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Einweihung Schielo  Einweihung Schielo : Ein Andenken an Karl Blossfeldt

Von Uwe Kraus 14.06.2015, 16:16
In Schielo wurde das Denkmal zum 150. Geburtstag von Karl Blossfeldt übergeben.
In Schielo wurde das Denkmal zum 150. Geburtstag von Karl Blossfeldt übergeben. Chris Wohlfeld Lizenz

Schielo - Bei einer großen Kunstauktion in der Vorwoche schossen die Gebote  für ein Vintage-Print mit einer der legendären Pflanzenbilder von Karl Blossfeldt durch die Decke. Man erzielte 22 000 Euro. Zur Ausstellung „Begegnung Karl Blossfeldt & Neo Rauch“ in Aschersleben strömte zur Eröffnung die halbe Medienwelt. Für den 24. Juli kündigt die Pinakothek der Moderne in München eine Ausstellung an, die Leben und Werk des Künstlers würdigen soll. Im beschaulichen Schielo ehrt man den Mann, dessen Pflanzenfotografien zu den Meilensteinen der Fotografie des 20. Jahrhunderts zählen, aus Anlass des 150. Jubiläums seines Geburtstages ein paar Nummern kleiner. Keine sechs- oder siebenstelligen Geldbeträge, nicht einmal die kunstsinnigen Kreditinstitute aus dem Landkreis trugen sich in die Spendenliste ein. Es sind die Nachbarn, die Mitglieder des „Freundeskreises Karl Blossfeldt“ um Sabine Müller, die mit ihrem Geld dafür sorgen, dass der Harzgeröder Ortsteil seinem ehemaligen Einwohner ein Geburtstagsgeschenk macht: Mitten im Dorf stehen nun zwei Stahlfarne, inspiriert von einem Foto des Hochschullehrers und Fotografen Karl Blossfeldt (1865–1932).

Ann und Jürgen Wilde mit ihrer Stiftung und dem Karl-Blossfeldt-Archiv ist es zu verdanken, dass es heute den weltweit einzigartigen Bestand an originalen Fotografien, Negativen und Dokumenten von Karl Blossfeldt gibt. Der Sohn einfacher Eltern, sein Vater war Gemeindediener, Bauer und Dorfkapellmeister, begann nach der Schule in Harzgerode in der Eisenhüttenwerk Mägdesprung eine Lehre als Kunstmodelleur. Dabei orientierte er sich an den Formen der Natur, die er oft durchstreifte. „1884 tat er einen großen Schritt“, sagt Sabine Müller, „den von Schielo im Harz nach Berlin an die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums.“ Das erste Jahr dort finanzierte der Schieloer Pfarrer Hohmann, danach erhielt Karl das Markwald'schen Stiftungs-Stipendium. So verwundert es nicht, dass zur Übergabe der Stahlfarne am Samstag neben Einwohnern und Kunstfreunden der Oberpfarrer der Evangelischen Landeskirche Anhalts Theo Hering den einführenden Worten von Sabine Müller lauscht. Harzgerodes Bürgermeister Jürgen Bentzius (SPD) ist an diesem für Schielo bedeutsamen Tag voll des Lobes für den Freundeskreis, der sich stark für das Blossfeldt-Werk einsetzt und den kleinen Ort weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt macht. Immerhin gibt es in der Heimatstube mitten im Ort seit zwei Jahren eine „Blossfeldt-Ecke“, als sichtbares Zeichen, dass der Sohn des Ortes nicht vergessen sei.

Doch bei der Einweihung der Erinnerungsstätte klang im Rund auch das Bedauern an, dass es keine verlässlichen Öffnungszeiten gibt, seit die Heimatstube nicht mehr über „Teilnehmer an Arbeitsmarktmaßnahmen“ betreut werde. Die Mitglieder des Freundeskreises haben schließlich Visionen. Nicht alle sind nur von den Finanzen abhängig. Wie wäre es mit einem kleinen Blossfeldt-Pfad, träumt man. „Schielo-Mägdesprung-Aschersleben, es muss ja nicht gleich bis Berlin oder in die Münchner Pinakothek gehen“, finden sie.

„Vielleicht beginnen wir im Herbst mit einer Picknick-Tour zu Fuß oder mit einem Pferdewagen“, lassen sie ihrer Kreativität freien Lauf. „Am Weg könnte man ja Platten mit QR-Codes einlassen, die dies oder jenes erklären, ob über die Ausbildung zum Modelleur und Kunstgießer oder seine Liebe zur Natur, die ihn wesentlich inspiriert hat. Daraus entsprangen seine formenstrengen, meisterlichen Werke, jene Fotos von Pflanzen, die er ungeheuer plastisch aufnahm und vergrößerte.

Selbst bis in den Biologieunterricht hat es Blossfeldt schon geschafft. Schüler verstehen die Begegnung mit dem außerhalb der begeisterten Fachwelt fast vergessenen „zeitgenössische Gewährsmann für die Kunst der Fotografie“, als begeisterndes Aufeinandertreffen mit Strukturprinzipien von Pflanzen, die er durch Isolierung, Vergrößerung und Belichtung ästhetisch herausstellte.

Wer sich das nicht nur im 1928 erstmals erschienen und bis heute gefeierten Bildband „Urformen der Kunst“ anschauen will, der sollte nach Schielo wandern, reisen oder radeln. Den „Freundeskreis Karl Blossfeldt“ kennt rund um den Ort unterdessen zum Glück wohl fast jeder.

Nähere Informationen und Kontakt unter [email protected] oder 039484/83 46 (mz)