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Schlossfestspiele in Wernigerode Schlossfestspiele in Wernigerode: Mitmachtheater in Weiß

Von Uwe Kraus 12.08.2013, 19:00
Leporello (Jani Kyllönen) und der Komtur (Per-Anders Hedlund) in der Wernigeröder Inszenierung.
Leporello (Jani Kyllönen) und der Komtur (Per-Anders Hedlund) in der Wernigeröder Inszenierung. PKOW/Bein Lizenz

WErnigerode/MZ - Regisseur Maximilian Ponader hat Wort gehalten. Versprach er doch: „Wer Don Giovanni kennt, hat ihn so noch nicht erlebt“, und dass das Publikum auf Überraschungen gefasst sein muss. Die erlebte die Schar derer, die Mozarts Werk im Schlosshof genießen wollte. Die Wernigeröder Schlossfestspiele warten mit einem Ensemble auf, zu dem man den Veranstaltern nur gratulieren kann. Die Oper wirkt grandios besetzt. Selten harmonierten hier darstellerisches Temperament, Charakter der Stimme und Ausstrahlung so perfekt.

Internationales Ensemble

In Wernigerode steht ein internationales Ensemble auf dem Schlosshof, das gesanglich höchsten Ansprüchen genügt. Was hervorsticht: All die Solisten nebst Wernigeröder Singakademie harmonieren wunderbar mit einem von MD Christian Fitzner bestens präparierten Philharmonischen Kammerorchester, das voller Transparenz und Sinn für Zwischentöne musiziert. Franziska Gruschka am Cembalo tritt dabei noch mal heraus.

Was E.T.A. Hoffmann einst als die Oper aller Opern würdigte, erhält nun eine neue Facette. Der Hamburger Regisseur Maximilian Ponader offeriert eine Orgie in Weiß, Mitspiel- und Mitdenktheater, das mit der Nichtfarbe als Projektionsfläche spielt. Für ihn dreht sich alles im Kosmos der Nysen, eine spezielle Art von Bühnenakteuren, weiße Fantasiewesen, die sich konkreten Rollenzuordnungen entziehen.

Das Publikum, das bereits am Eingang mit weißen Farbsymbolen als Mitspieler gekennzeichnet wird, soll Akteur des Spektakels werden, von den Zuschauerstühlen geholt werden, Menuett mittanzen und „Komm in die Hölle-Rachen“ mitsingen, was in der Premiere nur partiell gelingt. Satte drei Stunden hört das Publikum hin und mischt mit. Denn in den Reihen haben Choristen Platz genommen, die ihre Nachbarn zum Mitmachen animieren. Den Titel gebenden zwanghaften Frauenhelden singt in der puristischen Ausstattung, die ganz auf die Ausstrahlung der räumlichen Gegebenheiten des Schlosses setzt, Christian Oldenburg. Der deutsche Charakterbariton singt expressiv, besticht aber ebenso mit innig-sensiblen Tönen. Weiß er um die Zerrissenheit seines Ichs, die Verwerfungen und möglichen Beziehungs-Bruchstellen?

Anna Baxter offenbart große Momente von edlem Klang

Seine Rolle ist eher beim jugendlichen Potenzprotz - die Rolle schrieb Mozart dem 22-jährigen Luigi Bassi auf den Leib - als beim alternden Lebemann angelegt. Oldenburg hat gelernt, wie man Stimme färbt, ob man Frauen ansäuselt und Kraft des Gemächts energiegeladen in Arien ausdrückt. Er kann und mag wohl nicht monogam lieben. Besonders starke Momente hat der Sänger, wenn er mit Donna Elvira auf der Bühne steht. Die Amerikanerin Anna Baxter offenbart große Momente von edlem Klang. Da blitzen schöne Koloratur-Höhen, in mittleren und tiefen Lagen wirkt ihre Stimme ohne Fehl und Tadel. Im emotional geladenen „Ah! Chi mi dice mai“ paart sie mit kernigem lyrischen Sopran Raserei mit darstellerischer Ausdruckskraft. Als jugendlicher Leporello chargiert Jani Kyllönen zwischen treuem Leibwächter, sich windendem Schlawiner, Gutherzig- und Ängstlichkeit. Hervorzuheben neben seiner Mimik sind stimmliche wie körperliche Beweglichkeit. Einen bühnenpräsenten, durch den Federbusch auf dem Kopf arg überzeichneten Komtur gibt der bestens aufgelegte Schwede Per-Anders Hedlund.

Aufführungen Dienstag und Mittwoch, Freitag, 16. August, und Samstag, 17. August, jeweils um 19.30 Uhr. Kartenanfragen unter Tel. 03943/5 53 78 35