Patient mit Herzinfarkt Notarzt kommt später: Mann mit Herzinfarkt muss viel zu lange auf Rettungskräfte warten
Querfurt - Kalter Schweiß, Atemnot und stechender Schmerz in der Brust. Für Norbert Haller (Namen geändert) war schnell klar, dass es für seinen Bruder Wolfgang am 17. Juni ums Überleben geht. Als er den Querfurter in dessen Wohnung mit den klassischen Symptomen für einen Herzinfarkt vorfindet, zögert Haller nicht, wählt den Notruf und fordert Hilfe an. „Es vergingen gut 25 Minuten und ich hatte schon ein zweites Mal angerufen, bis endlich der Krankenwagen und ein Notarzt eintrafen“, erzählt Haller. Doch wieso dauerte es so lange, bis die Rettungskräfte bei dem Patienten waren?
Richtwert: Nach zwölf Minuten sollen Rettungskräfte bei Patienten sein
Vor einigen Tagen hatte er in der MZ gelesen, dass Rettungskräfte im ganzen Land Sachsen-Anhalt oft deutlich länger als im Gesetz vorgesehen brauchen, um bei Hilfesuchenden einzutreffen und erinnerte sich an den Fall seines Bruders, der in diese Bild passt.
Das Rettungsdienstgesetz sieht vor, dass Rettungswagen nach spätestens zwölf Minuten beim Patienten sein sollen. Notärzte sollen den Einsatzort nach maximal 20 Minuten erreichen.
Die Fristen sind allerdings nicht festgeschrieben, sie sind eher eine Orientierungsgröße, anhand derer die Träger des Rettungsdienstes, also die kreisfreien Städte und Landkreise, den Rettungsdienst in ihren jeweiligen Gebieten entsprechend organisieren. Doch was lief im konkreten Fall schief? Warum dauerte es solange, bis Wolfgang Haller Hilfe erhielt?
Auf MZ-Anfrage erklärt der Landkreis, dass der Notruf aus Querfurt um 22.49 Uhr einging. In weniger als 50 Sekunden sei dann ein Rettungswagen zu dem Patienten losgeschickt worden. Dieser brauchte allerdings erheblich länger als üblich, denn es war nicht der in Querfurt stationierte Rettungswagen, der sich auf den Weg machte, sondern jener in Bad Lauchstädt.
„Aufgrund eines weiteren zeitlich vorausgegangenen Einsatzes der vorgehaltenen Querfurter Rettungsmittel, einem Rettungswagen und einem Notarzteinsatzfahrzeug, kam es zu einem so genannten Duplizitätsfall“, sagt Kreissprecherin Kerstin Küpperbusch.
Betroffenem Querfurter wird in Eisleben das Lebe gerettet
Bei einem solchen Duplizitätsfall werden umliegende Rettungsmittel aktiviert - der Rettungswagen kam eben aus Bad Lauchstädt, der Notarzt sogar aus Eisleben. Der Landkreis hat für solche Fälle nämlich mit dem Nachbarkreis Mansfeld-Südharz entsprechende Vereinbarungen getroffen.
Am Ende waren Rettungswagen und Notarzt nach 23 Minuten beim Patienten, also gut elf Minuten nach der laut Gesetz vorgesehenen Zeit. Aufgrund des Verdachts auf Herzinfarkt kam Wolfgang Haller schließlich ins Krankenhaus in Eisleben. Dort retteten ihm Ärzte das Leben, wie sein Bruder berichtete. Gleich zwei Herzattacken seien dort festgestellt worden.
Norbert Haller kritisiert, dass in den Nachtstunden in einer Stadt wie Querfurt lediglich ein Rettungswagen für Notfälle bereitsteht. „Das kann doch nicht sein“, sagt er. Tatsächlich bestätigt auch der Landkreis, dass es zwischen 19 und 7 Uhr nur einen einsatzbereiten Rettungswagen in der Quernestadt gibt. Tagsüber stünden hingegen zwei zur Verfügung.
Grundlage für diese Entscheidung sei ein Bedarfsgutachten aus dem Jahr 2017. „Der Ermittlung der Anzahl und der zeitlichen Bemessung der Vorhaltung der Rettungsmittel ging eine umfangreiche statistische Auswertung voraus“, sagt Saalekreis-Sprecherin Kerstin Küpperbusch. Generell spielten bei der Bewertung die zu erwartende Anzahl der Einsätze und deren Häufigkeit eine Rolle.
Ein Notarzt mitsamt Fahrzeug werde rund um die Uhr vorgehalten. „Bei der Bedarfsermittlung zu notwendigen Vorhaltungen sind darüber hinaus auch gebotene Aspekte der Wirtschaftlichkeit zu beachten“, ergänzt Küpperbusch.
Ob sich an Stationierung von Rettungswagen etwas ändert, ist noch nicht klar
Ob sich nach dem jüngsten Vorfall an der Bereitstellung etwas ändert, war zunächst unklar. Die Kreissprecherin verwies auf die kontinuierliche statistische Betrachtung. Entsprechend werde reagiert. Durch eine Vielzahl von Anpassungen, unter anderem wurden zwei neue Rettungswachen in Betrieb genommen und Notarztstandorte verändert, hat sich die Quote bei den Hilfsfristen seit 2016 zum Positiven entwickelt. Damals kamen Rettungswagen in 78,63 Prozent der Einsätze innerhalb von zwölf Minuten beim Patienten an. 2018 lag die Quote bei 87,67 Prozent. (mz)