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Zwei Jahrzehnte Frauengeschichte

Von HELGA KOCH 27.10.2008, 17:45

SANGERHAUSEN/MZ. - "Es gab viele Frauengruppen, nach der Wende war ja die Euphorie groß, sich zu engagieren. Inzwischen bestehen manche längst nicht mehr oder haben sich woanders angegliedert, andere sind neu entstanden, entweder als Verein eingetragen oder ganz lose. Wir sind eben im Alltag angekommen", sagt Karin Osterloh von der Fraueninitiative Sangerhausen. Die 41-jährige Bennungerin, von Beruf Diätassistentin, hat ein halbes Jahr Zeit zu recherchieren. Bis dahin will sie für eine Broschüre alle Frauengruppen auflisten: angefangen vom Sportverein über die Feuerwehrfrauen bis hin zu Bastelkreisen oder Selbsthilfegruppen, ob bei Parteien, Gewerkschaften oder der Kirche angesiedelt, im Land, den Städten oder in kleinen Orten.

"Allein schaffe ich das nicht. Deshalb hoffe ich auf viele Mitstreiter. Und dass sich Frauen melden, die mal in einer solchen Gruppe aktiv waren und berichten, was daraus geworden ist", sagt Karin Osterloh. Immerhin, manche Frauengruppe existiert schon seit langem. Etwa der Frauentreff "Wir" in Sangerhausen, der sich bei der Arbeiterwohlfahrt trifft.

Oder die Frauengruppe "Kontakte" bei der Arbeits- und Bildungsinitiative Sangerhausen. Neben den Gleichstellungsbeauftragten gehören auch Vertreter dieser "gestandenen" Vereine zum Frauenarbeitskreis, der regelmäßig Probleme diskutiert und Aktionen organisiert.

"Wer neu nach Sangerhausen kommt und sich einbringen will, hat es nicht leicht, Kontakt zu finden und was zu unternehmen", begründet Karin Osterloh. "Und viele Frauen sitzen zu Hause, haben keine Arbeit und trauen sich nicht, in eine Gruppe oder einen Verein zu gehen, in dem sie fremd wären. Sie haben 100 000 Ausreden und versauern vorm Fernseher."

Bedenklich, meint auch Christine Lange, Vorsitzende der Fraueninitiative, dass es kaum noch Frauengruppen gibt, deren Mitglieder jünger als 40 sind. "Frauen um die 50 organisieren sich eher." In den 90er Jahren habe es mehr Veranstaltungen für Frauen gegeben, sie hätten sich untereinander getroffen. "Die Politik war damals auch noch an Frauen interessiert. Inzwischen sind bei Wahlen die vorderen Listenplätze sowieso durch Männer besetzt. Frauen sollten sich mehr zutrauen und wieder selbstbewusster werden."

Ähnlich sieht das die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Mansfeld-Südharz, Undine Knorr-Linde: "Es gibt so viele Frauen, die im Hintergrund was machen, ob bei der Feuerwehr oder im Sport. Im Präsidium sitzen aber die Herren." Auch wenn schon "kleine Meilensteine bei der Gleichstellung der Frauen erreicht" worden seien, halte sie es für "wichtig, mal den Dschungel an Anlaufstellen zu sichten" und sich einen Überblick zu verschaffen, wo Frauenarbeit passiert und Frauen mitmachen können - vor allem auch die Jüngeren. "Das Frauenbild und das Rollenverständnis haben sich verändert. Das müssen wir berücksichtigen."

Wer als Zeitzeugin über die Frauenarbeit seit 1990 berichten kann, Frauengruppen leitet oder sich engagieren will, sollte sich bei Karin Osterloh, Fraueninitiative Sangerhausen, Darrweg 1a, Tel. 0 34 64 / 57 65 04 melden.