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Kupfernes Banner überm Bodetal

Von STEPHAN NEEF 15.05.2009, 17:25

THALE/MZ. - Wie am vergangenen Mittwoch, als fünf wagemutige Thalenser am Rande der felsigen Bülowshöhe, hoch über dem Bodetal, eine zentnerschwere, fast vier Meter hohe Wetterfahne "hissten". Nennhuber, der vor drei Monaten die Leitung des Thalenser Harzklub-Zweigvereins übernahm, wartete lieber am Fuße der Felsentreppe das Ende der halsbrecherischen Aktion ab.

Die Fahnenmonteure um Horst Walther, die außerhalb des schützenden Geländers - haarscharf am Abgrund und trotzdem ohne Seil und doppelten Boden - den gusseisernen Mast mit dem kupfernen Banner installierten, waren seine Mitstreiter. Sie gehörten zur vereinseigenen Arbeitsgruppe Naturstation. Mit der Montage des markanten und geschichtsträchtigen Wahrzeichens wurde wieder ein Projekt des Heimatvereins erfolgreich abgeschlossen.

Vor genau 120 Jahren "wehte" die Fahne erstmals auf dem Felsturm, bevor sie in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Erst 1993 rekonstruierte die Neinstedter Bauschlosserei Günther Pollak im Auftrage der Stadtverwaltung das historische Monument, das wie der Name des Granitfelsens und eine Gedenktafel im Hirschgrund an den vielleicht bedeutendsten Pionier des Bodetal-Tourismus erinnert: Joachim Christian Wilhelm Claus von Bülow (1775 - 1834).

"Der braunschweigische Gutsbesitzer-Sohn wurde 1816, nach 25-jähriger Dragoner-Laufbahn, zum Regierungsrat ernannt und als Oberforstmeister für den Forst-Inspektionsbereich Thale eingesetzt. In dieser Funktion begann er 1818 mit der Erschließung des Bodetals, ließ beiderseits der Bode Wege in die Felsen sprengen. Bis dahin gab es nur schmale Kletterpfade im Gefels, oft war der Wanderer gezwungen, im Bodebett von Stein zu Stein zu springen. Der Einstieg ins Tal erfolgte vom oberen Rand der Schlucht. Selbst Goethe notierte am 11. September 1785, dass er "von oben herab an den Fluss" klettern musste. Die zahlreichen Flößer und Fischer hatten "Pfähle zwischen die Klippen in den Grund gerammt, lange Ernteseile daran befestigt und sich an diesen Stellen in die Tiefe herunter gelassen, am Abend wurden sie wieder heraufgezogen", berichtete im gleichen Jahr der Naturforscher Johann Ephraim Goeze. Und so dankten die Thalenser "dem Edlen von Bülow, der den Pfad uns bahnte zu diesem Tempel der Natur", wie es auf der Hirschgrund-Tafel heißt. 1830 hatte der Wegebau den Bodekessel erreicht. Nun konnte jeder "sich mit Freudigkeit zwischen den Felsenriesen umschauen und aus voller Brust ausrufen: Wohl gehe es Bülow", schrieb ein zeitgenössischer Reiseschriftsteller.

Der Harzklub hat die Pflege des Bülow-Erbes übernommen. Die jetzige Sanierung der Bülowfelsen-Flagge war nötig geworden, weil vor etwa sieben Jahren das Stadtwappen aus der Fahne herausgeschlagen wurde und die drehbare Mechanik ausfiel. Der Gernröder Werner Mathias, Werkstattleiter für Metallgestaltung an der Hochschule Burg Giebichenstein, fertigte das neue Emaille-Wappen, ein altes Antriebsteil eines "Trabant" sorgt nun dafür, dass sich die Wetterfahne wieder dreht. Zugleich wurden alle Teile der Anlage gründlich überholt und mit einem Schutzanstrich versehen.

Damit habe "ein besonderer Platz in unserem schönen Bodetal wieder sein historisches Gesicht erhalten", freute sich Nennhuber. Es lag wohl auch am frühsommerlichen Kaiserwetter und der grandiosen Aussicht, die sich von der Bülowshöhe bietet, dass Bürgermeister Thomas Balcerowski von einem Augenblick sprach, "in dem ich mich freue, Bürgermeister zu sein".

Der nach Bülow benannte Aussichtspunkt liegt wenige Meter unterhalb des Roßtrappen-Berghotels, unmittelbar am "Präsidentenweg". Er ist ausgeschildert.