Wo ist das Geld? Schulleiter in Anhalt-Bitterfeld schlagen Alarm beim Digitalpkat
Landrat Andy Grabner spricht mit Schulleitern über Probleme an ihren Einrichtungen. Der Digitalpakt Schule spielt dabei eine wichtige Rolle. Viele fragen nach den Fördermitteln.
Köthen/MZ. - Es war ein Termin mit einer gewissen Brisanz. Landrat Andy Grabner (CDU) hatte am Donnerstagnachmittag alle Schulleiter, für deren Einrichtungen der Landkreis Anhalt-Bitterfeld zuständig ist, in die Kreisverwaltung nach Köthen eingeladen. Die meisten der Eingeladenen kamen mit einem ganzen Bündel von Problemen in die Kreisstadt, anderen brannte nur eine Sache auf der Seele. Fakt ist: Es lag Spannung in der Luft.
Brisante Auflistung
Erst recht auch nach der letzten Veröffentlichung in der MZ, wo die Fortschrittszahlen des Digitalpaktes Schule, die der Landkreis bei der jüngsten Sitzung des Kreistages auch auf vielfachen Wunsch der Kreistagsmitglieder frei ausgelegt hatte, abgebildet waren. In der Folge erreichten viele Anrufe von Schulleitern und Lehrern die Redaktion, in denen auch immer wieder die Frage gestellt wurde: „Wo ist das ganze Geld geblieben?“
Mehr als 500.000 Euro für Berufsschulen
Ein kurzer Exkurs: Der Digitalpakt Schule war 2019 vom Bund beschlossen und mit 6,5 Milliarden Euro ausgestattet worden, 3 Millionen Euro flossen in den Landkreis Anhalt-Bitterfeld, der zu diesem Zeitpunkt für 23 Schulen zuständig war. 800.000 Euro sollten beispielsweise die Berufsbildenden Schulen erhalten, 520.000 Euro in die digitale Ausstattung des Ludwigsgymnasiums in Köthen gesteckt werden. Bereits am 29. Oktober 2020 verkündete der damalige Bildungsminister Sachsen-Anhalts, Marco Tullner (CDU), in dieser Zeitung, dass der Landkreis Anhalt-Bitterfeld als Erster die komplette Förderung abgerufen habe. „Alle Anträge sind bewilligt“, sagte er.
Lehrer ergreifen Eigeninitiative
Einen Monat später wurden die ersten Probleme offensichtlich. Die ersten Laptops wurden ausgeliefert, aber ohne die dazugehörigen Programmpakete. Die mussten die Techniker des Landkreises nachrüsten. In einigen Schulen ergriffen die Lehrer die Eigeninitiative und erledigten diese Arbeit selbst. Ganz davon abgesehen, dass die Anzahl der Gräte nicht dem Bedarf entsprach.
Zweieinhalb Jahre später steht der Digitalpakt Schule rein formell vor dem Auslaufen. Vier von mittlerweile 27 Einrichtungen im Landkreis stehen im Mai vor der Abrechnung. Beim Rest klemmt es.
Hitzige Diskussion
„Zu uns ist der Landkreis einmal gekommen, um das WLAN aufzumessen. Dann wurde davon geredet, dass die Planungsleistungen neu vergeben werden müssten. 507 Euro sollten pro Schüler investiert werden, dass wären etwa 166.000 Euro für unsere Schule. Aber auch ich frage mich, wo das Geld geblieben ist“, sagt HansRainer Homann, der Leiter der Sekundarschule „Am Burgtor“ in Aken. „Jetzt redet der Landrat von Finanzierung mit Eigenmitteln. So steht es jedenfalls in der Liste. Da frage ich mich nun wiederum, wo die herkommen sollen angesichts der mehr als angespannten Haushaltslage.“ Es sei jedenfalls ganz schön hin und her gegangen bei der Beratung mit dem Landrat, teilweise habe ein Wort das andere ergeben.
An der Sekundarschule in Aken liegt eine 30-Gigabit-Leitung der Deutschen Post an, von deren Leistung im Objekt aber nur 30 MB ankommen. „Wenn alle ins Netz ziehen, dann kann man zuschauen, wie sich ein Gerät nach dem anderen wieder verabschiedet“, berichtet Schulleiter Homann.
Landrat hatte eingeladen
Auch Uwe Herrmann, Leiter der Sekundarschule „Völkerfreundschaft“ Köthen, und seine Stellvertreterin Cornelia Stork waren bei der Beratung mit dem Landrat anwesend. „Wir konnten unseren ganzen Ärger abladen. Das habe ich auch getan, nachdem er mich zuletzt im Kreistag als Lügner bloßgestellt hat und mich selbst meine Schüler darauf angesprochen haben. Und ich habe die Gelegenheit genutzt, ihn erneut einzuladen, um sich von den wahren Gegebenheiten zu überzeugen. Auf eine erste Einladung kam keine Reaktion. Nun bin ich mal gespannt“, sagt Herrmann.
„Wir haben zwei Stunden gesessen. Es sind sehr viele Probleme angesprochen worden. Ich glaube, es war kein Schulleiter dabei, der nichts gesagt hat. Aber ich bin jedenfalls unzufrieden nach Hause gefahren“ erklärt Cornelia Stork.
Schnelle Hilfen wird niemand erwartet haben, Antworten auf die Fragen schon. Jene nach dem Verbleib des Geldes ist wahrscheinlich nicht zum letzten Mal gestellt worden.