die im Hebammenvergütungsvertrag geregelt sind. Die Leistungen der privaten Krankenversicherungen sind vom jeweiligen Vertrag abhängig. In Deutschland muss bei Geburten generell eine Hebamme anwesend sein. Die Betreuung der Frauen wird in der Regel auch nach der Geburt des Kindes fortgesetzt.

Die Weißenfelser Klinik hat die Kündigungswelle bei den Hebammen auf MZ-Anfrage in einer schriftlichen Mitteilung bestätigt. Nach Darstellung der Klinik haben die Hebammen Vorschläge des Hauses zur Entlastung ihrer Arbeit nicht angenommen.

Asklepios-Klinik in Weißenfels: Suche nach neuen Hebammen begonnen

Für Nachfragen, wie denn diese Lösungsvorschläge konkret aussehen, war die Klinik am Freitag nicht erreichbar. „Wir sind mit Hochdruck dabei, eine tragfähige Lösung für die Zukunft zu finden“, heißt es weiter im Schreiben der Klinik.

Man wisse allerdings aus Erfahrung, dass es aufgrund des bundesweiten Hebammenmangels keine leichte Aufgabe werde, neue Beleghebammen zu finden.

Nicht ganz überraschend kommt die aktuelle Situation für Katja Henze, die Gleichstellungsbeauftragte bei der Stadt Weißenfels. Sie hatte in den letzten Wochen im Konflikt zwischen Krankenhaus und Hebammen zu vermitteln versucht.

Hebammen am Krankenhaus Weißenfels: Festanstellung bisher stets abgelehnt

Es sei bedauerlich, dass es zu keiner Einigung zwischen den beiden Seiten gekommen ist, sagte sie gegenüber der MZ. „Es wäre eine Katastrophe, wenn es in einer Stadt wie Weißenfels mit steigenden Geburtenzahlen keine Entbindungsstation mehr gäbe.“

Nach ihrer Ansicht müsste der Hebammenberuf deutlich attraktiver gemacht werden. Ein Weg dazu wäre die Festanstellung von Hebammen. Während das in anderen Einrichtungen, so etwa im Elisabeth-Krankenhaus in Halle, praktiziert wird, habe das Weißenfelser Krankenhaus eine Festanstellung bislang abgelehnt.

Eine feste Anstellung streben nun die bisherigen Beleghebammen der Asklepios-Klinik an. Die Vorteile liegen für Angela Köhler auf der Hand: geregelte Arbeitszeiten, gesetzliche Krankenversicherung und der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung.

Krankenhaus Weißenfels: Betreuung durch Hebammen bis Jahresende gesichert

Einig sind sich Krankenhaus und Hebammen in der Botschaft, dass sich Mütter trotz des Dilemmas zunächst keine Sorgen um ihre Betreuung machen müssen.

„Der Klinikbetrieb und die Versorgung der Patientinnen laufen bis Jahresende uneingeschränkt weiter“, heißt es aus der Asklepios-Klinik. Die freiberuflichen Hebammen werden die Schwangeren weiter in den Praxen „Eva“ in Weißenfels und „Kugelrund“ in Hohenmölsen betreuen. (mz)