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Köthener Bachchor Köthener Bachchor: Weihnachtsoratorium in der Jakobskirche

Von AnnettE Helmecke 10.12.2013, 21:39

Köthen/MZ - Der erste Schnee auf den Straßen und Dächern der adventlich illuminierten Stadt trug am Samstagabend zur vorweihnachtlichen Stimmung bei und gab einen passenden Rahmen für das diesjährige Weihnachtsoratorium des Bachchores Köthen. Dieser hatte sich in Zusammenarbeit mit der Kantorei Belzig für dieses Jahr das Oratorium „Die Geburt Christi“ des österreichischen Komponisten Heinrich von Herzogenberg (1843-1900) aus der Epoche der Romantik ausgesucht und führte es am Vorabend des 2. Advents in Köthen unter Leitung der Kantoren Martina Apitz und Winfried Kuntz (Belzig) auf.

Dieses Weihnachtsoratorium, das der Komponist in Anlehnung an Bach verstanden wissen will, stammt ebenfalls aus einer Kooperation. Der evangelische Theologe Friedrich Spitta (1852-1924) lieferte die Textvorlage, die aus Bibeltexten und geistlichen Liedern zusammengestellt wurde, und trat 1894 mit der Bitte an Herzogenberg heran, eine leicht ausführbare und einfach besetzte Komposition zu verfassen.

Punktgenaue Präsens

Aus dieser Intention heraus erschließt sich der schlichte, durch Bearbeitungen bekannter Weihnachtslieder geprägte, volkstümliche und anrührende Charakter dieses Werkes. Der gemeinschaftliche Andachtscharakter des Oratoriums wird im Wesentlichen durch die Einbeziehung der Zuhörer bei den gemeinsam gesungenen Chorälen erreicht und soll aus dem Konzert einen Gottesdienst machen.

Mit einem majestätisch-würdevollen fugenartigen Vorspiel der großen Ladegastorgel wurde das Werk eröffnet, bevor die Zuhörer in die Melodie des Chorals „Vom Himmel hoch da kom’ ich her“ einstimmten. Der erste Teil „Die Verheißung“ - der textlich auf Psalm- und Prophetenworte des Alten Testaments der Bibel eingeht, die die Ankündigung der Geburt des Heilands thematisieren – begann der Chor in klarem und innigen pianissimo zu singen. „Ich harre des Herrn, meine Seele wartet auf den Herrn“. Die etwa 100 Sänger starke Chorgemeinschaft konnte durch einen homogenen ausgewogenen Klang, konzentrierte und punktgenaue Präsenz überzeugen und schöpfte ihr dynamisches Potential und die Akustik der voll besetzten gotischen Kirche aus.

Im zweiten Teil, in dem die Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas bis zur Geburt Jesu und der Verkündigung bei den Hirten in erzählend-dramatischer Form vertont wurde, kam das Solistenensemble durch ihre Rollen in der dramaturgisch und plastisch komponierten Handlung zur Geltung. Den Evangelistenpart übernahm dabei der Tenor Thomas Kalka, Magdalene Huschka (Sopran) sang Maria, die Altistin Stefanie Weiner die Rolle des Engels, Joseph wurde von Henrik Marthold übernommen, und komplimentiert wurde das Ensemble von Karl Hänsel (Tenor).

Kunstvolle Modulationen

Ihr Ensembleklang zeichnete sich durch einen klaren, weichen und stimmigen Gesang aus, der sich in Stilistik und Dynamik am Text und der Handlung orientierte. Auf die Geburt des Heilands folgte einer der schönsten und innig komponierten Fassungen des Chorals „Es ist ein Ros’ entsprungen“, bei dem das Köthener Schlossconsortium - das Chor und Solisten das ganze Werk hindurch in dezenter und angemessener Weise unterstützte und begleitete - die Innigkeit des Choralsatzes in kunstvollen Modulationen aufnahm.

Abschließend nahm der dritte Teil des Weihnachtsoratoriums von Herzogenberg thematisch die „Anbetung“ des Jesuskindes auf, und das Chorensemble wurde um die Kinder des evangelischen Kinderchores Köthen erweitert. Sie sangen intonations- und textsicher den cantus firmus der Choräle und stimmten auch beim musikalischen Höhepunkt des Oratoriums, dem großen und komplexen Doppelchorsatz „Also hat Gott die Welt geliebt“ in Fis-Dur, mit ein. Er nimmt die Worte des Evangelisten Johannes auf, der ein Fazit der mit Weihnachten verbundenen Heilsgeschichte gibt.

Bei aller Vielfalt der eingesetzten kompositorischen Elemente, ist das Werk formal geschlossen und lässt sich in der stilistischen Wahl des Klanges vom zu vertonenden Text leiten.

Der Komponist hätte nach dieser gelungenen Aufführung seine Meinung der Uraufführung sicher wiederholt: „... und wenn ich des Augenblicks gedenke, als meine Musik durch die ganze Thomaskirche flutete, (...) dann erlebte ich eine Stunde, derer sich kein noch so beliebter Konzertkomponist unserer Tage zu rühmen hätte.“