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Nach Panne beim Rettungsdienst Nach Panne beim Rettungsdienst: Diese Hilfsfristen gelten für Sanitäter und Notärzte

Von Michael Bertram 20.04.2017, 07:00
Ein Rettungswagen fährt mit Blaulicht zu einem Unfalleinsatz.
Ein Rettungswagen fährt mit Blaulicht zu einem Unfalleinsatz. dpa

Merseburg - Eine Rettungsdienst-Panne im Saalekreis sorgt weiter für Wirbel. Nachdem bekannt wurde, dass Ende März ein Rettungswagen 33 Minuten statt der üblicherweise zwölf Minuten zu einem Einsatz nach Ermlitz brauchte und ein Mensch womöglich auch deshalb starb, rückt die generelle Einhaltung der Hilfsfristen für Sanitäter und Notärzte in den Fokus. Diese sind seit vielen Jahren im Rettungsdienstgesetz Sachsen-Anhalts festgelegt. Eingehalten werden sie landesweit jedoch nur selten.

Innerhalb von zwölf Minuten sollen demnach Rettungswagen an den Einsatzorten sein, Notärzte hätten theoretisch noch acht Minuten mehr Zeit. „Die festgelegten Hilfsfristen sind jedoch keine zwingende rechtliche Vorschrift, sondern nur eine planerische Größe“, betont Hartmut Handschak, Vize-Landrat des Saalekreises. Anhand der Fristen sollen die Landkreise und Träger des Rettungsdienstes prüfen, ob es in ihren Zuständigkeitsbereichen weiße Flecken gibt.

Fristen für Rettungsdienste: Hundertprozentige Erfüllung praktisch nicht möglich

Weil eine hundertprozentige Erfüllung praktisch nicht möglich ist, macht das Rettungsdienstgesetz auch nur die Zielvorgabe, die Hilfsfristen in mindestens 95 Prozent der Einsätze einzuhalten.

Doch selbst die werden im Saalekreis nicht erreicht. Wie die Zahlen belegen, waren in den  Jahren 2014 und 2015  Rettungswagen im Altkreis Merseburg-Querfurt in rund 80 Prozent der Fälle innerhalb von zwölf Minuten vor Ort. „Im vergangenen Jahr lagen wir ebenfalls bei 80 bis 83 Prozent“, erklärt Handschak. „Im Landesvergleich stehen wir also gar nicht so schlecht da“, meint er  und verweist indirekt  etwa auf den Harz oder Wittenberg, wo Werte deutlich unter der 80-Prozent-Linie zu Buche standen, wie bereits im vergangenen Jahr aus einer Antwort der Landesregierung auf eine entsprechende Anfrage aus der Fraktion der Linken im Landtag hervorging.

Hilfsfristen für Sanitäter und Notärzte: Derzeit wird ein Gutachten erarbeitet, das im Mai vorliegen soll

Mit den erreichten Werten will sich der Landkreis jedoch nicht begnügen. „Wir überarbeiten gerade unseren Rettungsdienstplan, um zu sehen, in welchen Bereichen des Kreises wir nachbessern müssen“, sagt der Vize-Landrat. Derzeit werde dazu ein Gutachten erarbeitet, das im Mai vorliegen soll. Abhängig von den Erkenntnissen müsse dann entschieden werden, ob zum Beispiel mehr Rettungsfahrzeuge oder gar neue Rettungswachen vorgehalten werden müssen.

Letztere Option schloss Handschak jedoch bereits nahezu aus. Bezüglich der reinen Logistik sei man im Kreis gut aufgestellt. „Wir müssen in Randbereichen jedoch schauen, ob es nicht eine Zusammenarbeit mit anderen Rettungsdienstbereichen sinnvoll erscheint.“
Eine solche war im konkreten Fall Ermlitz zuletzt jedoch gehörig schiefgelaufen. Aufgrund einer Straßenbaustelle konnte die Hilfsfrist durch den Saalekreis nicht mehr eingehalten werden, weshalb der Kreis die Stadt Halle um Hilfe bat.

Rettungsdienst im Saalekreis: Nicht immer liegen die Ursachen für Verspätungen auf der Hand

Aufgrund mangelnder Absprachen zwischen Stadt und Rettungsdienstunternehmen wusste die Besatzung des Krankenwagens jedoch nichts von der Baustelle und landete zunächst in einer Sackgasse.

Nicht immer liegen die Ursachen für verspätetes Eintreffen an Einsatzorten derartig auf der Hand. Wie Handschak sagt, spiele die Infrastruktur genauso eine Rolle wie das Wetter. Im Winter könne ein Krankenwagen eben nicht so schnell fahren wie im Sommer. Das sieht das zuständige Innenministerium in Magdeburg ähnlich. Sprecher Christian Fischer betont jedoch auch, das nicht überall im Land Standorte von Rettungswachen optimal gewählt seien und überdacht werden müssten.

Hilfsfristen für Rettungsdienste: Einheitliche Standards werden entwickelt

Man entwickle zurzeit einheitliche Standards für Vorgaben an die Landkreise und kreisfreien Städte, um die Hilfsfristen besser einhalten zu können. „Als Konsequenz aus der Überschreitung der Hilfsfrist und in Auswertung vorliegender Statistiken werden seit 2014 fortlaufend intensive Gespräche mit den Trägern des Rettungsdienstes geführt“, sagte Fischer. Dadurch konnte die Einhaltung der Hilfsfristen bei den Rettungswagen seit 2014 um 6,61 Prozentpunkte gesteigert werden, bei Notärzten sogar um mehr als sieben Prozentpunkte.

Probleme bereiten den Landkreisen darüber hinaus auch die steigenden Einsatzzahlen. Seit 2013 wurden allein im Saalekreis fast 3.000 mehr Einsätze gefahren, zuletzt waren es im vergangenen Jahr laut Angaben der Kreisverwaltung 24.072 Fahrten. „Nicht immer handelte es sich um akute Erkrankungen, die einen Krankenwagen erforderlich machen, aber im Zweifel müssen die Retter natürlich ausrücken“, meinte Handschak - mit der Folge, dass sie an manchen Tagen kaum noch hinterher kommen. (mz)