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Feuerwehr-Nachwuchs im Landkreis Wittenberg Kinder- und Jugendwehren haben immer mehr Mitglieder, aber nur wenige werden Feuerwehrmann

Den Feuerwehren strömt Nachwuchs zu, sagen die Zahlen im Land. Aber es würden nur wenige Jugendliche in die aktiven Wehren wechseln. Wie sich die Situation im Kreis Wittenberg darstellt.

Von Klaus Adam, Corinna Nitz und Julius Jasper Topp 27.07.2024, 06:00
Im  Zeltlager der Jugendwehren zeigte sich, wie zahlreich der Feuerwehrnachwuchs ist. Aber wie viele wechseln in den aktiven Dienst?
Im Zeltlager der Jugendwehren zeigte sich, wie zahlreich der Feuerwehrnachwuchs ist. Aber wie viele wechseln in den aktiven Dienst? (Foto: Klitzsch)

Oranienbaum-Wörlitz/MZ. - Die Jugendfeuerwehren im Land Sachsen-Anhalt erlebten im Jahr 2023 einen Mitgliederzuwachs von fast fünf Prozent. Das berichtete unlängst die Mitteldeutsche Zeitung unter Berufung auf den Landesjugendwart Thomas Voß. Gleichzeitig würden wenige Mitglieder der Jugendabteilungen in die aktiven Wehren wechseln, wobei es große regionale Unterschiede gibt. Die MZ hat sich nach der Situation im Landkreis Wittenberg erkundigt.

Boom bei Kinderwehren

„Die Entwicklung im Kreis ist sowohl bei den Kindern als auch den Jugendfeuerwehren positiv“, schätzt Kreisjugendwartin Sarah Hoffmann aus Elster ein. Ende letzten Jahres hatten die Jugendwehren im Kreis 635 Mitglieder. „Das waren zwei weniger als 2022“, so die Elsteranerin. Weil eine Jugendwehr im vergangenen Jahr geschlossen wurde. „In den Vorjahren lagen wir bei um die 580 Mitglieder. Also die Zahlen steigen“, sagt sie, „das kommt auch daher, weil wir einen Boom an Kinderfeuerwehren hatten.“

Im Jahr 2023 existierten im Kreis 59 Jugendwehren und 38 Kinderfeuerwehren. Aktuell seien zwei weitere gegründet worden. Die Mitgliederzahl bei den Kinderfeuerwehren liegt bei 459. „Im Jahr 2019 waren es noch 381 Mitglieder.“ Andere Kreise im Land hätten nach ihren Informationen während der Coronapandemie einen Mitgliederschwund verzeichnet. „Bei uns war das nicht so. Obwohl während dieser Zeit gar keine Dienste mit den Kindern möglich waren.“

Gut aufgestellt sind mit insgesamt 97 Mitgliedern im Alter zwischen sechs und 18 Jahren die Kinder- und Jugendfeuerwehren in Oranienbaum-Wörlitz. Das ist viel für die sechs Wehren in den Ortschaften Vockerode, Horstdorf, Oranienbaum, Gohrau-Rehsen-Riesigk und Wörlitz-Griesen. Wie Stadtwehrleiter Jan Wieczorek weiter mitteilt, sind von den 97 Mitgliedern 54 in der Jugendfeuerwehr und 42 in der Kinderfeuerwehr. Ab 18 sind sie einsatzfähig, wenn sie eine Grundausbildung abgeschlossen haben. In den letzten zehn Jahren konnten nach Auskunft von Wieczorek insgesamt 23 Jugendliche in die Einsatzabteilungen übernommen werden. 2023 waren es fünf, in diesem Jahr wird es nur einen Wechsel geben. Das Jahr mit den meisten Übernahmen war 2017, damals sind sechs junge Leute in die aktive Wehr gegangen und „die sind auch alle noch dabei“, sagt der Oranienbaum-Wörlitzer Stadtwehrleiter. Hinderungsgründe hingegen seien vielfältig, sie reichen von Ausbildung und Studium andernorts, Wegzug oder, sagen wir mal, persönlichen Prioritäten, wenn etwa eine Freundin oder ein Freund ins Spiel kommen.

