Keine Nachtruhe: Merseburg: Anwohner wehren sich gegen nächtliches Geläut der Stadtkirche

Merseburg - Es kann der Frömmste nicht in Ruhe schlafen . . . Rund um die Merseburger Stadtkirche jedenfalls scheinen die Anwohner regelmäßig aus dem Schlaf geholt zu werden, denn egal ob 12 Uhr mittags oder Mitternacht - die Glocken der Stadtkirche versehen ihren Dienst - ohne Unterlass. Und das reicht den Anwohnern jetzt.

„Ich bin selbst Mitglied der Kirchengemeinde, und ich liebe meine Kirche“, sagt Hans-Jürgen Nenz, der sich mit seinem Schlafproblem an die MZ gewandt hatte.

Jede Stunde werde man nachts geweckt. Er wüsste nicht, wann er zum letzten Mal eine Nacht durchgeschlafen hat. Auch Dietrich Pauls beklagt, immer wieder aus dem Schlaf gerissen zu werden.

Die beiden Männer vom Entenplan wollen die nächtliche Ruhestörung nicht länger hinnehmen. Sie haben sich auf den Weg gemacht, an allen in Hörweite der Kirche liegenden Häusern geklingelt und Unterschriften gesammelt. „Manche Leute waren regelrecht dankbar, als wir unser Anliegen vortrugen und haben gern unterschrieben“, so Nenz.

Es habe aber auch Leute gegeben, die sich durch den nächtlichen Stundenschlag zwar nicht übermäßig gestört fühlen. „Aber die haben aus Solidarität mit den anderen trotzdem unterschrieben“, erzählt Dietrich Pauls. Insgesamt 105 Unterschriften für eine kirchliche Nachtruhe sind zusammengekommen.

„Vor allem jetzt, wenn der Sommer kommt, und viele bei offenem Fenster schlafen wollen, stört das nächtliche Schlagen der Kirchenglocken“, meint Nenz. Oder Familien, die Kinder haben. „Sie bringen die Kinder um 19 Uhr ins Bett, und um 21 Uhr sind sie wieder wach. Das ist doch Unsinn.“

Seine Forderung: „Von 22 Uhr bis 6 Uhr oder auch 7 Uhr morgens sollten die Glocken schweigen. Das würde sicherlich viele Menschen freuen.“ Außerdem müsse schließlich auch jeder andere die gesetzliche Nachtruhe einhalten.

Der Gemeindekirchenrat hatte sich bereits mit der Frage beschäftigt, ob die Glocken nachts läuten müssen oder nicht. Und man hatte auch recherchiert, ob man die Glocken im Zweifel nachts ruhen lassen könnte. Dazu fehlten derzeit die technischen Voraussetzungen, hieß es vor einigen Wochen von Seiten der Kirche.

Um die Glockenschläge nachts unterbrechen zu können, müsste man ein Steuerungselement einbauen, das allerdings rund 3.000 Euro kosten würde. Das Geld habe man nicht.

Doch hierfür hat Hans-Jürgen Nenz eine Idee. „Man könnte doch eine Kollekte dafür veranstalten. Ich wäre der Erste, der Geld dafür geben würden, und ich könnte mir vorstellen, dass viele Menschen dafür etwas spenden würden.“ Er habe diesen Vorschlag dem Kirchspiel gegenüber geäußert, allerdings leider noch keine Antwort bekommen.

„Das mit der Kollekte ist ein schöner Vorschlag“, sagte Dompfarrer Martin Eberle auf Anfrage der MZ. Man sei in der Sache auch nicht untätig gewesen. „Wir haben den Glockenreferenten der Landeskirche und den Kirchbaureferenten des Kirchspiels Merseburg hinzugezogen und haben eine Begehung der Kirche gemacht, um im Anschluss prüfen zu lassen, welche Schritte möglich wären“, so Eberle.

Der Glockenreferent habe einen Bericht verfasst, der gerade eingetroffen sei. Das Schreiben müsse nun vom Gemeindekirchenrat ausgewertet werden. „Aber natürlich müssen wir dem Problem des offenbar störenden Lärms auf den Grund gehen. Es gibt ja eine Lärmschutzverordnung.“

Wie laut die Glocken der Kirche schlagen, das wollen auch die Anwohner wissen. Deshalb haben sie sich an den Landkreis Saalekreis gewandt. Noch in dieser Woche soll es eine Lärmmessung geben. (mz)