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Wirbel um Waldbad geht weiter

Von Manfred Deideck 07.06.2006, 16:38

Stolberg/MZ. - "Mit dieser symbolischen Pacht entsteht der Stadt Schaden, der Eigenbetrieb muss nämlich in Größenordnungen Einnahmen erwirtschaften, so auch aus Mieten und Pachten, um Löhne zahlen zu können", bezieht Stolbergs Stadtrat Uwe Schmidt (FDP) in einem Schreiben, das der MZ vorliegt, Position. Darin nimmt er Bezug auf die Willenserklärung des Stadtrates, der in der nichtöffentlichen Sitzung das Waldbad als Angelgewässer verpachtet hat (die MZ berichtete). Die Mehrheit der Abgeordneten war dafür.

Es sei klar zu regeln, dass der stadteigene Betrieb kostendeckend arbeiten kann. Deshalb halte er es für "skandalös und dramatisch", den Anglern das Objekt zu einer Jahrespacht von 120 Euro zu überlassen ohne das Ganze im Zusammenhang mit dem Betreiben des Eigenbetriebes Tourismus- und Stadtwirtschaft zu sehen.

Uwe Schmidt konnte selbst aus dienstlichen Gründen nicht an der letzten Ratssitzung teilnehmen. Er bemängelt so auch, dass der Stadtrat zustimmte, ohne dass der künftige Nutzer des Areals ein Betreiberkonzept vorgelegt hatte. Laut Schmidt sei es auch ein Trugschluss, zu glauben, dass die Leute jetzt verstärkt während der Freiluftsaison in das Freizeitbad "Thyragrotte" zum Baden gehen. "Das funktioniert so nicht", konstatierte der Liberale. Schmidt forderte des weiteren die Reaktivierung der Bürgerinitiative, die im August 2004 zur Rettung der Freizeiteinrichtung "im Sinne einer Renaturierung des Waldbades (naturnaher Bereich)" gegründet worden war.

Auf der Tagesordnung der nächsten Ratssitzung müsse ein Aufhebungsbeschluss mit der Begründung gefasst werden, dass alle Maßnahmen zur Renaturierung und die Aufnahme des Badebetriebes einzuleiten sind, so Schmidt weiter. Sein Vorschlag ist die Gründung eines Bewirtschaftervereins aus der Bürgerinitiative, der natürlich ein Betreiberkonzept vorzulegen habe. Für die Renaturierung war im Haushalt 2005 eine Summe von 5 000 Euro eingestellt. Im beschlossenen Investitionsplan von 2006 bis 2009 taucht diese Summe erst wieder im Jahr 2009 unter der Bezeichnung "Renaturierung Waldsee" auf.

Auch Ratsmitglied Fritz Bösche (parteilos) sieht dringenden Handlungsbedarf. Als Befürworter der Erhaltung des Waldbades richtet sich seine Kritik an die Vorgehensweise bei der Verpachtung. Er wirft Bürgermeister Ulrich Franke (FDP) vor, dass die Angelegenheit Waldbad nicht im Finanzausschuss behandelt worden sei.

"Da es sich hier um eine sehr attraktive Liegenschaft handelt und einen erheblichen Vermögensteil der Gemeinde darstellt, ist eine Verpachtung, Vermietung oder ein Verkauf nur durch ein objektives Gutachten eines Sachverständigen möglich", meinte Bösche.

Er äußert auch seine Bedenken hinsichtlich des Ablaufs bei der Abstimmung im Stadtrat. So sei in dem nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung bei der Abstimmung der Vorsitzende der Angler-Ortsgruppe, Olaf Bierschenk, als Interessent für das Grundstück zugegen gewesen wie auch der Stadtrat Heinz Bierschenk als Verwandter. Er soll für die Verpachtung gestimmt haben.

Olaf Bierschenk war am Mittwoch auf MZ-Anfrage nicht bereit, zu sagen, was die Stolberger Petrijünger konkret mit dem Gelände vorhaben. Wie berichtet, haben sie bereits Fische eingesetzt noch bevor die Stadt ihre Entscheidung getroffen hatte, den Anglern den Zuschlag zu geben.

Für das Objekt hatte sich unter anderem auch die Deutsche Lebens- und Rettungsgesellschaft beworben. Es soll aber noch weitere Interessenten gegeben haben.

Grotesk ist ebenso: Erfurter Hochschüler haben sich unter anderem im Rahmen ihrer Projekttage im Mai mit "Entwicklungsszenarien zum Waldbad" befasst. Das Ergebnis wurde am Mittwochabend der Öffentlichkeit vorgestellt.