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MZ-Sommerinterview: Steffen Eichner MZ-Sommerinterview: Steffen Eichner: Wo der SPD-Stadtrat Personal einkürzen will...

23.07.2018, 14:04
Seine eigene Zukunft als Stadtrat lässt Steffen Eichner noch offen.
Seine eigene Zukunft als Stadtrat lässt Steffen Eichner noch offen. Peter Wölk

Merseburg - Der letzte Sommer vor der Kommunalwahl: 2019 bestimmen die Merseburger neu über die Zusammensetzung ihres Stadtrates. MZ-Redakteur Robert Briest spricht deshalb mit den Fraktionschefs über Wahlvorbereitungen und aktuelle Probleme der Stadt. Heute: Steffen Eichner (SPD).

Die Linke hat die Idee, als Reaktion auf steigende Schülerzahlen einen Neubau für die Dürer-Grundschule zu errichten. Wie realistisch ist das?

Eichner: Ich halte den Vorschlag für nicht zielführend, weil wir die Engpässe derzeit nicht im schulischen Bereich haben. Wir sind ja auch gerade dabei den Ausbau der Curie-Schule umzusetzen und den der Grundschule Geusa vorzubereiten. Kritischer ist die Situation bei Kitas. Hier gibt es lange Wartelisten. Auch hier sollte man besser über einen Ausbau bestehender Kitas nachdenken. Nur wenn sich der Bedarf auf ein bestimmtes Gebiet konzentriert, käme ein Neubau in Frage.

Wo sehen Sie denn noch Investitionsbedarf?

Bei Schwimmhalle und Sportstätten. Leuna hat ja vorgeführt, wie man eine Schwimmhalle nicht effektiv saniert. Der Hallentypus ist derselbe wie in Merseburg. Deshalb würde ich von dem Experiment abraten. Andere Kommunen haben stattdessen mit Fördermitteln eine neue Halle gebaut. Die Kosten waren niedriger als für eine Sanierung. Die birgt immer unkalkulierbare Risiken.

Also Neubau statt Sanierung?

Ja. Man sollte die Halle jetzt so gut es geht am Leben erhalten. Aber wenn das nicht mehr geht, sollte man den Neubau als Plan B in der Tasche haben. Den könnte man auch energieeffizienter bauen und so Betriebskosten sparen.

Für den Doppelhaushalt 2020/21 zeichnet sich derzeit ein Defizit von 1,6 Millionen Euro ab. Wie soll das verhindert werden?

Bisher wurde das strukturelle Defizit durch Einsparungen und Steuererhöhungen zu Lasten der Bürger partiell ausgeglichen. Den eigentlichen Ausgleich hat man aber geschafft, in dem man geplante Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen nicht ausgeführt hat. Das ist eine kurzsichtige Politik, die langfristig zu Verfall an Straßen und Gebäuden führt. Deshalb ist es notwendig Personalkosten einzusparen, denn derzeit werden alle Einnahmesteigerungen durch Personalkosten aufgefressen.

Sie kritisieren, dass der Haushalt durch Nichtausgaben geschönt wurde zum Nachteil der städtischen Infrastruktur. Die SPD hat im Frühjahr aber dem FDP-Antrag zugestimmt, im Bereich Instandhaltung 500.000 Euro zu kürzen. Ist das nicht dasselbe in Grün?

Nein. Wir wollten ehrliche Zahlen. Im Haushalt wurde um jeden Euro gekämpft und dann konnte das Geld nicht ausgegeben werden. In einem Jahr blieben 2,7 Millionen Euro übrig. Das ist eine Politik der Potemkinschen Dörfer. Am Ende entscheidet dann nicht mehr der Rat, was gemacht wird, sondern die Verwaltung durch Vollzugsdefizite.

Mit Ihrer Forderung nach weniger Verwaltungspersonal ist die SPD im Rat fast Einzelgänger. Die Stadt hält dem entgegen, dass von 2005 bis 2020 bereits von vorher 366 auf heute etwa 280 Stellen gekürzt wurde.

Ich habe 25 Jahre Verwaltungserfahrung. In der Stadt Merseburg gibt es hundertprozentig Möglichkeiten, Aufgaben effizienter zu erledigen.

Woran denken Sie da konkret?

An die Kernverwaltung, da haben wir 150 Mitarbeiter, andere Kommunen erfüllen mit 120 Mitarbeitern die gleichen Aufgaben. Da geht es nicht um Schwimmhalle oder Tierpark. Das sind Aufgaben, die die Stadt stemmen könnte, wenn sie effektiver arbeiten würde.

Eine Stelle kostet etwa 50.000 Euro im Jahr. Für 1,6 Millionen Euro müssten also 32 Stellen wegfallen. Das ist bis 2020 unrealistisch. Welche Sparansätze sehen Sie sonst?

Keine mehr, außer der Möglichkeit etwas für die wirtschaftliche Entwicklung zu tun. Da krankt es seit Jahren. Die Stadt hat ihre Mitarbeiter reduziert und die Wirtschaftsförderung auf das Mitz ausgelagert. In einer Verwaltung müssen sich alle für wirtschaftliche Ansiedlungen einsetzen, denn die bringen Gewerbesteuern.

Seit vielen Jahren gibt es Bedarf an Industriegebieten, gerade gegenüber von Leuna fehlen Flächen. Die Stadt entwickelt diese allerdings nicht. Bei aller Kritik muss man auch mal betonen, was positiv läuft.

Das wäre?

Die kommunalen Gesellschaften, Stadtwerke und Gebäudewirtschaft, entwickeln sich sehr positiv – auch dank guter Geschäftsführer. Die Stadtwerke haben mit ihren Investitionen in das schnelle Internet einen echten Mehrwert für die Bürger geschaffen.

Bei der Kommunalwahl 2019 könnte die AfD erstmals in den Stadtrat einziehen. Sehen Sie als SPD Ihre Oppositionsrolle gefährdet?

Nein. Wir sind ja die einzige Opposition im Stadtrat. Linke und CDU unterstützen meines Erachtens viele Verwaltungsvorlagen zu unkritisch. Im Stadtrat geht es aber nicht um Parteipolitik, sondern darum, dass Leute mit gesundem Menschenverstand gewählt werden, die die Sachzwänge der Kommunalpolitik erkennen.

Wollen Sie sich noch mal aufstellen lassen?

Da habe ich mich noch nicht entschieden. Ich bin als Vizepräsident im Landesverwaltungsamt beruflich sehr stark eingespannt. Da müssen wir mit der Fraktion besprechen, wie es weitergeht. (mz)