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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Umweg zur Bratwurst

Von Ute Hartling-Lieblang 13.06.2012, 18:17

köthen/MZ. - Einen unfreiwilligen Besuch in Köthen, am Bratwurststand von Ramona Leinung in der Nähe der Hohlen Tore, hat am Mittwoch Detlef Schiel aus Augsburg gemacht. Der Geschäftsreisende war immer der Umleitungsstrecke U100 gefolgt. "Auf diese Weise habe ich mal eine Thüringer Wurst gekostet", ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen.

Anders erging es zahlreichen Berufspendlern, die von Halle nach Köthen unterwegs waren und glaubten, das Schlimmste überstanden zu haben. Doch dann standen sie auf der B 183 in Richtung Köthen schon im nächsten Stau. Stoßstange an Stoßstange mit unzähligen Lkw, deren Kennzeichen man in der Bachstadt sonst eher nicht zu Gesicht bekommt - wie EWI, HM oder GÖ. Der Grund: Die schweren Laster benutzen normalerweise die A 14, um ihre Fracht zu transportieren. Doch die Autobahn ist schon den zweiten Tag zwischen Halle-Tornau und Halle-Trotha voll gesperrt, weil dort eine Brücke einsturzgefährdet ist. Das führte in der Saale-Stadt zum Verkehrschaos.

"Wir haben zunächst die vorhandenen Bedarfsumleitungen durch Halle genutzt. Doch um die Stadt zu entlasten, haben meine Kollegen dann auch nach Alternativrouten gesucht", erklärt Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde. Nun wälzt sich also die Blechlawine von Trotha über Zörbig, die B 183 nach Köthen zur A14-Anschlussstelle bei Bernburg in Richtung Magdeburg. Noch in der Nacht wurden die blauen Umleitungsschilder "U 100" angefertigt und aufgestellt. Morgens um acht Uhr sei die Strecke fertig ausgeschildert gewesen, sagt Langkammer.

Mitten drin im Verkehrschaos steckte am Nachmittag auch Andrea Blatz, die mit zwei Pkw-Insassen und zwei Pferden im Anhänger von Heilbronn nach Stendal unterwegs war und in Köthen schon mehr als sieben Stunden Fahrt hinter sich hatte. "Ich finde das einfach zum Kotzen", so die junge Frau. "Die Umleitung ist viel zu spät ausgeschildert." Locker nahm die Sache hingegen Lkw-Fahrer Uwe Hahn, der Baustoffe von Leipzig nach Bremen transportierte. "Zwei Stunden hat mich die Umleitung bisher gekostet. Aber wer öfter auf der Autobahn unterwegs ist, hat sich dran gewöhnt", meint er. 40 000 Fahrzeuge in 24 Stunden in beide Richtungen umzulenken, sei kein Pappenstiel, macht Langkammer deutlich. Er weiß auch, dass sich nicht alle Kraftfahrer so diszipliniert wie der Augsburger daran halten. Obwohl seine Behörde die Umleitung über Köthen nur in Richtung Magdeburg vorgesehen habe, kamen die Fahrzeuge auch aus der Gegenrichtung. Mindestens bis zum Wochenende müssen die Orte an der Bundesstraße 183 und 185 mit der etwa dreifach höheren Verkehrsbelastung leben.

In Köthen und Umgebung hat sich am Mittwoch auch der Leiter Verkehrsdienst beim Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld, Uwe Platz, ein Bild von der Situation gemacht. "Besonders vor den zahlreichen Ampeln an der Strecke staut sich der Verkehr", berichtet er, "so auch immer wieder an der Hohen Brücke in Köthen." Meist ging es hier nur stop and go voran. Als neuralgischer Punkt erwiesen sich auch die Hohlen Tore, wo die Fahrzeuge von der B 183 als Linksabbieger denen auf der B 185 (aus Dessau) die Vorfahrt gewähren müssen.

Ein Teil des Verkehrs rollte - abseits der Umleitungsstrecke - über die Lohmannstraße. Offenbar, um über Könnern wieder auf die A14 zu gelangen, was den innerstädtischen Verkehr beeinträchtigte. Wer nicht aufpasste, landete in der Baustelle August-Bebel-Straße. Auch über Wülknitz rollte die Blechlawine Richtung Köthener Innenstadt.

Wie in Halle Ampeln auszuschalten, um den Verkehr per Hand zu regeln, hält Platz nicht für sinnvoll. "Das würde den Verkehrsfluss an manchen Stellen beeinträchtigen. Fußgänger und Radfahrer hätten keine faire Chance." Ganz abgesehen vom Personal, das dafür erforderlich wäre, so der Polizist. Die Erfahrung zeige, dass viele Verkehrsteilnehmer die Dreiseitenregelung schon gar nicht mehr beherrschen.