Pendeln zum Ehrenamt

Andererseits gebe es aber auch solche Fälle: „Eine Kameradin studiert zwar in Magdeburg, ist aber weiter in ihrem Heimatort dabei und nimmt aktiv am Dienst teil“, sagt Wieczorek. Was macht das ehrenamtliche Engagement in einer Freiwilligen Feuerwehr eigentlich attraktiv? Wieczorek, der 49 Jahre alt ist, spricht von Kameradschaft und dem Willen zu helfen. Und mit den Kinder- und Jugendfeuerwehren versuche man, „die Helfer von morgen zu binden“. Geht es um die Gewährleistung des Grundschutzes „24/7“ sei die Nachwuchsgewinnung aber nur ein Weg.

Ein zweiter Weg sei beispielsweise das Einstellen von Beschäftigten etwa in Verwaltungen oder dem Bauhof, die Mitglieder in der Freiwilligen Feuerwehr sind. Auf Hauptamtliche Wachen angesprochen sagt Wieczorek, dass auch sie am Ende auf die Freiwilligen angewiesen sein werden. „Es bleibt spannend, wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt“, betont Jan Wieczorek, der selbst zuletzt wegen eines Verkehrsunfalls im Einsatz war. Insgesamt wurden die Freiwilligen Feuerwehren von Oranienbaum-Wörlitz, die 162 Mitglieder im Alter von 18 bis 67 Jahren haben, 2023 zu 121 Einsätzen im Stadtgebiet alarmiert. Darunter waren 21 Brände und 54 technische Hilfeleistungen beispielsweise bei Sturm- oder Wasserschäden, Türöffnungen und Tragehilfen.

Kinder- und Jugend-Feuerwehren der Stadt Gräfenhainichen üben gemeinsam.
Kinder- und Jugend-Feuerwehren der Stadt Gräfenhainichen üben gemeinsam.
(Foto: Klitzsch)

Gut, wenngleich nicht perfekt ist nach Aussage der Gräfenhainichener Jugendwartin Julia Matzke die Situation bei den Kinder- und Jugendfeuerwehrleuten in der Heidestadt. Etwa 80 sind dort in der Nachwuchsabteilung, 47 davon in der Jugendwehr, der Rest in der Kinderabteilung. „Nachwuchs kann man nie genug haben“, sagt Matzke. Jeder neue Interessent sei willkommen. Auch, weil die Zahl derer, die sich am Ende auch für den aktiven Dienst entscheiden, eher gering ist. Auch hier muss sich das Ehrenamt im Wettbewerb mit Partnerin oder Partner, Ausbildung, Studium oder dem Fußballverein behaupten. „Wir rechnen damit, dass einer von zehn Jugendlichen hinterher am aktiven Dienst teilnimmt“, sagt sie. Bislang seien es meist zwei pro Jahr aus jedem Ortsteil. „Das ist ok, auch wenn mehr schön wären“, so Matzke. Apropos Ortsteile: In Gräfenhainichen habe jeder seine eigene Kinder- und Jugendwehr, einzig Schköna und Tornau hätten eine gemeinsame, in der aber Nachwuchsfeuerwehrleute aus beiden Ortsteilen vertreten seien.

Teils sind die Wehren voll

Kreisjugendwartin Sarah Hoffmann sagt, dass in einzelnen Wehren sogar keine Kinder mehr aufgenommen werden können. Das ist zum Beispiel bei ihrer eigenen Feuerwehr in Elster so, aber wohl auch in Mühlanger.

Eine Nachwuchsfeuerwehr zu gründen, ist das Eine. „Wir brauchen auch die entsprechenden Betreuer. Und die sind für die Jugend leichter zu finden als für die Kinder. Weil die Spanne von sechs bis zehn in dieser Altersgruppe eben besonders groß ist und damit einige Besonderheiten mit sich bringt und von den Betreuern ein besonders Händchen dafür verlangt.“

Den Eindruck des Landesjugendwartes, dass wenige Jugendliche in die aktive Wehr wechseln, kann Hoffmann für den Kreis nicht bestätigen. Die Zahlen sind zuletzt gestiegen. „Aus den Jugendwehren sind 2023 immerhin 48 junge Leute zu den Erwachsenen gewechselt. Im Jahr 2022 waren es 31 und 2021 waren es 33, in Jahren davor auch schon mal um die 40.“ Allerdings prognostiziert sie für die Zukunft weniger Zulauf aus den Jugendwehren in die aktiven Löscheinheiten. „Weil die Altersstruktur nach unten gegangen ist“, sprich, es müssen wieder mehr Jugendliche in das Alter hineinwachsen, um in die aktive Wehr wechseln zu können.