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Lauf Lauf: Rätselraten um Nummer 23

Von SYLKE HERMANN 01.01.2010, 17:19

TRINUM/MZ. - Die Zeitmesser rat- und machtlos. Der Mann trägt die Startnummer 23. Mehr weiß zu diesem Zeitpunkt keiner.

32 Laufbegeisterte stehen am Morgen des 31. Dezember auf dem Sportplatz in Trinum bereit, um den letzten Tag des Jahres aktiv zu beginnen. "Gestern um die Zeit hätten wir abgesagt", erklärt Jürgen Herkner, der sich mit seiner Familie seit Jahren um die Organisation dieses kleinen Laufsportereignisses kümmert, kurz vor dem Start. Die Strecke sei glatt gewesen, nicht zu laufen eben.

Am Silvestermorgen, ein ganz anderes Bild. Ein Traum in weiß. "Der Schnee hat's gerettet", freut Herkner sich. Dass die Bedingungen schwierig sind, die Strecke, je länger die Läufer unterwegs sind, fester wird und damit rutschig, schickt er der Vollständigkeit halber voraus. "Also, Vorsicht bitte!"

Dann gehen sie auf die schneebedeckte Strecke - im großen Bogen rings um den Trinumer Sportplatz. Wo genau es eigentlich lang geht, erkundigt sich ein Teilnehmer Sekunden vor dem Start - vermutlich kein Antwort erwartend. Da ertönt auch schon der Startschuss. Auf geht's.

Zwei spannen sich vom ersten Meter an vor das Feld und verschaffen sich bald einen sichtbaren Vorsprung. Zwei junge Männer. Heiko Naumann mit der 9, René Hädicke mit der 11. Im ersten Moment kann sie keiner so recht zuordnen. In den Starterlisten stehen nur Name und Startnummer. Später dann die Anzahl der gelaufenen Runden und die Zeit. Nicht, woher sie kommen. Claudia Herkner weiß etwas mehr: Heiko Naumann sei mit dem Fahrrad gekommen, Mitglied im Skiverein Köthen und wohl nicht zum ersten Mal beim Trinumer Silvesterlauf dabei.

Und der andere junge Mann? Der spätere Sieger übrigens: René Hädicke kommt ursprünglich aus Köthen. Vor acht Jahren hat es ihn schließlich nach Österreich verschlagen, hier lebt er seither und ist traditionell über den Jahreswechsel in der alten Heimat zu Besuch. Da käme ihm der Trinumer Lauf sehr gelegen, "eine gute Trainingseinheit". Zumal er sich ohnehin gerade im Grundlagentraining befinde, wie er sagt. Im September will er die halbe Iron-Man-Distanz in Angriff nehmen, 2012 dann über die volle Länge gehen. Die Veranstaltung in Trinum, wo er Silvester 2008 zum ersten Mal an den Start gegangen ist, gefällt ihm: "Ein schöner Lauf, sehr familiär, macht richtig Spaß."

35 Minuten und 15 Sekunden braucht René Hädicke für die sechs Runden. Sein Widersacher, der Mann vom Skiverein, erreicht nur eine Sekunde später das Ziel. Auch wenn Zeiten bei dieser Veranstaltung eine untergeordnete Rolle spielen, merkt Claudia Herkner jedes Mal, dass sie ihre Hausstrecke zügiger bewältigt, wenn sie in der Gruppe läuft. "Wahrscheinlich ist man da motivierter und geht eher an die Belastungsgrenze", vermutet sie und freut sich, dass der Lauf trotz der nicht ganz einfachen Bedingungen stattfinden kann. Zum wievielten Mal eigentlich? "Silvester 1999 haben wir angefangen", glaubt sie, sich zu erinnern. Damit wäre es in diesem Jahr der elfte Lauf. Sicher ist sie nicht. "Jedes Jahr überlegen wir", gibt ihr Mann Jürgen zu und lacht: "Sagen wir einfach, es ist mindestens der zehnte."

Ungeachtet dessen eine lieb gewonnene Tradition. Der etwas andere Jahresausklang, wie die Organisatoren gern sagen. Schon die Jüngsten sind hier am Start - und mit Spaß bei der Sache. Wilma Zerrenner zum Beispiel. Das Mädchen läuft schon zum vierten Mal den Trinumer Silvesterlauf, obwohl sie ja eigentlich Karate macht, wie sie erzählt. Dieses Mal erging es ihr auf der Strecke allerdings nicht so gut, "ich musste ein paar Mal anhalten, weil ich keine Luft mehr bekommen habe".

Der achtjährige Lucas Kunze und sein ein Jahr älterer Freund Niklas Keller spielen von Hause aus Handball. "Da laufen wir auch viel", betont Lucas, der sich nach dem Zieleinlauf mit einem Becher Tee aufwärmt. Ausgerutscht, berichten die Jungs, seien sie hier und da, gestürzt aber nicht. Es sei "ganz okay" gewesen.

Stürze sind beim Silvesterlauf in Trinum 2009 keine zu beklagen, die Teilnehmer passen sich dem Untergrund an, der seine Tücken haben mag. "Man darf nicht vergessen: Das ist ein Crosslauf. Unebener Boden gehört dazu. Hier geht es nicht um Höchstleistungen, sondern um Spaß, um Geselligkeit", sagt Claudia Herkner, deren 19-jährige Tochter die "Männer-Distanz" bewältigt und nach sechs Runden über je 1 453 Meter zufrieden das Ziel erreicht.

Nummer 23, der eine Runde später eingestiegene Läufer, hat zu diesem Zeitpunkt noch ein ganzes Ende vor sich. "Wer später kommt, muss länger laufen", scherzt er mit den Damen an der Zeitmessung, die Nummer 23 einfach ziehen lassen. Nach 49 Minuten und vier Sekunden - sagt seine Uhr - ist auch für den ominösen Unbekannten Schluss, der gar kein Unbekannter ist. "Ich hab dich gar nicht am Start gesehen", scherzt Georg Grohmann vom FSV Köthen, dem Heimatverein des Thomas Schröter.

Nummer 23 kommt aus Aken und muss am Silvestermorgen schlicht und ergreifend den Straßenverhältnissen Tribut zollen - und übervorsichtigen Verkehrsteilnehmern, die seinen pünktlichen Start beim zehnten oder auch elften Trinumer Silvesterlauf verhindern wollen. "Die Teilnahme", findet der FSV-Läufer augenzwinkernd, "ist doch der Hauptgewinn." Silvester wie auch Neujahr, wenn sein Verein traditionell die Laufbegeisterten der Umgebung einlädt (die MZ berichtet noch).