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Harz Harz: Heißt baden gehen ertrinken?

Von DETLEF ANDERS UND KERSTIN BEIER 10.02.2011, 18:42

BAD SUDERODE/MZ. - In Bad Suderode wächst die Sorge um das von Schließung bedrohte Kurzentrum. Während Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD) sich für das Haus einsetzen will, streiten sich die Politiker in Magdeburg, wer schuld ist an der vom Landesrechnungshof gebrandmarkten Steuerverschwendung. Denn während Bad Suderode millionenschwer gefördert wurde und jährlich Verluste einfährt, steht im benachbarten Thale die Bodetal-Therme kurz vor der Eröffnung.

Viel mehr als die "Schuldfrage" bewegt die Menschen in Bad Suderode jedoch, welche Konsequenzen es hätte, wenn im Kurzentrum tatsächlich der Schlüssel umgedreht würde. Die Gefahr ist real, denn der Verlustausgleich, der bisher vom Innenministerium gezahlt wurde, fließt seit Ende vergangenen Jahres nicht mehr.

"Ich werde für das Kurzentrum kämpfen wie ein Löwe", sagte Brecht, dem die Einrichtung mit der Eingemeindung von Bad Suderode tonnenschwer vor die Füße gefallen ist. Trotz aller Probleme: Das Kurzentrum ist nicht nur Arbeitgeber für die dort Beschäftigten, "es hängen viele Existenzen in der Ortschaft dran", so Brecht. Jeder wisse, dass eine kommunale Einrichtung wie das Kurzentrum von vornherein auf dauerhafte Subventionen angewiesen ist. Deutschlandweit gebe es kein vergleichbares Haus, das kostendeckend arbeiten kann. Brecht sieht die Verantwortung ganz klar bei der Landesregierung, dabei sei ihm völlig egal, aus welchem Ministerium die Unterstützung kommt. "Wer ernsthaft erwartet, dass die Stadt Quedlinburg das Kurzentrum dauerhaft subventioniert, der ist ein Zyniker", wehrt er Begehrlichkeiten von vornherein ab. Eine Privatisierung ist aus seiner Sicht keine Lösung. Er kann sich niemanden vorstellen, der sich für ein Unternehmen interessiert, "das jährlich mehr als 1,4 Millionen Euro Minus macht."

Kirsten Lemke, die Chefin des Kurhotels Bad Suderode, hat für die Diskussion um das Kurbad wenig Verständnis. Sie weiß, dass Sachsen das Staatsbad Elster jährlich sogar mit drei Millionen Euro bezuschusst und auch der Kurbetrieb in Bad Salzelmen von Schönebeck mit einer Million Euro unterstützt werden müsste.

Wenn jetzt die Investitionen lauf Gutachten im Kurzentrum getätigt werden, könnte der Zuschussbedarf auf kaum 500 000 Euro reduziert werden, betont sie. Vor zweieinhalb Jahren haben Kirsten und Detlef Lemke das Hotel neben dem Kurzentrum gekauft und die Bettenauslastung mit gutem Marketing kontinuierlich gesteigert. Wenn das Kurzentrum vom Land nicht weiter unterstützt wird, "wäre das für die ganze Region schlimm". 750 Arbeitsplätze und fünf bis sieben Millionen Euro Steuereinnahmen, die in der Region erwirtschaftet werden, hingen letztlich daran, weiß die Hotelchefin. Bei einer Schließung des Kurzentrums müsste sie ihr Marketing ändern.

"Eine Schließung wäre für uns alle das Fiasko. Wir müssten sofort alle entlassen", sagt Uta Hofmann, Chefin des Hotels und der Pension "Kur-Café". Als das Kurzentrum gebaut wurde, seien sie von der Kurverwaltung und dem Land aufgefordert worden, zu investieren, um so viele Betten wie nur möglich zu schaffen. "Wer übernimmt bei einer Schließung die Verbindlichkeiten? Es sind nur ganz wenige, die das aus eigener Kraft geschafft haben", weiß Uta Hofmann auch nach Gesprächen im Gewerbeverein. Ob Kosmetikerin, Friseure, Uhrmacherin oder Fleischer, allen würde eine Schließung des Kurzentrums die Grundlage nehmen.

Hoch erregt ist auch Bianka Kachel, die als stellvertretende Bürgermeisterin und 1993 / 94 als Bürgermeisterin den Bau des Kurzentrums Anfang der 90er Jahre mit initiierte und bis 1996 als Kurdirektorin vorantrieb. "Das Wirtschaftsministerium hat eine Nachsorgepflicht", unterstrich sie angesichts der hohen Förderung. "Eine Schließung wäre konzeptionslos." Viele Kurorte, die nach Bad Suderode Einrichtungen bauten, hätten Förderungen erhalten. Nach Bianka Kachels Meinung wäre das in vielen Bundesländern übliche Modell eines Staatsbades besser. Bei dem Verlust so vieler Arbeitsplätze würde Bad Suderode "zum Dorf verkommen. Die Jugend würde abwandern, das wäre furchtbar."

Sorgen macht sich auch Ilona Heinze, die Verwaltungsdirektorin der Paracelsus-Harzklinik Bad Suderode, die schon mehrere Briefe an die zuständigen Ministerien im Land geschrieben hat. Zwar sieht Ilona Heinze die Reha-Klinik bei einer Schließung des Kurzentrums nicht gleich mit sterben, doch die Patienten haben ein Wunsch- und Wahlrecht und suchen sich die Klinik auch nach dem Umfeld aus. Ein "schwarzer Fleck" ohne gepflegten Kurpark und Kurzentrum wäre auch für die Klinik schlecht. Zudem würde ohne Kurzentrum der Heilbad-Status Bad Suderodes verloren gehen, und dies sei auch ein Punkt, auf den die Kostenträger schauen. "Das Kurzentrum ist wichtig für die Klinik."