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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein Unterstand für Spritzen, Pumpen und Autos

Von MATTHIAS BARTL 21.08.2011, 17:17

RIESDORF/MZ. - Fabian ist Karin Herrmann hinterher geflitzt. Die Handsirene hat es dem Knirps angetan. Mit ein paar Drehungen kann man herrlich heulende Geräusche hervorrufen - das will Fabian, beaufsichtigt vom Großvater, natürlich auch mal selbst ausprobieren. Es geht freilich etwas schwer, denn ganz ohne Kraftaufwand kann man auch einen kleinen Ort wie Riesdorf nicht aufschrecken, um die Bewohner zur Bekämpfung eines Feuers zusammenzutrommeln. Oder vielmehr: zusammenzuheulen.

"Die Sirene war früher tatsächlich im Einsatz", sagt Karin Herrmann. Wenn ein Feuer bemerkt wurde, trug man sie durchs Dorf und ließ ihren Ruf an verschiedenen Stellen erschallen, um möglichst viele einsatzfähige Einwohner zum Löschen heranzurufen.

Die Sirene ist nur eines von zahlreichen Exponaten, die dem Feuerwehrmuseum Riesdorf sein besonderes Gepräge geben. Und die zum Museumsfest, das in der kleinen Ortschaft alljährlich gefeiert wird, sich besonderer Beliebtheit bei der jüngeren Festbesuchermannschaft erfreuen. Da ist die Sirene aber nur eines von vielen Ausstellungsstücken: die Knirpse und Knirpselinen sitzen genau so gern im Fahrerhaus eines alten Löschfahrzeugs oder sehen zu, wenn mit einer Spritze von anno 1811 kleine Plastikbälle von Leitkegeln geschossen werden. Spaß und Unterhaltung werden groß geschrieben zum Museumsfest.

Und an diesem Sonnabend aus besonders gutem Grund. Denn der Verein, mit seinen zwölf Mitgliedern ein eher kleines Gremium, konnte den neuen Fahrzeugunterstand einweihen, der künftig einem Teil der im Freien stehenden Alt-Feuerwehrautos Platz bieten soll. "Für den Unterstand haben wir zehn Jahre lang gespart", sagt Karin Herrmann. "Jeder Euro, den wir erübrigen konnten, den wir bei unseren Festen und anderem erwirtschaften konnten, ist in die Rücklage geflossen. Außerdem haben wir Unterstützung und Hilfe von Sponsoren und der Gemeinde bekommen." Abgesehen davon, ist auch noch einiges an körperlicher Arbeit in den Bau eingeflossen.

"Wir haben die Fundamente selbst mit der Hand geschachtet", sagt die Vereinsvorsitzende, "und den Schotter mit der Schaufel breitgemacht. Zu Hause holt man sich für so was die entsprechende Technik, aber das war für uns nun mal nicht drin."

Gegründet wurde das Museum vor elf Jahren und fast genauso lange ist Karin Herrmann schon Vereinsvorsitzende. "Das hat mir der damalige Verwaltungschef Stefan Bratek eingebrockt", sagt die Riesdorferin, die in der Verwaltung der Stadt Südliches Anhalt arbeitet mit Augenzwinkern. "Ich war ja mein Lebtag nicht in der Feuerwehr aktiv." Wo man aber offensichtlich auch nicht gewesen sein muss, wenn man sich die Pflege historischer Feuerwehrtechnik auf die Fahne geschrieben hat: Ein einziges Mitglied des Museumsvereins ist gleichzeitig Mitglied der Feuerwehr im Ort.

Für den Verein wichtig ist nicht der Status, sondern das Engagement seiner Mitglieder, macht Karin Herrmann deutlich. "Alles geht ehrenamtlich." Auch die Absicherung von Festen wie am Sonnabend, bei denen man aber auch viel Hilfe von Riesdorfer Einwohner bekommt, auf rein ehrenamtlicher Basis wird aber auch die Öffnung des Hauses gewährleistet. Ständig besetzt ist das Museum nicht, "aber es funktioniert gut, dass im Schaukasten drei Handy-Nummern zu finden sind, über die wir erreicht werden können." Wer sich spontan für einen Besuch entscheidet, müsse daher nicht allzu lange warten, ehe ihm das Tor aufgetan wird. In der Regel betrifft dies Radtouristen, die es in die Gegend verschlägt. Ansonsten kommen die meisten Gäste nach Anmeldung. "Wir haben so 50 bis 60 Gäste im Jahr, manchmal kommen auch Feuerwehren und machen hier eine Schulung - die sehen sich natürlich auch das Museum an."

Und zu sehen gibt es da einiges: Technik mit vier, aber auch weniger Rädern, eine Kollektion von Hydranten, Feuerlöscher. In den Räumen findet sich aber auch eine Dienstmützensammlung, die Gala-Uniform eines Feuerwehr-Leutnants der Berufsfeuerwehr des Chemiekombinats Bitterfeld, ein aus dem Jahr 1967 stammender Schlauchreiniger, gefertigt seinerzeit im erzgebirgischen Jöhstadt, wo schon seit 150 Jahren Feuerlöschtechnik hergestellt wird. Dazu kommen ganze Sammlungen von Feuerwehr-Literatur, von Dienstanweisungen bis zur Zeitschrift "Unser Brandschutz" aus den frühen 50-er Jahren.

Das neueste Exponat steht noch auf dem Hof: eine alte Feuerwehrleiter, die ein Mann aus Bobbau in seiner Scheune hatte. Er hatte von dem Feuerwehrmuseum gehört und fand, dass die Leiter dort gut aufgehoben ist. So oder ähnlich sei man bisher immer an Ausstellungsgegenstände gekommen, meint Karin Herrmann. Ob es sich nun um eine Spritze handelt, die die Gnetscher Feuerwehr zu ihrem Jubiläum aufgearbeitet hat, oder um eine aus Salzfurt-Kapelle, die die Kameraden nach Riesdorf brachten, nachdem sie sich das Feuerwehrmuseums angesehen hatten.

Langsam aber geht dem Museum der Platz aus für Novitäten. Es habe auch keiner ahnen können, wie sich das alles entwickeln würde, sagt Karin Herrmann: "Bei der Gründung im Jahr 2000 hatten wir hier drei, vier Geräte." Jetzt ist die Zahl ungleich höher. Da kommt der neue Unterstand gerade recht - schon damit Regen und Sonne die Autos nicht mehr in Mitleidenschaft ziehen können: Das Feuerwehrrot sieht an manchen Fahrzeugen schon sehr blass aus. Vielleicht bekommt das neue Gebäude noch eine Seitenverkleidung: "Nach dem Fest werden wir sehen, was in der Kasse ist und wie weit wir damit kommen."