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«Jugendarbeit, das ist meine Welt»

Von Frank Ruprecht 24.06.2008, 16:23

Gernrode/MZ. - Am 30. Juni endet die Amtszeit des 67-Jährigen. Damit gehen 18 Jahre politische Verantwortung, 14 Jahre als Bürgermeister und vier Jahre als stellvertretender Bürgermeister zu Ende.

Es hat sich viel getan

Zurückschauend auf diese Zeit, habe sich in dem schmucken Harzstädtchen viel getan - eine neues Gewerbegebiet, der Wohnungsbau im Osterfeld, die neue Sekundarschule und das Feuerwehrdepot, Verkaufseinrichtungen und ein gestalteter Marktplatz.

Aber auch 90 Prozent der Straßen bekamen neue Schmutzwasserkanäle, Trinkwasser- und Gasleitungen, es wurden Parkplätze geschaffen oder Werterhaltungen sowie Umbauten an verschiedenen Gebäuden der Stadt vorgenommen. Nicht zu vergessen; die Verlängerung der Strecke der Harzer Schmalspurbahn bis hin nach Quedlinburg, um nur die größten Veränderungen aufzuzeigen.

"Das Grobe ist geschafft, weitere Objekte sind in der Vorplanung", hinterlässt Grundmann geordnete Verhältnisse. Bekannt über die Kreisgrenzen hinweg wurde Gernrode schließlich durch einige Höhepunkte wie das Harzfest, das Ottonen-Fest, Veranstaltungen in der Stiftskirche, Ausstellungen in der alten Elementarschule, die Kuckucksuhr und das größte Thermometer sowie überregionale Veranstaltungen der Vereine der Stadt.

"Für diese rasante Entwicklung unserer Stadt möchte ich mich bei allen Beteiligten und Einwohnern bedanken", brachte es Grundmann kurz auf den Punkt. Denn die Liste derer wäre ziemlich lang.

Als Werner Grundmann am 6. Juni 1941 das Licht der Welt erblickte, ahnte niemand, dass er später mal eine solche Popularität im Harz erreichen würde. 1945 verschlug es ihn aus dem schlesischen Geburtsort Gutschendorf, in der Gegend der heutigen Städte Wroclaw und Legnica, nach Gernrode. Zunächst Metalldrücker gelernt, ließ er sich später in der Gernröder Firma Schleritt zum Kfz-Schlosser ausbilden.

Rekorde aufgestellt

Sein leichtathletisches Talent wurde von Irmgard Koch im Sportunterricht an der Berufsschule in Quedlinburg entdeckt, die ihm dann riet, zum Training bei Erich Joch von Traktor Quedlinburg zu gehen. Bei Teilnahmen an DDR-Bestenermittlungen brachte es der junge Mann schließlich auch zu Rekorden - 51,5 Sekunden beim 400-Meter-Lauf und 1,82 Meter im Hochsprung. Irmgard Koch war es auch, die Werner Grundmann 1960 sozusagen überredet hatte, ein zweijähriges Studium an der Sportschule in Leipzig aufzunehmen und Sportlehrer zu werden. Denn zu jener Zeit wurden Sportlehrer gebraucht.

