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Industriepark Mitteldeutschland Industriepark Mitteldeutschland: Stadt sieht noch Hoffnung für das Vorhaben

Von Grit Pommer 10.01.2017, 10:00
Ist der Riss im Projekt Industriepark Mitteldeutschland noch zu kitten? Die Sangerhäuser Hamster dürfen nicht während des Winterschlafs ausgegraben werden. Möglicherweise aber zu einem anderen Zeitpunkt.
Ist der Riss im Projekt Industriepark Mitteldeutschland noch zu kitten? Die Sangerhäuser Hamster dürfen nicht während des Winterschlafs ausgegraben werden. Möglicherweise aber zu einem anderen Zeitpunkt. Montage/Archiv/Kandel

Sangerhausen - Die Stadt Sangerhausen hat jetzt den Investor, der im Industriepark Mitteldeutschland einen großen Gartenbaubetrieb ansiedeln will, zum Einreichen des Bauantrags aufgefordert. „Für uns war erkennbar, dass der Antrag bis zum Ende des Jahres eingereicht werden sollte. Daran haben wir jetzt noch einmal erinnert“, sagte Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) am Montag auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung.

Für Bauarbeiten der Gartenbaufirma liegt kein prüffähiger Antrag vor

Das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg hatte in der vergangenen Woche keine besondere Dringlichkeit gesehen, das Ausgraben der auf der Fläche lebenden Feldhamster ausgerechnet jetzt während des Winterschlafs zu erlauben. Als einen der Gründe für diesen Beschluss führte das Gericht an, dass für die Bauarbeiten am Gartenbauzentrum, die eigentlich schon im März beginnen sollten, bisher noch gar kein prüffähiger Antrag vorliegt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatte vor Gericht in Frage gestellt, „ob überhaupt ein ernsthaftes Investment im Gebiet der Antragstellerin (der Stadt Sangerhausen - d. Red.) geplant sei“ und unter anderem damit argumentiert, dass es bisher lediglich eine Bauvoranfrage für den ersten Bauabschnitt gebe.

Das geht aus der Begründung des Gerichtsbeschlusses hervor, die der MZ vorliegt. Auch das Gericht zweifelte demnach an, dass die Hamster sofort ausgegraben werden müssen. Der Vorhabenträger könne eine solche Dringlichkeit auch nicht dadurch herbeiführen, dass er bereits termingebundene Lieferverpflichtungen eingeht.

Gibt es noch Chancen für den Industriepark?

In der Begründung des Gerichtsbeschlusses findet sich aber auch eine Passage, die dem Industriepark Mitteldeutschland durchaus noch Chancen einräumt. „Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Umsiedlung der Feldhamster nach Beendigung des Winterschlafs im Frühjahr 2017 mit anschließendem Baubeginn nicht als die für die lokale Feldhamsterpopulation schonendere Variante in Betracht kommt“, heißt es darin. Experten empfehlen das sehr zeitige Frühjahr oder den Spätsommer. Eigentlich wollte die Stadt die Hamster auch schon im Spätsommer absammeln lassen, bis dahin hatte sich der Landkreis aber noch nicht zu einer Ausnahmegenehmigung bewegen lassen.

Das OVG Magdeburg hat sich nicht grundsätzlich zum Absammeln der Hamster geäußert, sondern nur zum Ausgraben der bis zu 40 Hamsterbaue während des Winterschlafs. Den wertete es als besonders schweren Eingriff.

Der Senat geht aber zugunsten der Stadt davon aus, dass „ein zwingendes öffentliches Interesse“ an der Erteilung der Ausnahmegenehmigung besteht, weil durch das Errichten des Gartenbaubetriebs „eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region geschaffen werden kann“, heißt es.

Auch der Landkreis hatte seine Ausnahmegenehmigung gegenüber dem Gericht damit begründet, dass die für das Vorhaben sprechenden Gründe insgesamt schwerer wögen als die für den Schutz des Feldhamsters.

Stadt muss Nachweise für Ausweichflächen für Hamster erbringen

Für einen neuen Anlauf muss allerdings auch die Stadt ihre Hausaufgaben erledigen, räumte Poschmann im MZ-Gespräch ein. So fehlte dem Gericht ebenfalls der Nachweis, dass alternative Flächen für die Hamster verfügbar sind und dass sich bei der geplanten Umsiedlung der Zustand der Hamsterpopulation nicht verschlechtert.

Auf der Fläche für den ersten Bauabschnitt der Gartenbaufirma wurden im August und September 27 Feldhamsterbaue und 45 Röhren gefunden, so dass Experten auf dieser Fläche mit 30 bis 35 bewohnten Bauen rechnen.

Laut BUND lebt ausgerechnet auf der Industriepark-Fläche der Kern der Sangerhäuser Hamsterpopulation. Schon die Umsiedlung von 40 Tieren könne den Fortbestand der Population gefährden, heißt es.

„Ich habe den Industriepark Mitteldeutschland noch nicht aufgegeben“, sagte Poschmann am Montag. In einer Sondersitzung will er am Mittwoch mit dem Stadtrat die weitere Strategie besprechen. (mz)