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Nicht nur Knetfiguren wollen: Weg mit Hindernissen

Von KERSTIN BEIER 20.04.2009, 17:20

QUEDLINBURG/MZ. - Premiere im Studiokino Eisenstein im Quedlinburger Kulturzentrum Reichenstraße. Gespannt sitzen alle in den Reihen: zehn Jugendliche, die in einem halben Jahr mühevoller Fusselarbeit ihren ersten eigenen Animationsfilm gedreht haben, Verantwortliche vom Bildungszentrum Teutloff als Träger dieser Maßnahme, Vertreter der Arge Quedlinburg und der Stadt sowie Stefan Helmholtz vom Kulturzentrum, das den Film in Auftrag gegeben hatte.

Besonders die Jugendlichen sind aufgeregt. Doch dann passiert es: Der Beamer gibt seinen Geist auf, es muss ein neuer besorgt werden, ehe "Weg mit Hindernissen" über die Leinwand flimmern kann. Live ist eben live, und die unfreiwillige Pause verschafft Zeit für ein Gespräch mit einem der Teilnehmer, dem 23-jährigen Marco Janitschek. Mit Film- und Fototechnik hatte er zuvor nichts zu tun und vor einem halben Jahr konnte er sich noch nicht vorstellen, wie viel Arbeit es macht, einen nur fünfminütigen Trickfilm zu drehen. Gar nicht zu reden von den technischen Schwierigkeiten, mit der die Gruppe anfangs zu kämpfen hatte.

Doch die Jungen und Mädchen haben sich durchgebissen. Auch dank der Hilfe des Anleiters Christian Werwick, der nicht nur studierter Informatiker, sondern obendrein noch äußerst kreativ ist. Dies und seine Toleranz gegenüber den Jugendlichen hat ihm bei den zehn Teilnehmern enorme Bewunderung eingetragen. "Aus Knete kann der Mann alles machen, was man sich nur vorstellen kann", so Marco, "wir können dankbar sein, dass wir so einen erwischt haben als Chef".

Marco selbst habe im vergangenen halben Jahr vor allem eines gelernt: Ruhe. "Ich bin eher hibbelig", aber das bringe einen bei so einem Projekt nicht weiter. Knete, die unter den Händen von Christian Werwick zu Autos und Menschen werden kann, ist dann auch der wichtigste Stoff, aus dem der Film gemacht ist. In dem Streifen geht es um die Situation von Behinderten in Quedlinburg. Ein Thema, das die Jugendlichen selbst gewählt und umgesetzt haben - die Story ist selbst erdacht, auch der Quedlinburger Straßenzug aus Papier, Pappe und Salzteig stammt von der Hand der Jugendlichen, und auch die technischen Fertigstellung lag in ihrer Hand. Entstanden sind fast 7 000 Bilder, die einzeln bearbeitet werden mussten. Eine "Monsterarbeit", wie Stefan Helmholtz findet.

Ein neuer Beamer ist inzwischen herbeigeschafft, und augenblicklich flimmern bunte Bilder über die Leinwand: tosender Verkehr inmitten von Fachwerkhäuschen, ein Rollifahrer, der nicht über die Straße kommt, weil vorbeibrausende Autos und hohe Bordsteinkanten ihm keine Chance lassen. Der Film ist mit Musik unterlegt, Worte sind nicht nötig, weil die Bilder für sich sprechen.

Am Ende wird klar: Stadtplanung ist noch immer viel stärker an den Bedürfnissen der Autofahrer als an denen der Fußgänger und vor allem der Behinderten ausgerichtet.

Nach der Präsentation sind alle des Lobes voll. Ulrike Döcke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt: "Ich bin total gerührt und weiß gar nicht, was ich sagen soll." Sie hofft, den Film ins Programm zum Tag der Behinderten am 5. Mai integrieren zu können, Arge, Kulturzentrum und Teutloff-Bildungswerk sind so überzeugt von dem Projekt, dass eine Fortsetzung schon feststeht.

Am 27. April beginnt eine neue Video-Maßnahme, diesmal soll es um das Thema Suchtprävention gehen. Ein Teil der Jugendlichen wird wieder mit dabei sein. Maritta Bauch, Standortleiterin bei Teutloff in Quedlinburg, freut sich darüber, weil sie Entwicklungen bei den Jugendlichen gesehen hat: "Sie sind umsichtiger geworden", sagt sie. Und Kristina Imhof von der Arge findet: "Da werden unterschwellig Kenntnisse vermittelt, die sind einfach top.