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Merseburg Merseburg: Wird OB-Wahl zur Farce?

Von Dirk Skrzypczak 22.12.2014, 09:24
Stellenausschreibung für ein(n) Oberbürgermeister(in) in Merseburg.
Stellenausschreibung für ein(n) Oberbürgermeister(in) in Merseburg. MZ Satz GmbH Lizenz

Merseburg - In drei Monaten wählt Merseburg einen Oberbürgermeister - aber hat ein Großteil der 34 400 Einwohner am 15. März überhaupt eine Wahl? Während in den Orten rund um die Kreisstadt eifrig Kandidaten für die Bürgermeisterwahlen gekürt werden, herrscht in Merseburg die große Ratlosigkeit. Bis auf Amtsinhaber Jens Bühligen (CDU) hat bislang niemand sein Interesse bekundet, um den Chefposten im Rathaus kämpfen zu wollen. Die etablierten Parteien mit Ausnahme der CDU haben das Problem, dass ihre Charakterköpfe nicht zur Verfügung stehen. Bis zum 23. Februar müssen Bewerbungen vorliegen.

Vor sieben Jahren, als sechs Bewerber antraten, hatten sich Bühligen und Steffen Eichner (SPD) ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. 157 Stimmen fehlten Eichner in der Stichwahl. Ob es der 54-Jährige noch einmal probieren wird, gilt als unwahrscheinlich. Eichner ist seit August 2013 Vizepräsident des Landesverwaltungsamtes in Halle, ein krisensicherer Job. Den SPD-Kreisvorsitz gab er vorher ab, führt im Stadtrat aber noch die Fraktion SPD/Bündnisgrüne. Der promovierte Chemiker ist derzeit im Urlaub und nicht erreichbar.

"Geeignete Leute kann man sich nicht backen"

Dass er einem erneuten Showdown ausweichen wird, lässt Fraktionsmitglied Daniel Stahnke durchblicken. „Wir haben noch keinen Kandidaten. Geeignete Leute kann man sich nicht backen“, sagt Stahnke. Bei der Linken sieht es nicht besser aus. „Die Situation ist ein Armutszeugnis. Wir haben es nicht geschafft, geeignete Leute aus den eigenen Reihen so aufzubauen, dass sie zur OB-Wahl antreten können. Und viele von uns kommen aus Altersgründen nicht mehr in Frage“, sagt Michael Finger. Der Fraktions-Chef der Linken im Stadtrat war zur Wahl 2008 angetreten und in der ersten Runde gescheitert. „Noch einmal mache ich das nicht.“ Finger deutet aber an, dass man sich zusammen mit SPD und Grünen eventuell auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen könne - so es ihn denn gibt. „Ein Spaßkandidat darf es aber nicht sein. Dazu ist das Amt zu wichtig“, meint Finger.

Statt-Partei und Grüne haben sich noch nicht entschieden, zur Zeit aber ebenfalls kein Ass im Ärmel. „Abschließend steht es zwar noch nicht fest. Aber derzeit sehe ich keinen eigenen Kandidaten“, sagt der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel (Grüne). Die Statt-Partei will sich laut ihrem Chef Klaus Oberbacher im Januar erklären. „Wir schauen erst mal, was die anderen Parteien so treiben. Ratlos sind wir jedenfalls nicht“, schiebt Oberbacher nach und spricht von guten Leuten, die man habe. Gut möglich, dass man sich mit den anderen politischen Mitbewerbern auf einen Import einigt - einen Kandidaten von außerhalb. Utopisch ist das nicht, schließlich besteht kein Zwang, dass ein Bewerber in Merseburg wohnen muss. Theoretisch kann er oder sie auch aus dem EU-Ausland stammen.

Das alles spielt Amtsinhaber Jens Bühligen in die Karten. „Davon lasse ich mich aber nicht einlullen. Es gibt einige, die in der Lage wären, das Amt auszuüben. Es bleibt noch Zeit“, sagt der 48-Jährige. Selbst der politische Gegner zollt ihm mittlerweile Anerkennung. Es ist noch nicht lange her, da lieferten sich der Stadtrat und der Oberbürgermeister regelmäßig Scharmützel. Das lag wesentlich an Bühligen selbst, der oft mit dem Kopf durch die Wand wollte und sich damit keine Freunde machte. „Seit er Familie hat, hat er sich völlig verändert“, sagt Finger. Bühligen ist in diesem Jahr Vater geworden und hat geheiratet. Der OB als Familienmensch kommt sympathisch herüber, was es der Konkurrenz zusätzlich schwer macht. (mz)