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550 Mitarbeiter betroffen Entscheidung gefallen: Dow schließt große Chemieanlagen in Schkopau und Böhlen

Der US-Konzern Dow schließt aus Kostengründen zwei Chemieanlagen in Mitteldeutschland. Das hat auch Auswirkungen auf andere Unternehmen am Standort.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 07.07.2025, 15:30
Blick auf die Dow-Chemieanlagen in Böhlen: Der US-Konzern schließt aus Kostengründen zwei Chemieanlagen in Mitteldeutschland.
Blick auf die Dow-Chemieanlagen in Böhlen: Der US-Konzern schließt aus Kostengründen zwei Chemieanlagen in Mitteldeutschland. Foto: Jan Woitas/dpa

Schkopau/MZ. - Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus dem Mitteldeutschen Chemiedreieck zurück. Das Unternehmen wird zwei große Chemieanlagen in Schkopau (Saalekreis) und im sächsischen Böhlen schließen, teilte das Unternehmen am Montag mit. Die Anlagen sollen Ende 2027 abgeschaltet werden. Die Zahl der Beschäftigten wird um ein Drittel auf unter 1.000 sinken.

Betroffen sind die Chlor-Alkali- und Vinyl-Anlagen in Schkopau, die Produkte für die PVC-Kunststoffherstellung liefern sowie der sogenannte Cracker in Böhlen. Die Anlage bezeichnet Dow selbst als Herzstück des Olefinverbundes. Dort werden auf Basis von Rohbenzin wichtige chemische Grundstoffe wie Ethylen und Propylen hergestellt. Diese werden an andere Unternehmen im Chemiedreieck geliefert.

„Unsere Branche sieht sich in Europa nach wie vor mit schwierigen Marktdynamiken und einem anhaltend herausfordernden Kosten- und Nachfrageumfeld konfrontiert“, begründet Dow-Konzernchef Jim Fitterling die Schließung. Ganz überraschend kommt das Aus nicht. Dow hatte bereits im April bekannt gegeben, dass die Anlagen auf dem Prüfstand stehen. Damals war allerdings auch eine temporäre Schließung eine Option.

Betroffen vom Rückzug sind 550 der rund 1.500 Mitarbeiter in Mitteldeutschland. Das Unternehmen machte keine Angaben, wie sich die Zahl auf die beiden Standorte verteilt. Der Betriebsratschef des Standorts Böhlen, Andreas Zielke, ist sehr besorgt: „Dow legt in Böhlen einen sehr großen Teil seiner Produktion still.“ Nach seinen Worten müsse jetzt geschaut werden, „wie es mit oder ohne Dow am Standort weitergeht.“

Dow begründet die Produktionsstilllegungen mit vielfältigen strukturellen Herausforderungen in Europa: Dazu gehören Überkapazitäten, die durch zunehmende Importe verschärft werden, geringe wirtschaftliche Wachstumsaussichten, mangelnde Nachfrage aus Schlüsselindustrien, hohe Energie- und Rohstoffkosten, steigende CO2-Kosten. So gibt es in Mitteldeutschland keine Produzenten von PVC mehr. Die Kunden sitzen teilweise in Asien.

Dow-Rückzug aus Mitteldeutschland: 550 Mitarbeiter betroffen

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) führte zuletzt intensive Gespräche mit der deutschen Dow-Führung. Bereits Ende Juni erklärte Haseloff gegenüber der MZ, dass die Werke geschlossen werden. Haseloff sagte weiter, es gehe nun darum, Produktionskapazitäten am Chemiestandort Schkopau zu erschließen, um die Produktketten, die durch den Wegfall des Crackers unterbrochen würden, zu ersetzen und so möglichst wenig Ausgangsstoffe importieren zu müssen.

„Die geplanten Produktionsstilllegungen schwächen den mitteldeutschen Stoffverbund“, sagt Christof Günther, Geschäftsführer des Chemieparkbetreibers Infra-Leuna (Saalekreis), der MZ. In Leuna würden drei Unternehmen mit Ethylen aus Böhlen versorgt. Andere Versorgungswege würden zusätzliche Logistikkosten bedeuten. Werkschließungen befürchtet Günther in Leuna aber nicht. Stoppt das Cracker-Herz, geraten alle anderen angeschlossenen Unternehmen in Gefahr, sagte Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin des Chemieverbandes VCI Nordost.

Schließung der Dow-Anlagen soll möglichst geringe Auswirkungen auf Kunden haben

Dow teilte mit, dass die Auswirkungen auf die Kunden möglichst gering ausfallen sollen. So gebe eine Ethylen-Pipeline aus dem niedersächsischen Stade in die Region, die die Versorgung teilweise übernehmen könne.

Der US-Konzern Dow war nach der Wende der erste große internationale Investor im Chemiedreieck. Das Unternehmen übernahm 1995 den mitteldeutschen Olefinverbund in Schkopau, Böhlen und Leuna.   Das Unternehmen entwickelte die Standorte auch mit neuen Produkten weiter. Das versprach zuletzt auch Dow-Deutschlandchefin Ute Spring, die 2003 ihre Karriere in Schkopau begann. Doch zahlreiche Vorhaben wie eine große Kunststoffrecyclinganlage in Böhlen wurden nicht umgesetzt.