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In der Mühle hat es gefunkt

18.03.2010, 18:55

HOHLSTEDT/MZ/SRO. - Nach dem Jawort vor dem Standesbeamten gab es damals in der Georgii-Kirche der Stadt auch noch durch Pfarrer Greiner Gottes Segen. Heinz Rudolf Linnemann (82) stammt aus Sangerhausen. Er war das einzige Kind des Färbermeisters Linnemann und dessen Frau, die als Schneiderin arbeitete. Herr Linnemann hatte begonnen, einen kaufmännischen Beruf zu erlernen, da kamen der Krieg und die Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung kehrte er heim nach Sangerhausen, arbeitete bei der Kreisverwaltung. Nebenbei besuchte er die Abendschule.

Seine Arbeit führte ihn als Mühlenbeauftragter nach Kelbra. 1947 lernte er dort in Rudloffs Mühle seine spätere Frau, Ruth, geborene Kolbe, kennen. Sie stammte aus einer Großfamilie mit sieben Kindern. Bei ihren entfernten Verwandten Rudloff hatte sie während der Kriegszeit die Pflichtjahre absolviert und auch das Kochen gelernt. "Meine Mutter sah gut aus und die Verpflegung hat offensichtlich auch gestimmt", erzählt Sohn Klaus Linnemann schmunzelnd, wie es zwischen seinen Eltern gefunkt hat. Trotzdem dauerte es über zwei Jahre, bis sie den Bund fürs Leben schlossen.

Auf dem Hochzeitsbild ist auch Frau Rudloff zu sehen, die für das Hochzeitsmahl einen Hammel spendierte. "Es waren ja damals noch schwierige Zeiten", sagt der Bräutigam. Schon im Jahr der Hochzeit wurde Sohn Klaus geboren. Damit war das Familienglück komplett. 1953 zog die Familie nach Sangerhausen. Ruth Linnemann (83) arbeitete im VEB Vakuum als Köchin. Für Heinz Rudolf Linnemann folgte nach dem 17. Juni 1953 sozusagen ein Karriereknick. Er hatte während der Unruhen sein Parteibuch verbrannt. Danach wurde er nach Morungen in die Tongrube versetzt, wo er für die Ziegelei die Lok fahren musste. Nach etwa drei Jahren war er rehabilitiert.

In Sangerhausen begann man die Ost- und Westsiedlung aufzubauen. Da war Heinz Rudolf Linnemann für den Kreisbaubetrieb tätig, besorgte republikweit Baumaterial. Anfang der 50er Jahre holte ihn auch noch einmal die Vergangenheit ein: Die Zeit der Gefangenschaft hatte ihn gesundheitlich geschwächt. Seine Tuberkulose wurde in der Lungenheilstätte Albrechtshaus im Harz behandelt. Seine resolute Frau besuchte ihn dort regelmäßig, obwohl es damals noch sehr schwierig war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Mit einer Frau, die ebenfalls ihren Mann besuchte, lief sie die vielen Kilometer von Stolberg aus zum Albrechtshaus. Dabei lernten sie ein "echtes Kräuterweib" kennen, das den beiden Männern offensichtlich das Leben gerettet hat. Entsprechend dankbar erinnert sich die Familie immer an sie. "Ohne diese Frau gäbe es meinen Vater heute nicht mehr", ist Klaus Linnemann überzeugt. Nach der Arbeit waren die Linnemanns gern auf ihrem Grundstück beim Kunstteich und pflegten viele freundschaftliche Kontakte. Inzwischen gehören zur Familie auch die Enkelkinder Steffi und Kay sowie Urenkelchen Nik. Seit drei Jahren lebt das Jubelpaar im DRK-Seniorenzentrum "Goldene Aue" in Hohlstedt.