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Auswirkungen des Bahnstreiks in Köthen Auswirkungen des Bahnstreiks in Köthen: Keine Alternativen zum Zugverkehr

Von Stefanie Greiner 05.11.2014, 20:59
Die Klasse 5b der Völkerfreundschaft Köthen fährt leicht verspätet zu ihrem Projekttag zur Ökodomäne nach Bobbe. Der Frühzug Richtung Wolfen war ausgefallen; Lehrer Michael Bönke und einige Eltern schafften es aber am Mittwochabend noch alle Schüler und Eltern darüber zu informieren, dass etwas später doch ein Zug fahren würde. So musste der Wandertag nicht ins Wasser fallen.
Die Klasse 5b der Völkerfreundschaft Köthen fährt leicht verspätet zu ihrem Projekttag zur Ökodomäne nach Bobbe. Der Frühzug Richtung Wolfen war ausgefallen; Lehrer Michael Bönke und einige Eltern schafften es aber am Mittwochabend noch alle Schüler und Eltern darüber zu informieren, dass etwas später doch ein Zug fahren würde. So musste der Wandertag nicht ins Wasser fallen. Bartl Lizenz

Köthen - „Zum Kotzen“, ruft eine Frau der MZ hinterher. „Mein Zug fährt morgen nicht.“ Da sei sie einmal in ihrem Leben auf die Deutsche Bahn angewiesen. Und dann das.

Wie ihr wird es in den kommenden Tagen noch sehr viel mehr Leuten gehen, die mit dem Zug fahren wollen. Denn die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat einen mehr als viertägigen Streik angekündigt.

Vom Rekord-Ausstand besonders hart getroffen werden die Pendler. Wie ist die Stimmung bei ihnen? Und vor allem: Wie kommen sie nun zur Berufsschule, zum Studium, zur Arbeit? Die MZ hat sich am Mittwoch auf dem Bahnhof umgehört.

Kurz vor zwei. Eigentlich wäre ihr Zug schon vor zehn Minuten gekommen. Die Regionalbahn nach Halle aber hat eine viertel Stunde Verspätung. Annalena Balaszek und Katja Bunge nehmen es gelassen. Die jungen Frauen pendeln seit September nach Köthen. Verspätungen sind für sie nichts Neues. Und ein Streik auch nicht.

Schreiben der Bahn

Die 17-jährige Annalena Balaszek wohnt in Halle, die 15-jährige Katja Bunge in Zörbig. Sie besuchen die Berufsbildende Schule in Köthen, gehen in eine Sozialpflege-Klasse. Auf den Zug sind die jungen Frauen in der Woche täglich angewiesen. Und was nun?

„Ich gehe zum Bahnhof, lasse mir eine Bescheinigung geben und gehe wieder nach Hause“, sagt Annalena Balaszek. Ein Schreiben der Deutschen Bahn, auf dem auf Zugausfälle aufgrund des Streiks hingewiesen wird, werde in der Schule akzeptiert. Faulenzen wird die 17-Jährigen zu Hause aber nicht. Sie will sich die Mitschriften ihrer Mitschüler geben lassen und den Unterrichtsstoff zu Hause nacharbeiten.

Katja Bunge aus Zörbig hat eine Möglichkeit, auch trotz des Streiks nach Köthen zu kommen: Sie lässt sich von ihren Eltern bringen, die den Weg in die Bachstadt gleich mit einem Einkaufsbummel verbinden. Diese Möglichkeit hat ihre Klassenkameradin nicht.

Ein Streik? Schon wieder. Sonderlich begeistert sind Pauline Perske und Maximilian Rolle vom erneuten Ausstand der Lokführer nicht. „Wir sind auf die Bahn angewiesen“, sagt der 21-Jährige. Die beiden Erstsemester machen sich jeden Tag mit dem Zug von Magdeburg auf den Weg nach Köthen, wo sie Angewandte Informatik an der Hochschule Anhalt studieren.

Studenten "ohne Alternative"

Beim letzten Streik sind die Studenten noch relativ glimpflich davongekommen. Sie nahmen die Regionalbahn. Die ist schließlich zum Teil noch gefahren. Normalerweise setzen die Magdeburger auf die schnelle Variante, den Intercity. Der aber fuhr nicht. Dass sie mit der Regionalbahn langsamer unterwegs waren, störte die Studenten in dem Moment nicht. Sie waren froh, dass überhaupt was auf der Schiene fuhr.

„Wir haben keine Alternative“, sagt Maximilian Rolle. Auch mit einer Mitfahrgelegenheit sehe es schlecht aus. Schließlich würden nicht alle Studenten zur gleichen Zeit anfangen und hätten zur gleichen Zeit Schluss. Sie sind also auf die Bahn angewiesen. „Wir hoffen, dass die Regionalbahnen fahren“, sagt Pauline Perske. Zumindest einige von ihnen.

Angesichts des erneuten Streiks und auch angesichts des bevorstehenden Winters hat sich das Paar mittlerweile überlegt, von Magdeburg nach Köthen zu ziehen. Denn im Winter - dafür ist die Bahn bekannt - fahren die Züge nicht selten mit erheblichen Verspätungen. Frierend auf dem Bahnhof zu stehen und auf den Zug zu warten, darauf hat Pauline Perske keine Lust. Eine Wohnung in Köthen zu finden, erzählen die Magdeburger, sei gar nicht so einfach. Schon gar nicht für Studenten. Sie suchen aber weiter.

Die Dozenten der Hochschule Anhalt, bekunden die beiden auf Nachfrage der MZ, hätten Verständnis für ihre Studenten, die mit dem Zug nach Köthen kommen. Oder eben auch nicht. Ärger gibt es für die, die zu spät oder auch gar nicht kommen, nicht. Ein Professor, sagt Maximilian Rolle, fahre selbst mit der Bahn.

„Scheiße“, findet auch eine Frau aus Aschersleben den erneuten Streik. Sie arbeitet in Köthen und fährt jeden Tag mit dem Zug. Eine andere Möglichkeit hat sie nicht. (mz)

Diese Regionalbahn fuhr nach Plan von Halle nach Uelzen.
Diese Regionalbahn fuhr nach Plan von Halle nach Uelzen.
heiko rebsch Lizenz