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Saalekreis Saalekreis: Brieftauben lassen auf sich warten

Von Frank Czerwonn 13.08.2012, 17:13

Mücheln/MZ. - Steffen Röhl kann nur spekulieren. Denn wirklich sicher weiß der Müchelner bloß: Seine fünf Brieftauben sind Samstag um 8.15 Uhr Londoner Zeit mit tausenden anderen in der britischen Hauptstadt zum Olympiaflug aufgestiegen. Im Heimatschlag angekommen ist aber bisher keine einzige. Dabei hatte der erfahrene Züchter die Tauben bereits am Samstagabend zurückerwartet.

Sein einziger Trost: Auch von den anderen geflügelten Olympia-Startern aus dem Saalekreis und dem Burgenlandkreis fehlt bislang jede Spur. Da die Brieftauben aber keinen Peilsender tragen, kann Röhl nur vermuten, was seine Schützlinge aufhält. "Wir haben seit dem Wochenende extrem starke Nord- und Ostwinde mit Geschwindigkeiten bis zu 30 Kilometern pro Stunde", so Röhl. Sie fliegen also "gegen die Strömung, gegen den Wind", wie Udo Lindenberg einst sang. Dies könne sie sogar vom Kurs abbringen, so Röhl.

Auch der große Radareinsatz zur Sicherheitsüberwachung in London könne die Orientierung der Tauben stören. Ebenso wie das Erdbeben im Iran, weil dies zu Anomalien im Magnetfeld der Erde führen könne. Brieftauben orientierten sich aber am Magnetfeld. "Dieses Phänomen haben wir schon beim G-8-Gipfel in Heiligendamm beobachtet. Aus unerklärlichen Gründen konnten sich die Brieftauben auch damals nur sehr schlecht orientieren." Aber all das seien nur Spekulationen.

Doch wie fliegen die Tauben eigentlich? Im Pulk oder jede für sich? "Solche Weitstrecken-Tauben sind meist Einzelkämpfer", glaubt Röhl. Doch zeigen Beobachtungen, dass sie anfangs oft in großen Gruppen fliegen. "Da kann es schon mal passieren, dass sie ein Stück in die falsche Richtung mitfliegen, weil sie nicht rechtzeitig abgebogen sind."

Immerhin: Die Brieftauben aus dem Ruhrgebiet sind inzwischen eingetroffen, ebenso eine Taubein Nordhausen und einige aus dem Vogtland. "Doch je länger die Strecke wird, um so mehr schwinden die Kräfte", sagt Röhl. Da die Tauben schon sehr lange unterwegs seien, würden sie sich Wasser und Futter auf Feldern suchen, um wieder zu Kräften zu kommen. Röhl schaut weiter suchend gen Himmel. Eines weiß er sicher: "So einen harten Flugverlauf hatten wir seit 20 Jahre nicht." Wer das durchsteht, ist ein wahrer Olympionike.