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Quedlinburg Quedlinburg: Bescherung in gemütlicher Runde

Von ANDREAS BÜRKNER 26.12.2010, 17:59

QUEDLINBURG/MZ. - Sehr besinnlich ging es an Heiligabend im "Restaurant mit Herz" der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in der Quedlinburger Weberstraße zu. Etwa 30 meist einsame Menschen, "viele von ihnen sind alleinstehend", erklärte Anke Gercke, die Leiterin Soziale Dienste im Awo-Kreisverband Harz, fanden sich am späten Nachmittag zu einer kleinen Weihnachtsfeier im Schein der Kerzen zusammen.

Trotz des Schneefalls hatten sie sich auf den Weg zum gemeinsamen Singen und Plaudern gemacht, um ein paar Stunden in Gesellschaft anderer zu sein und sich in die Betreuung der hilfsbereiten Mitarbeiterinnen zu begeben. "Sie sind alle so lieb, nett und freundlich", kennt die Rentnerin Sonja Behrens die Arbeit der ehrenamtlichen Helferinnen nicht nur aus den täglichen Besuchen des Hauses, sondern auch von den weihnachtlichen Überraschungen: "Seit vielen Jahren bin ich schon am 24. Dezember hier." Vielleicht kommt sie auch wegen des einmaligen Erlebnisses eines Freiwilligen-Chores, "der nur zu diesem Anlass einmal im Jahr zusammenkommt", wie Pfarrer Martin Genz betonte. Während er die Weihnachtsgeschichte verkündete, übernimmt einer seiner Vorgänger, Ex-Pfarrer Horst Hofmann, nicht nur die Organisation des Auftritts, sondern belebt das kleine Programm auch noch mit Gedichten. In einem davon schlug er vor, den Weihnachtsmann einfach abzulenken und während dieser Zeit die Adressen auszutauschen. "Damit entscheidet nicht der Reichtum der Eltern über die Geschenke, sondern können auch ärmere Kinder tolle Überraschungen erleben."

Doch für die Anwesenden war schon das Zusammensein ein Geschenk, ein Thema, worüber auch Bürgermeister Eberhard Brecht bei seinem Besuch sinnierte. "Oft erkennt man den Wert eines Geschenks erst viel später", verwies er auf das "Geschenk Gottes vor über zweitausend Jahren im Stall von Bethlehem". Seitdem werde das damals über dem Stall aufgegangene Licht bis heute fortgetragen. Er hatte dabei durchaus auch die Menschen im Blick, welche selbst an einem solchen Tag aus beruflichen Zwängen oder der Nächstenliebe für andere da sind. Mit der Familie stimmte er in den festlichen Gesang ein, der mit einem gemeinsamen "Oh du fröhliche" endete.

"Diese schöne Tradition gibt es schon seit zehn Jahren", freut sich Marlies Röbbeling, die Chefin des Hauses in Quedlinburg, über den tollen Auftritt der Sänger, aber auch "über die große Unterstützung von vielen Sponsoren, ohne welche ein solcher Abend nicht möglich wäre". Doch nicht nur sie, sondern auch die ehrenamtlichen Helfer, jeweils sechs Frauen seien an den Weihnachtstagen im Einsatz, würden für das Wohlbefinden der Menschen sorgen. "Dann können wir halt erst später mit der Familie feiern", beschrieb beispielsweise Beatrix Becker die Einstellung stellvertretend für die Kolleginnen, welche den Dienst an anderen Menschen vorziehen. "Wenn wir die glänzenden Augen der Gäste sehen, ist das der Dank für unsere Arbeit."

Viele der Besucher kennen sie schon als Gäste der Harzer Tafel und des "Restaurants mit Herz". Ob es nur eine kleine Rente gibt oder Arbeitslosengeld II bezogen wird, die Gründe für die Unterstützung durch die Awo sind vielfältig. "Es geht doch nicht nur um die warme Mittagsmahlzeit, sondern auch um den Kontakt", drückte Sonja Behrens die Möglichkeiten zum Reden und zur Geselligkeit aus und lobte besonders das Personal: "Sie haben immer ein offenes Ohr." Gab es zum Abendbrot an Heiligabend noch als typisches Gericht Kartoffelsalat und Bockwurst, so einte die regelmäßigen Besucher im Restaurant schon die Vorfreude auf den ersten Weihnachtsfeiertag. Tags darauf wartete eine tolle Überraschung auf die Mittagsgäste - ein festliches Dreigang-Mittagsmenü, bestehend aus Hochzeitssuppe, Hirschbraten, Rotkohl und Klößen sowie zum Abschluss Eis mit heißen Himbeeren. "Dafür allerdings muss ein kleiner Eigenbetrag bezahlt werden", verwies Marlies Röbbeling darauf, dass selbst das Restaurant mit Herz nicht immer alles kostenfrei abgeben könne wie noch zur Bescherung am 24. Dezember.

Durch den Winter sicher heimgebracht wurde Sonja Scholz von Sohn Rainer Schulz und dessen Freundin Anja Matschke, die trotz erlernter Berufe scheinbar keine Anstellung finden. "Deshalb sind die Gespräche hier sehr hilfreich", freuten sie sich, "unter netten Menschen sein zu können" und hoffen noch auf viele weitere Treffen.