Seit 1970 Lehrer

Noch während des Fernstudiums, das er 1965 beendete, heiratete er 1963 seine Frau Margarete (64), die ihm die zwei Söhne Jörg (44) und Jens (36) schenkte. Über die Schulen in Ballenstedt und Westerhausen landete er wieder an der POS in Gernrode, an der er seit 1970 als Lehrer für Sport und Geographie arbeitet. Aber schon 1961 galt es für Grundmann, seine politische Heimat zu finden. Er trat in die damalige LDPD ein. "Für mich war es wichtig, immer liberal zu sein", begründete Grundmann diesen Schritt. Auf dem sportlichen Erbe des damaligen Sportlehrers Karl Meves aufbauend, knüpfte er enge Kontakte zur ehemaligen BSG Aufbau Gernrode mit Karl Stadelbauer an der Spitze, um 1973 einen Patenschaftsvertrag zwischen der Schule und der BSG abzuschließen und jedem Schüler eine sportliche Betätigung zu ermöglichen. Und das trug auch Früchte. Über 90 Prozent der Schüler waren sportlich engagiert - im Fußball, Handball, im Spielmannszug, als Schwimmer, Skisportler oder Leichtathlet. Grundmanns Maxime war stets, für die Jugend auch außerhalb des Schulalltags etwas anzubieten und widmete sich deshalb auch der Arbeit der Kommission Jugendfragen und Sport der Stadtverordnetenversammlung. Aber auch über 30 Parteifreunde ließen sich von dem Wirken des liberaldemokratischen Sportlers "anstecken" und unterstützten ihn in jeder Art und Weise.

Viele Funktionen

Vielerlei Funktionen füllten die Freizeit von Werner Grundmann, ob als stellvertretender BSG-Leiter, stellvertretender Sektionsleiter Fußball, Übungsleiter der AG Leichtathletik, Übungsleiter der Fußball-Kreisauswahl, Mitbegründer der Sektion Fußball 1964 und Abgeordneter. Wie viel Zeit blieb da für die Familie oder ein Hobby? "Meine Frau musste mich manchmal bremsen, doch die Familie zog immer mit", sagte er. So wuchsen die beiden Söhne praktisch zwischen Sportplatz und Turnhalle im Gernröder Hagental auf. Dann kam die Wende, mit der für Grundmann ein neues, politisches und verwaltungstechnisches Leben begann - als stellvertretender Bürgermeister. Bis 1994 war er Schulleiter in Gernrode und schied gänzlich aus dem Schuldienst aus. Im gleichen Jahr stieg er voll in die Jugendarbeit ein, baute einen Jugendclub neben der Sporthalle im Hagental auf und gewann die Bürgermeisterwahl mit über 80 Prozent der Stimmen. Viele nannten ihn aufgrund seines Engagements auch "Sportbürgermeister", was für Grundmann eine Ehre war.

Sein Hauptziel war seitdem der Bau einer neue Sekundarschule, die schließlich am 26. Mai 1997 eröffnet wurde. Sieben Jahre später ging er erneut ungeschlagen aus dem Rennen der nächsten Wahl zum Stadtchef. Politisch immer aktiv, arbeitete er zwei Wahlperioden im Kreistag mit, beteiligte sich zweimal an den Landtagswahlen als FDP-Spitzenkandidat im damaligen Wahlkreis und kandidierte einmal zur Landratswahl im Auftrag seiner Partei, für die er immer gute Ergebnisse einbrachte. "Mir war meistens klar, dass man die Großen nicht schlagen kann", meinte Grundmann, der aber nie etwas unversucht lassen wollte.

Zwei Schicksalsschläge

Allerdings musste das langjährige Stadtoberhaupt auch zwei Schicksalsschläge gesundheitlicher Art "wegstecken". Im Jahr 2003 und im vorigen Jahr machten ihm zwei Krebserkrankungen zu schaffen, die er aber "gut überstanden" hat. "Ich habe immer positiv gedacht und bewusster gelebt, bin den Berufsalltag etwas ruhiger angegangen, habe aber beim Engagement nicht nachgelassen", erzählt er froh. "Ich freue mich auf meinen neuen Lebensabschnitt, der sich mehr auf Privates beschränken wird", hat Grundmann sich endlich vorgenommen. Und dazu zähle auch das Reisen. Allerdings: ganz aufhören, sich zu engagieren, will Grundmann nicht. Er will sich wieder dem Sport bei Germania Gernrode und intensiver der Jugendarbeit widmen.

Seinem Nachfolger Detlef Kunze (FDP) wünscht er, das bereits Begonnene fortführen zu können. Vieles sei vorbereitet - so auch die anstehende Kommunalreform, bei der es gelte, richtige Akzente zu setzen.