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Köthen Köthen: Eine Frage des Prinzips

Von sylke hermann 11.05.2012, 16:09

köthen/MZ. - Anja Authenrieth und Christine Raub sind heute hier und morgen da. Der Kofferraum ihres Autos, ein Mietwagen, der am Donnerstag am Holzmarkt in Köthen abgestellt ist, dient als mobiles Fragebogen-Lager.

Die beiden sind im Auftrag der Wissenschaft unterwegs. Sie interviewen Passanten und aus dem, was dort gesagt wird, resultiert spätestens zu Pfingsten ein mehr oder weniger eindeutiges Ergebnis. Ohne dem vorgreifen zu wollen, prophezeien die Studentinnen der Hochschule Heilbronn: Die meisten Menschen in der Bachstadt Köthen hätten gern ihr altes Autokennzeichen zurück.

KÖT oder ABI? Das ist an diesem Vormittag in der Schalaunischen Straße bei herrlichem Sonnenschein die Frage. "Im Prinzip", sagt Peter Hauschild, "ist mir das Wurst. Ich sitze ja im Auto und sehe es nicht", grinst er. Trotzdem: Ein "klein bisschen Verbundenheit" müsse sein. Also plädiert der Köthener dafür, dass die Fahrzeuge seiner Stadt wieder mit den gewohnten KÖT-Kennzeichen durch die Lande rollen.

Hauschild, der längst Rentner ist, fährt noch einen Pkw mit dem alten Nummernschild. 14 Jahre ist er alt, aber topfit, wie sein Besitzer versichert. Das zweite Auto der Familie, was seine Frau lenkt, ist gerade drei Jahre alt und folglich unter Anhalt-Bitterfeld-Flagge unterwegs. "Wir hatten doch keine Wahl. Das wurde eingeführt und wir mussten es hinnehmen." Da kommt dem rüstigen Rentner die Fragerunde der sympathischen jungen Damen gerade recht, um deutlich zu machen: "Aber selbstverständlich wollen wir unsere Köthener Kennzeichen zurück."

Mit dieser Meinung ist er freilich nicht allein. Karin Rosengard geht sogar gezielt auf die 22-jährige Anja Authenrieth zu, langt ihre Lesebrille aus der Tasche und will wissen, wo sie ihr Kreuzchen machen soll. Sie habe aus der Zeitung erfahren, dass man heute hier abstimmen könne. Die Köthenerin macht ihrem Ärger Luft. "Also ich finde ABI einfach furchtbar." Die 70-Jährige sagt sogar, es sei für sie "eine Schande". Immerhin sei Köthen die Kreisstadt, aber im Nummernschild des Kreises sei man offenbar vergessen worden. Das ver-steht sie nicht. Hoffnung, dass sich durch die Befragung etwas ändert, hat sie weniger; aber beteiligen wollte sie sich trotzdem. So wie sie sich zum Beispiel auch gegen die Baumfällungen in der Fasanerie öffentlich ausgesprochen hat.

Die Heilbronner Studentin Christine Raub, ein Jahr älter als ihre Kommilitonin, findet es bemerkenswert, wie sehr dieses Thema polarisiert. Unabhängig davon macht es ihr Freude, auf die Menschen zuzugehen, deren Meinung abzuholen; "jede Stadt", weiß sie mittlerweile, "ist anders. Man merkt aber schnell, wer hat's eilig und wer wartet vielleicht darauf, dass wir ihn ansprechen". "Menschenscheu", ergänzt Anja Authenrieth augenzwinkernd, "darf man natürlich nicht sein."

Und schon schnappen sie sich den nächsten Schwung Papier und fragen weiter. "Ich habe mich wahnsinnig aufgerecht, dass ich ABI nehmen musste", äußert eine Passantin. Die nächste: "Zum Glück hab ich mein KÖT noch." Dann gibt es aber auch Stimmen wie diese: "Es ist mir eigentlich egal, ob ich das oder das Kennzeichenh habe." Aber selten müssen die Studentinnen an ihrem Köthen- Tag diese Antwort berücksichtigen.

Entschieden häufiger argumentieren die Passanten mit dem Geldbeutel. "Erst mussten wir ABI nehmen, jetzt sollen wir vielleicht wechseln - und das kostet wieder. Nein, das wollen wir nicht", spricht sich ein Paar klar gegen eine Veränderung aus.

Für Christine Raub und Anja Authenrieth, die am Freitag in Klötze waren und am Samstag in Brandenburg sind, zeigt sich auch in Köthen: Den meisten Leuten ist es wichtig zu zeigen aus welcher Stadt sie kommen.